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PopCo

PopCo

Titel: PopCo Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Scarlett Thomas
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im Rechenzentrum?», fragt Dan.
    «Ach, nur dummes Zeug», antwortet Esther. «Sagt mal, wie heißt dieses Spiel eigentlich? Weiß man das? Habe ich nur nicht zugehört,
     oder haben sie irgendwie vergessen, uns das zu sagen?»
    «Das wäre ja mal wieder typisch», sagt Dan. «Echt PopCo.»
    «Vielleicht hat es noch keinen Namen», werfe ich ein.
    «Es erinnert mich sehr an Lacrosse», sagt Esther.
    «Ja, das dachte ich auch», sage ich.
    «Spielst du Lacrosse?»
    «Nein, aber meine Großmutter, früher. Was ist mit dir?»
    «Ja, schon.» Esther kramt in ihrer Tasche und fördert zwei Haargummis zutage. Mit dem einen bindet sie sich die Hälfte ihrer
     Haare links am Hinterkopf zusammen. «Ob ihr’s glaubt oder nicht, in der Schule war ich sogar Kapitänin der Oberstufenmannschaft.»
    Dan runzelt die Stirn. «Heißt das, du kommst klar mit dieser komischen Fuchtelei?»
    «Nein.» Sie lacht. «Oder zumindest nur links.»
    «Ach», sagt Dan. «Ich bin auch Linkshänder.»
    «Ich würd’s am liebsten mit beiden Händen machen, wie beim Lacrosse.» Esther nimmt das zweite Haargummi zwischen die Lippen
     und demonstriert pantomimisch, wie man beim Lacrosse den Ball mit beiden Händen cradelt. Es sieht aus, als würde sie eine
     etwas glitschige Pfeffermühle betätigen. Dann nimmt sie ihre restlichen Haare zusammen und bindet das Haargummi darum. «So
     ein Scheiß. Ich breche bestimmt zusammen, wenn ich die ganze Zeit rumrennen muss.Ich hasse Sportarten, bei denen man nicht zwischendurch mal ruhig stehen bleiben darf. Beim Netball wäre ich mal fast abgekratzt.»
     Wir lachen. «Nein, im Ernst. Ich war sogar im Krankenhaus und alles. Aber irgendwie mag ich Krankenhäuser   … muss an der Atmosphäre liegen. Oh Mann, ich rede Blödsinn. Sorry.»
    «Wie kann man denn beim Netball fast abkratzen?», fragt Dan.
    «Gute Frage. Ich habe keine Ahnung. Ich war ziemlich stoned, vielleicht lag’s daran. Es war im letzten Schuljahr.» Das setzt
     sie hinzu, als würde es alles erklären. Dann sieht sie mich an. «Du warst beim Netball sicher Hauptangreiferin.»
    «Hm?», mache ich. «Wieso?»
    «Du wirkst schlau, aber ruhig. Irgendwie listig. Außerdem bist du groß. Und ich wette, du kannst auch gut zielen.»
    «Und ich wette, du warst Außenangreiferin», sage ich zu ihr.
    «Weil   …?»
    «Außenangreiferinnen müssen noch viel listiger sein, weil man angreifen muss, aber nicht werfen darf. Außerdem darf man nicht
     in den Halbkreis vordringen, das macht es noch interessanter   …»
    «Was soll denn das werden?», fragt Dan. «Das Tao des Netballspielens?»
    «Und, habe ich recht?», fragt mich Esther. «Warst du Hauptangreiferin?»
    «Ja, meistens. Und du?»
    «M-hm. Außen.»
    «Okay, jetzt kriege ich langsam Angst vor euch», sagt Dan.
    «Keine Sorge», erwidere ich. «Es gibt nur sieben Positionen beim Netball.»
    «Bitte, keine Wahrscheinlichkeitsrechnung», fleht er.
     
    Dabei hätte ich es ihm ganz leicht erklären können. Es gibt tatsächlich sieben Positionen beim Netball, und eine davon, Hauptangreiferin,
     konnte Esther ihrer eigenen Definition nach schon mal nicht gespielt haben. Damit blieben noch sechs Möglichkeiten. Torfrau
     konnte ich ausschließen, weil sie dafür nicht groß genug ist, und Center, weil sie einfach nicht wie eine Center-Spielerin
     wirkt. Also nur noch vier Möglichkeiten. Dass sie Sturm gespielt haben muss und nicht Verteidigung, konnte ich mir denken,
     und damit waren es dann nur noch zwei. Die Chance, richtig zu liegen, stand somit bei fünfzig zu fünfzig – genauso hoch übrigens
     wie die Chance, unter dreiundzwanzig Menschen im selben Raum zwei zu finden, die am gleichen Tag Geburtstag haben. Ob dieses
     Beispiel Dan die Wahrscheinlichkeitsrechnung verleidet hat? Genau weiß ich es nicht, aber solche Dinge reizen ihn eigentlich
     immer zum Widerspruch. Vielleicht hat er sich auch über das Monty-Hall-Dilemma geärgert. Das geht vielen so.
    Das Monty-Hall-Dilemma, das manchmal auch als «Ziegen-» oder «Drei-Türen-Problem» bezeichnet wird, wurde von der Kolumnistin
     Marilyn vos Savant bekannt gemacht und geht folgendermaßen: Ein Kandidat hat es in einer Spielshow in die letzte Runde geschafft
     und steht nun vor drei identischen Türen. Hinter einer Tür befindet sich ein Auto, hinter den anderen beiden jeweils eine
     Ziege. Der Showmaster fordert den Kandidaten auf, sich für eine Tür zu entscheiden. Wählt er die Tür mit dem Auto dahinter,
     hat er das Auto

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