PopCo
gewonnen. Wählt er eine Tür mit einer Ziege, geht er leer aus. Der Kandidat entscheidet sich völlig willkürlich
für eine Tür, und der Showmaster öffnet daraufhin ganz theatralisch eine der beiden Türen, die der Kandidat nicht gewählt
hat. Dahinter ist eine Ziege. Das Publikum johlt, und der Showmaster, der natürlich weiß, hinter welcher Tür sich das Auto
befindet, fragt den Kandidaten nun, ob er sich vielleicht noch einmal umentscheidenmöchte. Hinter einer Tür ist das Auto, hinter der anderen eine Ziege – so viel weiß der Kandidat. Er weiß aber nicht, ob er
sich für Auto oder Ziege entschieden hat. Die Frage ist, ob es jetzt zu seinem Vorteil wäre, sich noch einmal umzuentscheiden
und die andere Tür zu nehmen.
Die meisten Menschen bleiben in dieser Situation bei der Tür, die sie ursprünglich gewählt haben. Sie argumentieren, dass
die Chance, das Auto hinter dieser Tür zu finden, fünfzig zu fünfzig stehe und es folglich ganz egal sei, ob man noch einmal
wechsele oder bei der ursprünglichen Entscheidung bleibe. Das stimmt aber nicht. In Wahrheit erhöht man durch den Wechsel
die Chance, das Auto zu gewinnen. Die Rechnung dazu ist gar nicht weiter kompliziert. Bei der ersten Entscheidung stand die
Chance, richtig zu liegen, bei eins zu drei, die Chance, sich zu irren, bei zwei zu drei. Es war also wahrscheinlicher, die
falsche Tür zu wählen, als sich für die richtige zu entscheiden. Eine der Ziegen hat der Showmaster nun aber bereits ausgeschlossen.
Und vor dem Hintergrund, dass die Chance, eine Ziege gewählt zu haben, anfangs bei zwei zu drei lag, sollte man jetzt unbedingt
wechseln. Die Chance, das Auto zu gewinnen, verdoppelt sich dadurch nämlich von eins zu drei auf zwei zu drei. Wenn man wechselt,
gewinnt man das Auto nur unter der Voraussetzung nicht, dass man sich gleich beim ersten Mal für die richtige Tür entschieden
hat. Aber da die Chance darauf nur bei eins zu drei stand, ist ein Wechsel auf jeden Fall sinnvoll.
Das glauben einem allerdings die wenigsten.
KAPITEL SECHS
Wenn man so mit geschlossenen Augen im Gras liegt, könnte man meinen, man wäre bei einem sonntäglichen Cricket-Match. Leises,
zaghaftes Vogelgezwitscher ist zu hören, es riecht nach frischgemähtem Gras, und dazu trägt der Wind hin und wieder die gedämpften
Rufe der Spieler herüber: «Jetzt!», «Lauf!», «Nein!», «Zu mir!» Beim Cricket gibt es allerdings keine nervige Trillerpfeife.
Die ertönt hier ständig, vermutlich wegen der blöden Drei-Sekunden-Regel, was sich eher nach Netball anfühlt beziehungsweise
anhört und nicht gerade angenehm ist. Ständig bin ich kurz vorm Eindösen und schrecke dann durch den nächsten Pfiff wieder
hoch, bis ich das Dösen schließlich aufgebe und mich aufrecht hinsetze. Ich wünschte, ich hätte meinen Tabak dabei oder irgendetwas
Nettes zum Trinken.
Esther macht Anstalten, eine kleine Pfeife mit Gras zu stopfen.
«Wir sind gleich dran», sagt Dan.
«Weiß jetzt eigentlich irgendwer, welche Positionen wir spielen sollen?», frage ich.
«Stürmer», brummt Esther. «Wir sind alle Stürmer.»
Sie zündet die Pfeife an, nimmt einen langen Zug und hält den Rauch in den Lungen. Dann reicht sie Dan wortlos die Pfeife,
der sie misstrauisch beäugt und gleich an mich weitergibt. Dan hat nicht viel übrig für Drogen. Er hat alles durchprobiert,
als er noch jünger war (zumindest behauptet er das), und kriegt inzwischen angeblich nur noch Panikattacken davon. Ich dagegen
habe einen Großteil meiner Jugend im Winterschlaf zugebracht, in einem warmen Nest aus Großeltern,Hausmannskost, Kreuzworträtseln und Radio, und seither mehr als genug Gründe gefunden, mich der einen oder anderen Freizeitdroge
zu widmen. Zu Drogen habe ich dieselbe Einstellung wie zu all den anderen exotischen Dingen, die dem recht eingeschränkten
Radar meiner Großeltern entgangen sind (Thai-Curry, Meeresfrüchte, Tofu, Misosuppe, Knoblauch, Croutons, ungesalzene Butter,
Parmesan und so weiter): Was sich gut anhört, gut aussieht und weniger Zusatzstoffe hat als Orangensaftkonzentrat, sollte
man zumindest einmal ausprobieren. (Allerdings halte ich es dabei auch sehr mit dem Lebensmotto meines Großvaters:
Alles in Maßen
.)
Esthers Pfeife ist aus grünem Emaille und hängt an einer kleinen Kette.
«Eigentlich ist die für Crack gedacht», erklärt sie. «Aber ich rauche nur Gras damit.»
«Wo in aller Welt kauft man denn eine
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