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Port Vila Blues

Port Vila Blues

Titel: Port Vila Blues Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Gary Disher
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Er vermutete Drogen, und Drogen bedeuteten immer Ärger, selbst in einem rückständigen Nest wie diesem.
    Machten Piloten und Besatzung von Pacific Rim hier Station, waren sie verpflichtet, im Palmtree Lodge Quartier zu beziehen, einer Ansammlung kleiner Bungalows auf einem schmalen, nichts sagenden Streifen Land vor einer Lagune südöstlich von Port Vila, fünfzehn Autominuten entfernt, zu einem Fahrpreis von elfhundert Vatu, und eigentlich hätte sich Crystal dorthin kutschieren lassen müssen, als er in den verbeulten Toyota stieg.
    »Yu go wea? Palmtree Lodge?«, fragte der Fahrer, der in Crystal einen Stammgast erkannte und ihn auf Bislama ansprach.
    Crystal schüttelte den Kopf. »Malapoa Restaurant.«
    Der Fahrer ließ den Motor an und nickte mit Kennermiene. »Guter Kokoskrebs.«
    »Das stimmt«, gab Crystal zurück.
    Die Fahrt dauerte zehn Minuten und führte vorbei an kleinen Häusern, an Zementhütten mit flachen Dächern, die Läden beherbergten, und überall dazwischen von Zyklonen zerfledderte Palmen. Crystal hatte sich gerade in Vanuatu aufgehalten, als der vorerst letzte Zyklon auf die Inselgruppe getroffen war. Es hatte mächtig an seinen Nerven gezerrt, dieser nicht enden wollende Sturm, der die Palmen fast horizontal bog, Korallenriffe zerriss und Schiffe Hunderte von Metern vom Wasser aus an Land warf. Er war Zeuge geworden, wie ein umherfliegendes Blech einer Frau den Arm abgetrennt hatte und die Terrassenmöbel im Palmtree Lodge auf den kurz geschnittenen Rasenflächen zwischen den Bungalows und dem Strand buchstäblich Rad geschlagen hatten.
    Das Taxi fuhr an den Straßenrand und hielt. »Neunhundert Vatu«, sagte der Fahrer.
    Crystal bezahlte und stieg aus. Das Malapoa Restaurant befand sich auf einer winzigen Landzunge, die in den Hafen von Port Vila hineinragte. Crystal hatte hier schon ausgezeichnete Kokoskrebse gegessen. Wären da nicht die Gäste gewesen — sich dem Müßiggang hingebende Skippertypen aus aller Herren Länder, die sich nur schreiend unterhielten —, er hätte öfter hier gegessen.
    Crystal richtete es so ein, dass der Fahrer sah, wie er im Innenhof des Malapoas verschwand. Nachdem das Taxi weggefahren war, kam Crystal wieder hervor und ging zu einer etwa fünfzig Meter entfernten öffentlichen Toilette. Als er eine der Kabinen betrat, raubte ihm die uringesättigte Atmosphäre fast den Atem. Er zog die Uniform aus und schlüpfte in Shorts, T-Shirt und Sandalen, Sachen, die er ganz zuoberst in die Reisetasche gepackt hatte.
    Die Toiletten lagen am Rande eines schmalen Parkplatzes, der an einen Betonkai grenzte. Hier legten Wassertaxis und Boote für Hafenrundfahrten an. Aber auch die Reriki-Inselfähre, und nur die interessierte Crystal.
    Er stellte sich unter einen Unterstand mit Wellblechdach und wartete. Der Hafen von Port Vila existierte ganz im Zeichen von Reriki Island, einem hügeligen Stück Land mit reicher Vegetation in einer kleinen Bucht. Kleine, auf Pfählen gebaute Hütten, ausgestattet mit Klimaanlage und Balkon, verliehen der Küste ihr Gepräge. Es war eine reine Urlaubsinsel; der Manager der Anlage wohnte, umgeben von Palmen, am höchsten Punkt der Insel, in einem Haus mit rotem Ziegeldach. Es gab drei Restaurants, einen Swimming-Pool, einen Bootsverleih und einen winzigen Kai. Jedermann hatte Zutritt zu dieser Insel, ob Gast oder nicht, und genau das nutzte Crystal jetzt aus.
    Er sah, wie die Fähre vom Kai der Insel ablegte. Alle paar Minuten fuhr sie zum Hafen und wieder zurück, eine zweiminütige Fahrt, vierundzwanzig Stunden am Tag. Crystal beobachtete, wie die Fähre zwei Yachten umschiffte, beides Zweimaster. Die eine machte einen heruntergekommenen, stark beanspruchten Eindruck. Ein Bärtiger klammerte gerade Handtücher und T-Shirts an eine Leine über der Kajüte. Der Schriftzug Miami Florida war quer über das Heck gemalt. Die andere Yacht war etwa eine viertel Million Dollar sauberer und seetüchtiger. Sie kam aus Portsmouth, und Crystal hätte wetten können, dass der Besitzer zu den Großschnauzen aus dem Malapoa gehörte.
    Die Fähre legte an, und Crystal machte sich bereit, an Bord zu gehen. Es war ein langes, niedriges Wasserfahrzeug aus Aluminium mit Flachkiel und einem Baldachin. Die Seiten waren mit leuchtenden Farbkleksen versehen: Formen, Worte und Symbole, die Crystal an die verbotenen Graffiti erinnerten, die er an Eisenbahnunterführungen in Melbourne gesehen hatte.
    Eine Person stieg aus, drei stiegen zusammen mit Crystal

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