Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Port Vila Blues

Port Vila Blues

Titel: Port Vila Blues Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Gary Disher
Vom Netzwerk:
tastete seine Taschen ab. Gestern erst hatte er ein Serepax-Rezept eingelöst. Er fand die Pillen in der Tasche, in der auch die Autoschlüssel waren, schluckte eine und kippte einen dritten Wodka hinterher. »Bin nur mal kurz draußen gewesen, um zu pinkeln, Euer Ehren.« Er feixte, als er sich den Gesichtsausdruck des Kadis vorstellte.
    Der Typ hinter dem Tresen winkte Baker zum Abschied zur. »Viel Glück, Kumpel. Halt die Ohren steif.«
    »Danke«, murmelte Baker.
    Die Ohren steif halten? Was hat der Typ damit gemeint? Er überquerte die Straße. Auf der anderen Seite setzte er einen Fuß vor den anderen, ging die Stufen zum Gerichtsgebäude hoch, durch die Schwingtüren und dann noch kurz zum schwarzen Brett, um einen Blick auf den Computerausdruck zu werfen. Dort stand es: Baker, Saal 5, 14 Uhr. Er sah auf seine Armbanduhr. Großer Gott, fünf nach zwei.
    »Wo haben Sie gesteckt?«, fauchte Goldman ihn vor der Tür von Saal 5 an. Sie wich augenblicklich zurück. »Oh, Terry, Sie haben doch nicht etwa getrunken?«
    »Beruhigt die Nerven«, erwiderte er.
    »Na dann kommen Sie mal. Wir haben es heute mit Victor De Lisle als Richter zu tun und er mag es gar nicht, wenn man ihn warten lässt.«
    Während der folgenden zwanzig Minuten dämmerte es Baker, dass er sich mit seinem Cocktail aus Bier, Wodka und Serepax mächtig verrechnet hatte, vor allem auch wegen der Beruhigungsmittel, die er bereits heute Morgen geschluckt hatte. Er nahm das ermüdende Geleier des Anklägers der Polizei wahr, eines Typen im Anzug, kräftig gebaut, mit einem Schnauzbart, wie man ihn bei neun von zehn Cops sieht. Dann kam die Goldman zum Zug, und Baker hörte, wie sie dem Kadi vorschlug, die Sache beizulegen, um das Rechtssystem zu entlasten. Baker gähnte häufig. Und er strahlte. Man erwartete von ihm, dass er jetzt nicht schlapp machte, und das war hart.
    Dann lichtete sich der Nebel ein wenig und Baker spürte, wie der Richter ihn fixierte. Baker zuckte mit dem Kopf und reagierte auf den Richter mit einer Mischung aus offenem Lächeln und respektvollem Nicken.
    »Ms. Goldman?«
    »Euer Ehren?«
    »Steht Mr. Baker unter Alkoholeinfluss? Haben Sie getrunken, Mr. Baker?«
    »Mit Verlaub, Euer Ehren, Mr. Baker ist Alkoholiker, leidet also an einer Krankheit, die zu überwinden, er sich gerade ernsthaft bemüht.«
    »Das war nicht meine Frage, Ms. Goldman. Ich habe gefragt, ob Mr. Baker die Stirn hat, alkoholisiert in meinem Gerichtssaal zu erscheinen. Mr. Baker, würde es Ihnen etwas ausmachen, uns die Ehre zu erweisen und den Sachverhalt entweder in die eine oder in die andere Richtung zu erklären?«
    Baker runzelte die Stirn und suchte nach einem Ausweg aus diesem Sprachdickicht. »Wie bitte?«
    »Arbeit, die Ihnen genehm ist, müsste wohl extra gebacken werden, was, Mr. Baker?«
    Hinten lachte ein Cop laut auf.
    De Lisle fuhr fort: »Wann sind Sie das letzte Mal einer ehrlichen Beschäftigung nachgegangen, Baker? Vielleicht sind Sie gar nicht arbeitsscheu, vielleicht sind Sie ein Schmarotzer. Bedienen sich unseres Sozialsystems. Ist es nicht so, Baker? Oder haben Sie eine bedauernswerte Frau zu Hause, die Sie unterstützt?«
    »Euer Ehren, ich muss ernsthaft protestieren — «
    »Keinen Bedarf, Ms. Goldman.« De Lisles Gesicht verzerrte sich. »Ich sehe diese Sorte wieder und wieder. Zu nichts nütze. Eine Belastung für die Gesellschaft. Wiederholungstäter, die zu dumm sind, um aus ihren Fehlern zu lernen.«
    »Euer Ehren, also wirklich — «
    »Nicht jetzt, Ms. Goldman.«
    Irgendetwas war da im Gange. Baker riss sich zusammen, konzentrierte sich und hörte den Spott in De Lisles Stimme, registrierte die Verachtung. De Lisle? Was für ein Hottentottenname war das überhaupt? Er sah einen kleinen, rosigen, fetten Kerl, der nichts als Überheblichkeit ausstrahlte. Dich krieg ich noch, Kumpel, dachte Baker. Zu sagen, ich bin zu nichts nütze, mich als dumm zu bezeichnen.
    De Lisle legte unterdessen wieder eine professionelle Haltung an den Tag. Er ignorierte die Goldman und begann in einer Art Sprechgesang, seine höchstrichterliche Entscheidung herunterzurasseln, die besagte, dass Baker angeklagt werde und gegen ein Kautionsversprechen erst wieder an einem noch zu bestimmenden Tage vor dem Bezirksgericht zu erscheinen habe.
    Baker interessierte das nicht. Er hörte kaum zu. Vor seinem geistigen Auge sah er De Lisle, der sich wand vor Schmerz, bettelte, flehte, Baker möge sein wertloses Leben schonen.

ZWANZIG

    Die Hügel in der

Weitere Kostenlose Bücher