Port Vila Blues
Ich meine, es stimmt doch, wir befinden uns in einer Rezession.« Baker machte eine ausladende Geste und meinte damit die vielen, die sich in den Fluren und Warteräumen drängten. »Ich könnte wetten, dass die Hälfte von den armen Schweinen da draußen ohne Job ist. Warum hackt er dann auf mir herum?«
»Ich erinnere mich, dass er gesagt hat, für Sie müsse eine Arbeit extra gebacken werden«, sagte die Goldman und zwinkerte.
»Sehen Sie? Sag ich doch, er nennt mich arbeitsscheu.«
»Ach Terry, das war nur ein Scherz, ein Wortspiel. Sie heißen Baker, nicht wahr? Und was macht — «
Baker war nicht in der Stimmung, sich besänftigen zu lassen. Auf eine gewisse Weise empfand er Scham und Verbitterung. »Und dass er mich als dumm und zu nichts nütze bezeichnet, wie steht’s damit? Und überhaupt ... De Lisle ...was ist das für ein Name? Ein Kanakenname, nicht mal australisch.«
Die Anwältin blieb die Antwort darauf schuldig. Jetzt sah sie ihm direkt ins Gesicht, okay, er hatte einen Nerv getroffen. Sie hielt seinem Blick stand, kühl und ausdruckslos, und er sah zur Seite, versuchte abzulenken, die Angelegenheit mit einem Hüsteln zu übergehen, kratzte sich und veränderte seine Position in dem orangefarbenen Sessel.
Vielleicht wollte die Goldman einlenken, als sie sagte: »Es hat an der Auslosung gelegen, dass wir ihn heute bekommen haben. Es war Pech, verdammtes Pech. Er ist berüchtigt.«
»Was Sie nicht sagen«, murmelte Baker. Er richtete seinen Blick stur geradeaus, um zu zeigen, dass es ihn einen Scheiß kümmerte.
»Aber er ist angesehen, sehr sogar, und ein Muster an Pflichterfüllung, was man wirklich nicht von jedem behaupten kann.«
»Ach? Inwiefern?«, wollte Baker wissen.
Sie zuckte mit den Schultern. »Nun, er ist als Amtsrichter für mehrere Pazifikinseln zuständig.«
Baker grinste. »Kann man nur hoffen, dass ihn mal ein Hai erwischt.«
In Bakers Vorstellung gesellte sich der Hai zu einem Sturz von einer Klippe, dem elektrischen Funken, der ausströmendes Gas entzündet, und dem krachenden Kühler eines LKWs, arrangierte Ereignisse, die alle wie ein Unfall aussähen.
Die Goldman lachte, ein herzliches Lachen, als wären sie und Baker auf derselben Wellenlänge, sofern es De Lisle betraf und das, was er verdiente. Vielleicht hat der Typ sie ja irgendwann mal betatscht, sagte sich Baker, warf ihr einen Blick zu und dachte, dass er selbst auch nicht abgeneigt sei.
Genau das las sie in seinen Augen und machte wieder dicht; die Schultern nach vorn geneigt, die Unterarme auf dem Schreibtisch — sie schirmte sich total von ihm ab. »Jetzt zu Ihrer Verteidigung, Terry«, sagte sie.
»Sie ist auf mich losgegangen«, kam es wie aus der Pistole geschossen.
Die Goldman nahm ihm das ab und machte sich Notizen. »Auf welche Weise?«
»Also, ich meine, sie ist hinter mir aufgetaucht, hat die Scheinwerfer aufblenden lassen und mich mit ihrer Hupe genervt. Ich meine, woher sollte ich wissen, dass sie nicht ’ne Horde Skinheads im Wagen hat, so ’ne Art Überfall, verstehen Sie?«
»Aber Terry, Sie haben angehalten. Sie hätten doch nicht gehalten, wenn Sie Angst um Ihr Leben gehabt hätten. Ich muss Sie das jetzt fragen — waren Sie high zu diesem Zeitpunkt? Hatten Sie irgendetwas genommen, Alkohol, Drogen? Vielleicht sogar beides?«
»Herrgott noch mal, ich hab gedacht, Sie sind meine verdammte Anwältin.«
»Verdammt bin ich schon mal gar nicht«, sagte die Goldman, und für Baker war das wie eine Ohrfeige.
Er hob die Hände. »Gut, gut, ich entschuldige mich. Ich frag mich eben, weshalb Sie auf der Seite dieser Frau stehen.«
»Terry, ich verhalte mich Ihnen gegenüber nur so, wie sich später, vor Gericht, auch der Staatsanwalt Ihnen gegenüber verhalten wird.«
Baker ließ sich das durch den Kopf gehen. »In Ordnung, und wenn wir nun mit Notwehr argumentieren?«
»Aber Sie haben sie niedergeschlagen. Ein abgebrochener Zahn, Platzwunden, jede Menge Blutergüsse. Wie wollen Sie das anders erklären, wenn nicht als Überreaktion? Die Art von Überreaktion, die man von jemandem erwartet, der unter dem Einfluss von Drogen und Alkohol steht, möchte ich hinzufügen.«
Baker schloss die Augen und ballte die Fäuste. In seinem Kopf rollte eine dunkle, heiße Welle heran und hinter seinen Augenlidern sprühten Funken. Er bekam es unter Kontrolle. »Vergessen Sie endlich das mit dem Alk und den Drogen, ja? Bitte! Vergessen Sie’s einfach!« Seine Stimme klang hoch und gequält.
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