Portugiesische Eröffnung
Rua da Rosa hinunter, vorbei an den Clubs und Fado-Kneipen, dem dampfenden Strom der Körper vor der Play Bar und dem Nova. Auf dem schmalen Gehweg vor dem O Forcado stand eine weniger erlesene Kundschaft. Einige Touristen hatten sich dort vor dem Regen untergestellt und stritten um die wenigen Taxis, die sich in diese Gegend oben auf dem Hügel verirrten.
Nicht mehr weit, dachte Valsamis, nur noch einige Häuserblocks. Er überquerte die Straße, fiel beinahe in Trab, bog in die Travessa da Boa Hora und dann die ruhigere Rua Diário de Notícias. Das Internetcafé konnte er schon von weitem hören, der dumpfe Rhythmus elektronischer Musik dröhnte durch die schmale Gasse. Eine Gruppe Teenager in improvisierten Kostümen betrachtete ihn misstrauisch, als er hineinging.
Valsamis blieb stehen, um sich zu orientieren. Dann drängte er sich durch die Menge zu den Bildschirmen.
Eine Hand hielt ihn am Ärmel fest. Eine junge Frau, die ihn mit unverhohlener Verachtung anstarrte. Sie war Anfang zwanzig, in ihrem blassen Gesicht funkelte ein Dutzend verschiedener Piercings. Ihr Körper war ein bisschen zu füllig für das schwarze Vinylkorsett und den Minirock mit den Reißverschlüssen. Ihr weißer Bauch quoll über den Rockbund, ihre Arme waren mit einer Gänsehaut überzogen. »Es gibt eine Warteliste für die Computer«, knurrte sie auf Portugiesisch. »Sie müssen sich eintragen.«
Valsamis schüttelte ihre Hand ab, hielt wieder Ausschau nach Nicoles dunklem Haar und dem schmalen Gesicht, aber das Mädchen ließ nicht locker.
»Hey, Arschloch, bist du taub?«
Vorn im Café entstand ein Tumult, eine Frauenstimme rief wütend etwas auf Portugiesisch. Ich konnte nichts erkennen, weil mehrere Leute davorstanden, erkannte aber eines der Mädchen, die hinter der Theke arbeiteten. Es war dieselbe mürrische junge Frau, die mir meinen Computer zugewiesen hatte. Irgendein armes Schwein musste sie falsch angesehen haben und bezahlte jetzt dafür.
Ich blickte ins Treppenhaus, das nach unten zu den Toiletten führte. Meine jahrelange Gefängniserfahrung riet mir, vorerst in Deckung zu gehen.
Eine Männerstimme antwortete in gebrochenem Portugiesisch. Es entstand Bewegung in der Menge, dann hörte ich das Mädchen schrill aufheulen. Es klang wie ein Welpe, den man getreten hat.
»Hey!«, empörte sich jemand. Und eine andere Stimme rief: »Lass sie los!«
Die Menge verstummte. Durch die Musik hörte ich das unverkennbare Geräusch, wenn jemand eine Waffe lädt. Die Leute wichen zurück. Das Metall glitzerte im Licht der Halogenspots. Dann sah ich die Hand des Mannes am Handgelenk des Mädchens. Ihr Arm war dunkelrot angelaufen.
Er stieß sie beiseite, drehte sich blitzschnell um, suchte das Café mit den Augen ab. Sein Blick fiel auf die Nische, in der ich stand. Er wirkte angewidert, verächtlich wie an jenem Morgen in meiner Küche in Paziols.
Ich drückte mich noch enger an die Wand, holte die FEG aus der Tasche und lief die Treppe hinunter in den Keller, wo Graça vor der Damentoilette wartete.
»Er ist da.« Im Bruchteil einer Sekunde registrierte ich die Umgebung. Drei Türen, die beiden Toiletten und eine dritte ohne Aufschrift.
»Wer?«
»Der Amerikaner«, antwortete ich und trat die Tür der Herrentoilette auf. Fleckige Wände, schmutziger Boden.
Dann versuchte ich es mit der dritten Tür, hinter der sich ein vollgestopfter Wandschrank verbarg, Mopp und Besen, ein Regal mit Toilettenpapier und Reinigungsmitteln, ein Stapel Kartons.
Graça nickte zur Damentoilette. »Da drin ist jemand.«
Die Spülung wurde betätigt. Dann ging die Tür auf, und eine junge Frau kam heraus, die ebenfalls an der Theke arbeitete. Als sie die Waffe sah, erstarrte sie.
»Gibt es einen Weg nach draußen?«, erkundigte ich mich in gebrochenem Portugiesisch.
Sie schaute mich verständnislos an.
»Frag du sie!«, befahl ich Graça.
Sie übersetzte rasch, und das Mädchen hob die Hand und deutete auf den Wandschrank. Ihre Finger zitterten, die schwarz lackierten Nägel waren abgekaut. Sie sprach hastig. Graça nickte, beugte sich in den Wandschrank und schob einen Karton beiseite. Dahinter war keine Wand, sondern ein dunkler Gang zu erkennen, der sich geradewegs in den Fels zu bohren schien, ein Relikt der Vergangenheit einer uralten Stadt.
»Angeblich führt er bis zum Largo Trindade Coelho«, erklärte Graça.
Ich schaute das Mädchen an, das bekräftigend nickte.
»Ja!«, sagte sie. »Ja!«
»Ich glaube ihr«, sagte
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