Portugiesische Eröffnung
hatte es Valsamis verraten. Ed besaß ein Talent dafür, Dinge herauszufinden, die für ihn von Nutzen waren.
»Klar doch, Baby, wie du willst.« Nun lebte er schon seit Jahrzehnten in Europa und redete immer noch wie ein Typ aus einem amerikanischen B-Movie. »Wann kommst du zurück?«
»Vielleicht morgen. Mal sehen.«
»Okay.«
Er streckte mir die Hand entgegen, und diesmal ließ ich mich berühren.
»Eine Maschine ist unterwegs«, sagte Charlie Fairweather und steckte sein Handy wieder ein. Dann gab er dem Kellner ein Zeichen, grinste Morrow an und erklärte in verschwörerischem Ton: »Sie werden es nicht glauben, aber hier bekommt man die besten Margaritas jenseits von Texas.«
Der Kellner trat an den Tisch und spähte unter seinem mit Flitter besetzten Sombrero hervor. Filipino, dachte Morrow, wie die meisten, die in diesem Land hart arbeiteten. Allerdings hatte man ihn und das ganze Restaurant so ausstaffiert, dass es wie der Traum eines reichen Arabers von einer mexikanischen Cantina aussah.
Fairweather bestellte eine Runde. Hätte die Gulfstream gewartet, wie man es ihm zugesagt hatte, wäre Morrow jetzt unterwegs, statt in der Lounge des Amman Intercontinental überteuerte Margaritas zu trinken. Aber man hatte das Flugzeug woandershin befohlen, und er musste wohl oder übel warten. Und aus irgendeinem unerfindlichen Grund wollte er dabei nicht gern allein sein.
Fairweather nahm einen Maischip aus dem Korb auf dem Tisch und dippte ihn in die Salsa. »Und, was hatte Kanj zu sagen?« Er steckte den Chip in den Mund und wischte sich das Salz von den Händen. »Hat er seine Story ein bisschen ausgeschmückt?«
Wieder fühlte sich Morrow an Andy Sproul erinnert. Es hatte etwas mit Fairweathers Gestik zu tun und wie zwanglos er die gewagte Frage stellte.
Morrow schüttelte den Kopf. »Nur heiße Luft. Reine Zeitverschwendung.«
»Die reden nie, was?«, meinte Fairweather mitfühlend.
Der Kellner kam mit ihren Drinks zurück, zwei Goldfischgläsern, die mit grünem Eismatsch gefüllt waren. Er stellte sie feierlich vor sie hin, bevor er auf seinen diskreten Posten an der Theke zurückkehrte.
Wie brachten sie den Kellnern wohl bei, so perfekt zu servieren?, fragte sich Morrow. Ganz konzentriert auf die Bedürfnisse und die Bequemlichkeit der wenigen privilegierten Männer, die diesen Ort besuchten.
Morrow hob leicht den Finger, und der stets wachsame Kellner eilte an ihren Tisch.
»Sie können das wieder mitnehmen.« Er deutete auf sein Glas, »Ich hätte lieber einen Martini. Tanqueray ohne Eis.«
Eine andere Art von Projekt, hörte Valsamis Morrow sagen, dessen Stimme undeutlich und weit entfernt aus dem ramponierten schwarzen Telefon in der Küche seiner Wirtin drang. Es war der einzige Anruf, den Valsamis in den sechs Monaten auf Kreta erhalten hatte. Der Wirtin machte es offenbar nichts aus, Leute in aller Herrgottsfrühe zu wecken. »Mr Valsamis, hier ist ein Anruf für Sie. Sehr dringend.« Er hatte nicht gefragt, wie Morrow ihn gefunden hatte.
Sechs Uhr morgens in Hania, in Washington noch der vergangene Abend. Der 11. September, das Pentagon stand in Flammen, ebenso die Trümmer des World Trade Center. Und Morrow war persönlich am Telefon. »Das ist genau die Sache, auf die wir seit Jahren gewartet haben. Ein Okay von ganz oben. Das Geld kommt unmittelbar vom Verteidigungsminister. Herrgott, die Agency wird nicht mal wissen, dass es uns gibt.« Keine Entschuldigung, nicht einmal ansatzweise, aber die Bestätigung, dass sie ihn brauchten.
Was immer geschehen sein mochte, sie brauchten ihn.
Valsamis schlurfte mit gebeugten Schultern die Avenida da Liberdade entlang und versuchte, nicht an Nicole zu denken. Er würde sie finden, das hatte er sich fest vorgenommen. Kosteckys Leute passten auf. Es war nur eine Frage der Zeit und der Nerven.
Es war noch zu früh für die echten Showgirls, doch einige, die es nötig hatten, trugen ihre Waren schon zur Schau. Auf der anderen Straßenseite lehnte ein großer Transvestit in Jeansmini in einem Hauseingang und sah den vorbeifahrenden Autos zu. Ein Stück weiter wankte eine fette Frau in einem Netztop auf zwanzig Zentimeter hohen Absätzen dahin. Ihre Arme waren mit weindunklen Nadelspuren übersät, ihr nackter Bauch über dem Rock sah aus wie ein geschrumpfter Luftballon.
Valsamis fühlte sich an den Mittelteil von Boschs Garten der Lüste erinnert, auf dem alle grotesken und perversen Zwänge der Menschheit dargestellt waren, seine
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