positiv verliebt (German Edition)
sei. Leider wird es zu Hause auch nicht besser. Ich starre das Display meines Handys an, als wenn ich es allein mit der Kraft meiner Gedanken dazu bringen könnte, mir eine Nachricht zu senden. Nichts passiert. Zwei Mal habe ich versucht Fabian anzurufen. Natürlich hat er mich weggedrückt. Auch die SMS blieb unbeantwortet. Aber habe ich wirklich etwas anderes erwartet?
Voller Selbstmitleid fahre ich den PC hoch. Ich gebe die vier Buchstaben ein, die gerade mein Leben ruinieren, ohne dass ich selbst davon betroffen bin. Als mich Fabian mit dieser miesen Begründung rausgeschmissen hat, dass ich es ja nicht habe und ihn deshalb nicht verstehen würde, dachte ich tatsächlich die ganze Fahrt nach Hause darüber nach… So schwer kann es ja nicht sein, sich zu infizieren, es gibt schließlich sogar diese verrückten Gift giver oder Pozzer oder wie die sich auch immer nennen mögen. Auch wenn ich niemanden kenne, der so drauf ist, würde sich bestimmt jemand finden lassen. Doch dann wurde mir die Ungeheuerlichkeit meiner Gedanken bewusst und mir wurde so schlecht, dass ich es gerade noch geschafft habe, aus dem Auto zu springen und den nächsten Blumenkübel als Kotzeimer zu missbrauchen. Ich bin ein paar Minuten auf dem Bürgersteig auf und ab gelaufen, bis ich mich wieder einigermaßen unter Kontrolle hatte. Letztendlich ist es doch keine Frage, ob man positiv ist oder nicht, sondern ob man den anderen so akzeptieren kann wie er ist. Ich kann das, hätte es Fabian gern gezeigt, aber ganz offensichtlich kann er es nicht.
Diesmal suche ich im Internet kein Wissen, keine hoffnungsvollen Berichte… keine Therapien... Ich muss den Schmerz in mir betäuben. Womit ginge das wohl besser, als mit noch mehr Schmerz. Ich brauche nicht lange, bis ich das Elend in Bild und Schrift sehe. Menschen im Endstadium, Berichte aus den 80er und 90er Jahren, Bilder auf Afrika. Karposi Sarkom … 500 Menschen sterben in Deutschland jährlich an den Folgen von Aids und irgendwann wird auch Fabian einer davon sein. Ich will nicht, dass er stirbt, aber vor allem will ich nicht, dass er mich aus seinem Leben schmeißt. Erst als die Tränen auf meine Tastatur fallen, bemerke ich, dass ich heule. Verdammt, ich brauche Ablenkung! Ohne nachzudenken wähle ich Daniels Nummer.
„Hey, ich dachte schon, du bist verschollen“, brummt er in mein Ohr. Erschrocken stelle ich fest, dass er recht hat. Diese Sache mit Fabian… ich habe mich bei Daniel in den letzten drei Tagen nur sporadisch gemeldet.
„Tut mir leid. Hast du Zeit für mich?“
Am anderen Ende wird es still und ich befürchte schon, dass er unbemerkt aufgelegt hat, aber dann höre ich ein Knurren.
„Was ist los? Was hat der Idiot angestellt?“
„Nichts… ähm, ich will nicht darüber reden. Jedenfalls nicht am Telefon, also… was hast du heute Abend vor?“
„Na was wohl? Es ist Samstag. Der Club ruft!“
Nicht, dass ich Lust auf Tanzen oder auf anderen Kerle hätte, aber zumindest ist es so laut dort, dass ich nicht in die Verlegenheit kommen werde, Daniels Fragen beantworten zu müssen.
„Okay“, antworte ich deshalb schnell.
„Willst du zum Vorglühen vorbeikommen?“
Eigentlich sollte ich verneinen, wenn ich nicht ausgequetscht werden will, aber auf der anderen Seite will ich nicht länger zu Hause herumsitzen, will mich weder weiter mit diesen Bildern foltern noch darüber nachdenken, wieso Fabian …
„Ich bin gleich da“, brumme ich.
„Na, dann stelle ich schon mal die Getränke kalt“, erwidert er lachend.
„Die stehen doch bei dir immer im Kühlschrank.“
Wir verabschieden uns und ich springe kurz unter die Dusche, suche passende Klamotten aus und fahre eine knappe Stunde später los. Auf dem Weg fühle ich sowohl Erleichterung als auch Nervosität in mir aufsteigen. Ich kenne Daniel, weiß, dass er es bisher immer geschafft hat mich aufzumuntern und trotzdem… ich bin noch nicht bereit Fabian aufzugeben. Ich will keine vernünftigen Argumente hören, sondern lieber einen Tipp, wie ich ihn endgültig von mir überzeugen kann. Aber den werde ich mit Sicherheit nicht von Daniel bekommen. Und was ist, wenn Fabian auch im Club ist? Kann man die Zeit zurückdrehen? Kann ich ihn einfach wieder beobachten, ohne daran zu denken, wie wunderschön er aussah, als er gekommen ist, wie verführerisch seine Lippen geschmeckt haben?
Frustriert malträtiere ich das Lenkrad, während ich eine Parklücke vor dem Haus suche, in dem Daniel wohnt. Zögernd steige ich
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