positiv verliebt (German Edition)
diesen Tabletten wird doch der Verlauf verzögert und…“
„Du verstehst das nicht.“, unterbricht er mich grob.
„Dann erkläre es mir doch, denn du hast Recht, ich verstehe es nicht. Ich wusste noch nicht mal, dass du noch gar keine Tabletten nimmst.“
„Bisher bin ich ohne ausgekommen und ich will, dass das auch noch so bleibt.“
„Was hat sich denn geändert?“
„Mein Blutbild verschlechtert sich… also, nicht dramatisch oder so… aber ich bin auch immer so müde und kaputt.“
„Und mit den Tabletten wird es dir wieder besser gehen?“
„Vermutlich.“
„Worüber denkst du dann nach?“
„Wenn man einmal damit anfängt, gibt es keinen Weg mehr zurück. Bisher… bisher konnte ich zumindest so tun, als wenn mit mir alles in Ordnung wäre, aber dann werden mich diese Pillen jeden verdammten Tag daran erinnern, dass überhaupt gar nichts in Ordnung ist“, flucht er wütend.
„Aber Fabian, du machst dir da doch nur was vor. Du weißt es doch auch so. Du willst mich nicht küssen, du brichst in Panik aus, weil dein Sperma auf meiner Hand ist du weißt es und die Tabletten können daran gar nichts ändern. Außer, dass es dir vielleicht besser geht.“
„Du hast doch keine Ahnung“, wirft er mir erneut vor.
„Stimmt, aber du bist nicht der Einzige auf der Welt, dessen Leben von Tabletten abhängig ist. Und außerdem, ich meine, würde es nicht auch ähm… durchaus vorteilhaft sein? Also weil du dir dann…“ Ich kratze mich verlegen am Kopf, will nicht, dass er mich irgendwie falsch versteht. Ich habe mich nach der Ausstellung darüber informiert, was die Nachweisgrenze ist und was sie bedeutet. Mir war nicht bewusst, dass eine Therapie dafür sorgen kann, dass man praktisch nicht mehr infektiös ist. Ich wette Fabian weiß es, weiß, was ich andeuten will. Aber er sieht mich einfach nur abwartend an.
„Ich meine, wenn die Tabletten dafür sorgen, dass deine Viruslast unter die Nachweisgrenze sinkt, dann … also dann müsstest du … wenn wir … du müsstest dann nicht mehr so panisch reagieren.“
„Super! Glaubst du wirklich, es geht immer nur ums Ficken?“, brüllt er mich an.
„Fabian, du weißt, dass ich das nicht so gemeint habe.“ Flehend sehe ich ihn an. Glaubt er wirklich, dass es mir nur darum geht? Das gute Gefühl, dass ich seit unserem Besuch im Botanischen Garten hatte, die Hoffnung, dass er mir vertrauen würde, löst sich allmählich in Luft auf.
Eine Weile starren wir uns schweigend an, dann schüttelt Fabian resigniert den Kopf.
„Er hat gesagt, dass das nicht funktioniert“, flüstert er und wendet den Blick von mir ab.
„Was?“
„Er wusste, dass es nicht klappt, weil wir… weil du mich eben nicht verstehst.“
Ich springe auf und bin mit wenigen Schritten bei ihm.
„Wer hat was gesagt?“, fahre ich ihn an. Ich spür die Wut in mir, aber mehr noch die Angst, ihn zu verlieren und nichts dagegen machen zu können.
„Du bist nicht wie ich… du hast keine Ahnung von dem, was in mir vorgeht, wie ich mich fühle… du bist gesund.“
„Ist das ein Vorwurf? Wirfst du mir echt vor, dass ich mich nicht infiziert habe?“
„Nein, ich… aber…“
„Redet dir das etwa dieser Sascha ein? Oder nein, bestimmt dieser andere Typ, der so gern an meiner Stelle wäre. Hat er diesen Schwachsinn behauptet?“
Fabian sagt nichts, starrt auf den Fußboden, die Hände zu Fäusten geballt.
„Rede mit mir, verflucht“, fahre ich ihn an. Am liebsten würde ich ihn schütteln oder ihn küssen, ihn daran erinnern, wie gut sich unseren Lippen anfühlen.
„Ich will, dass du jetzt gehst“, murmelt er.
„Nein.“ Erschrocken weiche ich zurück. Er schmeißt mich raus? Einfach so?
Sein Kopf schnellt nach oben und der Blick, den er mir zuwirft, lässt keine Zweifel offen.
„Verlass meine Wohnung. Verschwinde endlich“, brüllt er mich an. „Hau ab.“ Fabian reißt die Wohnungstür auf. Mein Kopf ist vollkommen leer. Ich kann nicht begreifen, was hier passiert, aber mir fehlen die Worte, um es zu ändern. Zügig schlüpfe ich in meine Schuhe und nehme meine Jacke vom Haken. Ich bleibe vor ihm stehen. Ich möchte so viel sagen, ihn überzeugen, aber ich merke, dass mir die Kraft dazu fehlt.
„Ich liebe dich“, sage ich leise und gehe hinaus.
Ablenkung
Ich mache in der Nacht kein Auge zu, kann mich am Tag nicht konzentrieren. Meine Mutter schmeißt mich nach drei Stunden tatsächlich aus dem Museum, weil meine schlechte Laune nicht zu ertragen
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