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Postkarten

Titel: Postkarten Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Annie Proulx
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Wenn sie irgendwohin kam, trug sie die Jacke, ließ die Uhr übers Handgelenk herabgleiten, um damit anzugeben. Sie sah großartig aus. War so bedacht auf ihre Sachen, hegte und pflegte sie.
    Dann half er Toot mit dem Heu. Der alte Gockel hielt immer noch an seinen Pferden fest, Rainy und Cloudy. Die Pferde zogen den Wagen an den Heugarben vorbei, und er und Ronnie gabelten das Heu zu Toot hinauf, der die Ladung aufbaute, Schweiß floß in Strömen, das Feld knisterte vor Hitze. Mernelle trottete hinter ihnen her, schwenkte ihre Heugabel, um verlorenes Heu aufzulesen. Toot hatte ihr für ein Tagwerk fünfzig Cent versprochen. Toot und Ronnie schirrten die Pferde aus, während er mit der Gabel die letzte Ladung den Heuboden hinaufschwang und sich mit den Heuballen abmühte, die Toot auf verwirrende Weise aufgeschichtet hatte. Nur der Mann, der Heu aufschichtet, weiß, wo jeder Ballen liegt. Der erstickende Grasduft, die Luft so von Spreu und Staub geschwängert, daß seine Haut juckte und brannte. Mernelle kam hereingerannt, um zu sagen, daß Billy mit ihrem Auto da sei und sie alle zum Schwimmen an den Luchsteich führen.
    Er sieht Billy, die straffen, haarlosen Beine, sieht das Blitzen ihrer Nägel, als sie ihre Uhr in einen Strumpf rollt und ihn in ihre Schuhspitze stopft, die Schuhe nebeneinanderstellt und darauf das zusammengefaltete Kleid aus Kunstseide und das dünne Handtuch aus der Seifenflockenpackung legt. Und Mernelle, die aus dem Wasser schießt: »Bitte, Billy, darf ich deine Uhr tragen, solange du schwimmst? Bitte, Billy!« Die Art, wie sie zögerte. Aber ja sagte. Mernelle, die ihren Arm schräg zum Himmel hielt, während sie zu dem versunkenen Felsen hinausschwammen. Das herrliche Wasser. Er hatte ihr erzählt, daß unter dem Felsen ein eineinhalb Meter langer Hecht lauere. Ihr Fleisch grünlich im Wasser.
    Später kraulte Mernelle zu ihnen, und Billys leise, klare Stimme: »Hast du die Uhr wieder in meinen Schuh zurückgesteckt?« Mernelle, als wäre sie angestochen worden. Ihr Arm, der aus dem Wasser schoß, das Uhrglas schon so diesig, daß sie die Diamantsplitter nicht mehr sehen konnten.
    Billy, die die Uhr ein paar Sekunden lang locker in der Hand hielt, während Loyal sagte, macht nichts, können sie zu einem guten Juwelier bringen, dann Billy, die Mernelle gerade ins Gesicht blickte und die Uhr in den Teich warf. Ohne ein Wort zu sagen.
    Viele Nächte lang schrieb er in jenem Winter, manchmal nur ein paar Zeilen, manchmal bis der Wind, der am Fenster rüttelte, seine Hände kalt und steif werden ließ. Dinge, die er vorhatte, Liedertexte, zurückgelegte Entfernungen, was er aß und was er trank. Wenn er das Licht ausschaltete, sah er die blaue Nacht, eingepaßt in das Viereck des Fensterglases, die krumpelige Erde, in der phosphoreszierende Metalle glühten, den Wind, der alles verwischte, und die Sterne.
    Das Buch des Indianers. Sein Buch.

16
    Je größer sie sind,
um so höher schlagen die Flammen
    1951 Bericht des Feuerschutzbeauftragten
    Leitung der Untersuchungen: Earl L. Frank, stellvertretender Feuerschutzbeauftragter
    Fall 935 Minkton Blood, Cream Hill, Vt. Feuer am 11. Dezember 1951. Besitz zerstört - Stall und neun Kühe. Nach ausführlichen Untersuchungen wurde Marvin E. Blood, der Sohn des Eigners, wegen Verdachts auf Brandstiftung verhaftet. Er legte ein Geständnis ab und wurde zu einem bis drei Jahren Haft im Staatsgefängnis Windsor verurteilt. In seinem Geständnis deutete er an, sein Vater, Minkton Blood, habe ihn angestiftet, den Stall anzuzünden, als Gegenleistung für einen Teil der Versicherungssumme. Minkton Blood wurde verhaftet, legte ein Geständnis ab und wurde zu mindestens zwei und höchstens vier Jahren Gefängnis verurteilt. Nach dem Brand wurde für den Besitz eine Versicherungssumme von $ 2000 ausgezahlt. Es wird versucht, das Geld zurückzufordern.
     
    Im Stall war es nie dunkler gewesen. Sie hatten nur noch einen Rest Kerosin, und die Lampe warf in der düsteren Morgenkälte nur einen trüben Schein. Kuhpisse schäumte. Die Kühe stampften nervös, die Stimmung im Stall war schlimmer als am Abend zuvor. Mink tastete sich zum Milchraum, bückte sich nach den Eimern, goß heißes Wasser aus dem Kessel in den Wascheimer für Dub. Eine Dampfsäule stieg auf. Er suchte nach dem Lumpen. Der Stall stank nach Ammoniak, saurer Milch, widerlichem Heu und nassem Eisen. Er hörte, wie die Tür aufging. Dub. Das Licht der zweiten Lampe ergoß sich plötzlich aus

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