Power and Terror
Libanon enthält.
Zum ersten Mal wird in den Vereinigten Staaten selbst zugegeben, was in Israel seit zwanzig Jahren bekannt und in der kritischen, auf israelischen Quellen beruhenden Literatur behauptet wird: Der Libanonkrieg wurde aus rein politischen Gründen geführt. Es war ein Krieg um das Westjordanland.
Israel wollte den als bedrohlich angesehenen
Verhandlungsangeboten seitens der Palästinenser ein Ende bereiten.
Das ist die Wahrheit, die der amerikanischen Bevölkerung zwanzig Jahre lang vorenthalten wurde. Jetzt aber gibt es einen Satz, der die Wahrheit offenbart, und man kann ihn aus der New York Times zitieren. Damit ist die Wahrheit offiziell und das ist ein Fortschritt. Wenn man lange genug wartet, passieren erstaunliche Dinge.
Neben der Invasion gab es im Nahen Osten noch weitere terroristische Aktivitäten. Gehäuft traten sie 1985 auf. Im selben Jahr ging aus der Umfrage, die Associated Press alljährlich bei Zeitungsherausgebern macht, der Terrorismus im Nahen Osten als Top-Thema hervor. Auch in der wissenschaftlichen Literatur gilt das Jahr 1985 in terroristischer Hinsicht als besonders markant. Das ist durchaus nicht aus der Luft gegriffen, auch wenn 1985 nicht ganz so schlimm war wie 1982.
Für den Preis »Schlimmster Terrorakt im Nahen Osten 1985«
gibt es drei Kandidaten. Zunächst die Explosion einer Autobombe vor einer Moschee in Beirut, die gezündet wurde, 41
als die Besucher aus dem Gottesdienst kamen. 80 Personen starben, 250 weitere wurden verwundet, darunter viele Frauen und Kinder. Eigentliches Ziel des Angriffs war ein muslimischer Scheich, der jedoch dem Attentat entging. Für den Anschlag wurden die CIA und britische Geheimdienste verantwortlich gemacht; allzu umstritten ist die Angabe nicht.
Kandidat Nr. 2 ist die Bombardierung von Tunis durch israelische Flugzeuge, die einige Monate später stattfand.
Abgeworfen wurden Splitterbomben; die Zahl der Opfer beläuft sich auf etwa 75 – tunesische und palästinensische Zivilisten.
Ein bekannter israelischer Reporter beschrieb in der hebräischsprachigen Presse den Angriff und seine Folge in allen Einzelheiten, während er in den USA kaum Aufmerksamkeit erregte. Auch die Bombardierung war ein Akt des
internationalen Terrorismus, in den wiederum die USA verstrickt waren. Die in der Nähe befindliche Sechste Flotte wies die tunesische Regierung – Tunesien ist ein Verbündeter –
nicht darauf hin, daß die Bomber Kurs auf die Hauptstadt genommen hatten, obwohl die Militärs darüber informiert waren.
US-Außenminister George Shultz reagierte auf die
Bombardierung, indem er den israelischen Außenminister anrief, ihm gratulierte und seine Sympathie für den Angriff bekundete. Allerdings machte er einen Rückzieher, als der UN-Sicherheitsrat eine Resolution verabschiedete, die Israel einmütig wegen eines Akts bewaffneter Aggression verurteilte.
Die USA enthielten sich der Stimme.
Aber nennen wir auch den Angriff auf Tunis internationalen Terrorismus, statt, wie der Sicherheitsrat, einen Akt bewaffneter Aggression. Wie schon beim Libanonkrieg, bemühten sich auch hier die Israelis gar nicht erst darum, die Aktion als Verteidigungsmaßnahme zu deklarieren.
Der dritte und letzte Kandidat, der mir einfällt, ist Schimon Peres’ »Operation Eiserne Faust«, die im März 1985 stattfand.
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Die israelische Armee griff im Südlibanon »terroristische Dorfbewohner« an (so das Oberkommando), wobei es zu
umfangreichen Massakern kam. Viele Menschen wurden von der israelischen Armee oder ihren Söldnertruppen umgebracht.
Viele wurden nach Israel verschleppt und dort vernommen, was Folter und Einkerkerung bedeutete.
Die Zahl der Opfer ist unbekannt, weil es zu den Grundsätzen von Journalismus und Wissenschaft gehört, eigene Greueltaten nicht zu untersuchen, wohingegen wir ganz genau Bescheid wissen, wenn uns etwas angetan wird.
So kamen im Krieg der USA gegen Vietnam Millionen von Menschen um, doch ist die genaue Zahl bis heute unbekannt.
Auch weiß man nicht, wieviel Hunderttausende an den Folgen der chemischen Kriegführung in Südvietnam gestorben sind.
Außerhalb der Vereinigten Staaten hat man Schätzungsversuche unternommen, aber hierzulande interessiert das nicht weiter. Um solche Dinge kümmern wir uns nicht.
Infolgedessen wissen wir auch nicht, wieviele Opfer der von den USA und Israel betriebene internationale Terrorismus im südlichen Libanon gefordert hat. Die »Operation Eiserne Faust«
wurde, nebenbei
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