Power and Terror
Militärhilfe, die genutzt wurde, um ungezählte Verbrechen zu begehen. Insgesamt war der
»Antiterrorkrieg« ein Erfolg. Um das zu erkennen, muß man sich nur die von der berüchtigten School of the Americas 38
publizierten Dokumente ansehen.6 Einer ihrer Slogans lautete, die US-Armee habe »geholfen, die Befreiungstheologie zu besiegen«. Das ist absolut zutreffend. Zu den hauptsächlichen Angriffszielen des Antiterrorkriegs gehörte die katholische Kirche, die den schwerer Fehler begangen hatte, sich auf die Seite der Armen zu stellen und die dafür bestraft werden mußte.
El Salvador ist ein augenfälliges Beispiel. Dort begannen die achtziger Jahre mit dem Mord an einem Erzbischof [Oscar Romero] und endigten mit der Ermordung von sechs führenden jesuitischen Intellektuellen. Die USA hatten die Befreiungstheologie besiegt.
Bezeichnend für unsere intellektuelle Kultur ist die Tatsache, daß diese Dinge weitgehend unbekannt sind. Wenn sechs bekannte tschechische Intellektuelle und ein Erzbischof von Streitkräften umgebracht worden wären, die man in der Sowjetunion ausgebildet und bewaffnet hätte, wüßten wir alles über diesen Vorfall. Wir würden ihre Namen kennen und ihre Bücher lesen. In den USA jedoch dürfte es selbst unter den Gebildeten nur wenige Leute geben, die wissen, um wen es sich bei den Jesuiten und dem Erzbischof gehandelt hat. Ganz zu schweigen von den 70000 weiteren Toten, die, wie üblich, Bauern gewesen sind. Und daß sie von Milizen umgebracht wurden, die wir ausgebildet und bewaffnet haben, wird ebenfalls unbekannt sein.
Das also ist die Erfolgsgeschichte des »Kriegs gegen den Terror« in Mittelamerika.
Wenden wir uns nun dem anderen Brennpunkt dieses Kriegs zu, dem Nahen Osten. In der Tat gab es zu jener Zeit dort jede Menge staatlich geförderter terroristischer Aktivitäten. Zu den schlimmsten gehörte der israelische Einmarsch in den Libanon 1982, der im Endeffekt an die 20000 Opfer forderte.
Das war internationaler Terrorismus. Die Invasion konnte durchgesetzt werden, weil die Vereinigten Staaten grünes Licht 39
gaben, die Waffen lieferten und für die notwendige
diplomatische Unterstützung sorgten, indem sie gegen etliche Resolutionen des UN-Sicherheitsrats, die das Ende der Kämpfe und den Rückzug der Truppen forderten, ihr Veto einlegten. Für Israel war die Aktion ein großer Erfolg. Generalleutnant Rafael Eitan, der Stabschef der israelischen Armee, wies darauf hin, daß es gelungen sei, die PLO als möglichen Partner für Verhandlungen über die besetzten Gebiete auszuschalten.
Das war ohnehin das Ziel des Kriegs gewesen, der mit dem Libanon selbst gar nichts zu tun hatte. In Israel wurde offen eingestanden, es habe sich um einen »Krieg für die besetzten Gebiete« gehandelt. Stein des Anstoßes war die PLO, die immer wieder auf einer – von Israel abgelehnten – vertraglichen Regelung bestanden hatte. Die war jetzt, nach der Vertreibung der PLO aus dem Libanon, zunächst einmal gegenstandslos geworden.
Der Libanonkrieg ist ein Beispiel für internationalen Terrorismus, das aus einem Lehrbuch stammen könnte. Wie nämlich definiert die US-Regierung ganz offiziell den Begriff
»Terrorismus«? Er sei, so heißt es, die Androhung oder Anwendung von Gewalt, um durch Einschüchterung und
Verbreitung von Angst in der Zivilbevölkerung politische, religiöse oder andere Ziele durchzusetzen. Das paßt haargenau auf den Libanonkrieg. Und es ist internationaler Terrorismus, weil die USA dabei die entscheidende Rolle spielten.
Dabei räume ich den Vereinigten Staaten sogar ein in dubio pro reo ein. Es ließe sich nämlich durchaus die Auffassung vertreten, daß es sich bei der Invasion des Libanon um direkte Aggression gehandelt habe. Und im Grunde müßte man das Vorgehen auch so bezeichnen. Dann aber wären Prozesse wie in Nürnberg gegen die politischen Führungen Israels und der USA erforderlich. Doch wir folgen dem Grundsatz »Im Zweifelsfalle für den Angeklagten« und sprechen nur von internationalem Terrorismus. Es ist der eindeutigste und zugleich schlimmste 40
Fall der achtziger Jahre.
Nebenbei bemerkt sind, was die Gründe für den Krieg angeht, in den USA seit zwanzig Jahren Lügen verbreitet worden. Doch am 24. Januar 2002 – Ehre, wem Ehre gebührt – stellte die New York Times die Sache richtig. In einem Beitrag von James Bennett, der einem anderen Thema galt, findet sich bei aufmerksamer Lektüre ein Satz, der die Wahrheit über die Invasion im
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