Power and Terror
schon erstaunlich, was sich unter diesem Deckmantel abspielt. Vor kurzem erst hat die US-Regierung das seit sechs Jahren angestrebte Ziel, eine Verifikationsprozedur für den Vertrag über Maßnahmen gegen den Bioterrorismus festzulegen, scheitern lassen. Die Regierung Clinton war vor allem gegen diese Prozedur, weil sie die Interessen der pharmazeutischen und biotechnologischen Konzerne beeinträchtigen könnte, die sich nicht in die Karten schauen lassen wollen.
Die Regierung Bush hat nun der ganzen Sache ein Ende bereitet. Schluß und aus. Es gab dafür noch andere Gründe als den eben erwähnten. Möglicherweise verletzen die USA die bereits existierenden Verträge zur Bekämpfung des
Bioterrorismus, indem sie versuchen, impfstoffresistente Anthrax-Viren zu erzeugen, die für Mikrobiologen der reinste Alptraum sind. Das ist zwar längst verboten, aber offensichtlich haben die Vereinigten Staaten es versucht, und es gibt noch eine ganze Reihe ähnlicher Projekte. Hauptsächlich jedoch geht es darum, die wissenschaftlichen und technologischen Grundlagen zu entwickeln, die die Vorherrschaft der USA in der zukünftigen Biotech-Industrie absichern. »Waffenproduktion« ist also eine sehr weit gefaßte Kategorie.
Vielleicht können wir aus jedem Sektor vier oder fünf repräsentative Konzerne auswählen.
Das wäre möglich. Das sind natürlich nur symbolische, aber zugleich unendlich wichtige Gesten, insbesondere, wenn man ihren erzieherischen und organisatorischen Effekt bedenkt. Man 82
sollte sich nicht der Illusion hingeben, daß es gelingen könnte, waffenproduzierende Betriebe zu schließen, weil das die gesamte Wirtschaft lahmlegen würde. Aber ein solches Vorgehen kann, wie im Falle Südafrikas, zu einer Veränderung der Politik führen.
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5. Weltmacht USA19
Wie erklären Sie den jüngsten Wandel in der US-Politik hin zur Unterstützung Palästinas und der möglichen Schaffung eines palästinensischen Staats?
Ich erkläre ihn auf die gleiche Weise wie den Wandel in der US-Politik hin zur Auflösung des militärischen Systems und seiner Aushändigung an Liechtenstein. Da nichts dergleichen geschehen ist, gibt es auch nichts zu erklären. Es hat kein Wandel stattgefunden. Das Ganze ist eine einzige Farce. Dick Cheney tourt durch den Nahen Osten, um Unterstützung für den bevorstehenden Krieg gegen den Irak zu bekommen, was ziemlich schwierig ist, weil keiner ihn will.
Ein Problem sind die israelischen Panzer in Ramallah. Im Grunde sind das keine israelischen Panzer, wie auch die Kampfhubschrauber keine israelischen, sondern US-amerikanische Kampfhubschrauber sind. Sie werden von israelischen Piloten geflogen und in den USA gebaut, während wir den Bau von Panzern in Israel subventionieren.
In dieser Hinsicht ist Israel ein militärischer Außenposten der USA. Und die Aktionen der israelischen Armee sind von den USA genehmigte oder befürwortete Aktionen. Wenn sie die gesetzten Beschränkungen auch nur um einen Millimeter überschreiten, meldet sich eine ruhige Stimme aus Washington, die sagt: »Das war’s.« Und sofort ziehen die Israelis sich zurück. Das ist so ähnlich wie bei der Mafia: Wenn ein Don Befehle gibt, macht der Revolvermann keine Sperenzchen.
Der Wandel in der Palästina-Politik bestand darin, daß die Vereinigten Staaten Israel aufgefordert haben, während Cheneys Nahostreise einigermaßen ruhig zu bleiben, damit er seinen 84
Auftrag ausführen kann. Zum ersten Mal seit fünfundzwanzig Jahren haben die USA im UN-Sicherheitsrat eine Resolution zu Israel unterstützt, was beträchtlichen Wirbel verursachte.
Allerdings vergaß man darüber den Inhalt der Resolution, der nicht mehr besagte, als daß die Welt eine Vision von zwei Staaten in der Nahostregion hat, nämlich Israel und, vielleicht irgendwo in der saudi-arabischen Wüste, Palästina. Ansonsten haben die USA, wie seit fünfundzwanzig Jahren, eine
diplomatische Regelung des Konflikts verhindert. Außerdem stemmt sich Washington auch weiterhin gegen die Durchsetzung selbst der elementarsten Maßnahmen, die zur Verringerung der Gewalt führen könnten.
Eine Frage seitens des Afghanischen Studentenverbands: Welche Ziele verfolgen die Vereinigten Staaten in Afghanistan im Hinblick auf die Bildung und Unterstützung der neuen Regierung?
Das hängt auch von uns Bürgern ab. Die neue Regierung ist von den USA ausgewählt worden. Vielleicht war es eine gute Wahl, vielleicht auch nicht. Aber Hamid Karsai war nun einmal
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