Power and Terror
Washingtons Kandidat und wurde den Afghanen aufgezwungen, ob sie ihn nun haben wollten oder nicht.
Meiner Meinung nach sollten die USA und Rußland mehr tun, als nur Hilfe leisten: Sie sollten Reparationen zahlen, weil sie Afghanistan in den letzten zwanzig Jahren zerstört haben. Und die Verantwortlichen sollten vor Gericht gestellt werden. Aber das wird natürlich nie geschehen. Wir können nur hoffen, daß sie einiges tun, um die von ihnen angerichteten Schäden zu beseitigen.
Viel mehr wird nicht geschehen, wenn wir keinen Druck auf die Regierung ausüben. Es gibt Kräfte in den Vereinigten Staaten, die meinen, daß selbst die Hilfe, die wir Afghanistan 85
gewähren, überflüssig ist. Die Zeitschrift The New Republic, die als führende Publikation des amerikanischen Liberalismus gilt, vertritt die Auffassung, wir sollten unsere »Besessenheit, Nationen aufzubauen« überwinden und Afghanistan sich selbst und seinen Ruinen überlassen. Aber zum Glück gibt es noch andere Stimmen, und was die Regierung tut, hängt auch davon ab, was die Leute in Amerika wollen.
Ist es nicht eine ziemliche Vereinfachung von Ihnen, die Vereinigten Staaten überall auf der Welt als » Reich des Bösen «
am Werk zu sehen?
Ist es eine Vereinfachung von mir, die Vereinigten Staaten überall auf der Welt als »Reich des Bösen« am Werk zu sehen?
Ja, das wäre eine übermäßige Vereinfachung. Genau darum habe ich betont, daß die Vereinigten Staaten sich wie jede andere Macht verhalten. Sie sind mächtiger als andere und darum auch gewalttätiger. Aber andere Staaten haben sich ebenso verhalten. Als die Briten die Welt regierten, waren sie auch nicht anders.
Nehmen wir als Beispiel die Kurden. Was hat Großbritannien mit ihnen gemacht? Ich gebe Ihnen eine kleine Lektion in Geschichte, die in britischen Schulen nicht erteilt wird. Wir kennen sie aus Geheimdokumenten, die zur Veröffentlichung freigegeben wurden. Vor dem Ersten Weltkrieg war
Großbritannien die Weltmacht Nr. l gewesen, danach jedoch entscheidend geschwächt. Aus den Geheimdokumenten erfahren wir, daß die Briten sich Gedanken über ihre Vorherrschaft in Vorderasien machten, weil sie nicht mehr über die Mittel verfügten, dort als Besatzungsmacht aufzutreten.
So wurde die Idee entwickelt, den Raum von der Luft aus zu beherrschen. Gegen Ende des Ersten Weltkriegs waren
Kampfflugzeuge zunehmend wichtiger geworden, und die 86
Briten sahen darin ein kostengünstiges Mittel, um den Widerstand der Völker im Nahen Osten zu brechen. Winston Churchill, der damals Kolonialminister war, wollte noch weitergehen. Das britische Luftwaffenamt in Kairo bat ihn in einer Anfrage um Erlaubnis, »gegen widerspenstige Araber«
Giftgas einzusetzen.
Bei diesen »Arabern« handelte es sich zwar um Kurden und Afghanen, aber das ist dem Rassisten, wenn er Araber töten will, egal. Die Frage war also, ob Giftgas, das im Ersten Weltkrieg schreckliche Verheerungen angerichtet hatte, zum Einsatz kommen sollte.
Das Dokument wurde weitergereicht, weckte aber im
britischen Reichsamt für Indien (dem »India Office«) keine Begeisterung. Man befürchtete zusätzliche Probleme wie Aufstände u. dgl. Churchill zeigte sich davon unbeeindruckt. Er meinte:
»Ich kann diese Zimperlichkeit bei der Verwendung von Gas nicht verstehen … Ich bin sehr dafür, Giftgas gegen
unzivilisierte Stämme einzusetzen … Es ist nicht notwendig, nur die tödlichen Gase einzusetzen; es können auch solche sein, die große Unannehmlichkeiten bereiten und Schrecken verbreiten und doch keine bleibenden Schäden bei den meisten Betroffenen hinterlassen … Wir können nicht in jedem Fall der
Nichtverwendung von Waffen zustimmen, die in der Lage wären, eine schnelle Beendigung der an der Front
vorherrschenden Unordnung zu bewirken. Das Leben von britischen Bürgern könnte gerettet werden. Wir werden alle Mittel nutzen, die uns die Wissenschaft zur Verfügung stellt.«
So geht man als Brite mit Kurden und Afghanen um. Was geschah daraufhin? Das wissen wir leider nicht genau, weil die britische Regierung vor zehn Jahren mit einer »Politik der 87
offenen Tür« für den Bürger transparenter werden wollte, zuvor aber aus den öffentlichen Archiven alle relevanten Dokumente entfernen (und wahrscheinlich vernichten) ließ, die mit dem Luftkrieg gegen die Kurden und Afghanen in Zusammenhang standen.
Immerhin konnten die Briten nach dem Ersten Weltkrieg alle Versuche, den Luftkrieg gegen die
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