Power Down - Zielscheibe USA (German Edition)
strahlte sein massiger Körper bei jeder Bewegung pure Kraft aus. Auf dem rechten durchtrainierten Bizeps prangte die Tätowierung einer rot-grünen Schlange. Um den Hals trug er einen Verband. Seinen Kollegen, zumindest denen, die nachfragten, erzählte er, dass die Verletzungen von einem Sturz beim Mountainbiken herrührten. Ein schwerer Sturz auf einer Schotterpiste. Deshalb die Halsverletzung, das Hinken und die gebrochene Nase.
In Wirklichkeit konnte er von Glück sagen, dass er noch lebte. Der brutale Kampf mit Marks, den er um ein Haar verloren hätte, hinterließ seine Spuren. Er befand sich in einer üblen Verfassung. Der Umstand, dass Marks die Auseinandersetzung irgendwie überlebt hatte, nachdem er ihn zum Sterben zurückließ, machte Mahmoud reizbarer als sonst.
Mahmoud rollte seinen Eimer zum großen Universalbecken in der Ecke, hob ihn hoch, leerte ihn aus und wrang anschließend den Schrubber aus. Über dem Becken hing eine Uhr an der Wand. Sie zeigte 2:45 Uhr an.
Er verstaute den Schrubber und den Eimer, humpelte zu dem kleinen, fensterlosen Büro hinter der Spindreihe und klopfte an.
»Ja, Mahmoud?«, begrüßte ihn der Mann hinter dem Schreibtisch. Mahmouds Chef, John Garvey, leitete die Wartungsabteilung des Notre-Dame-Stadions.
»Vielen Dank, dass Sie sich Zeit für mich nehmen, Mr. Garvey.«
»Zum 100. Mal, nennen Sie mich John!«
»Entschuldigung, ja, John. Ich habe eine Bitte.«
»Um was gehtʼs?«
»Mein Onkel ist gestorben.«
»Tut mir leid, das zu hören.«
»Ich wollte fragen, ob ich heute früher gehen kann. Ich muss mir ein, zwei Tage freinehmen.«
»Wie viel früher?«
»Sofort.«
»Jetzt sofort?«, fragte Garvey. Er stockte. »Na ja, ich sehe nichts, was dagegen spricht. Wie viel Urlaub brauchen Sie?«
»Ich weiß nicht. Morgen definitiv. Wahrscheinlich bin ich übermorgen schon wieder zurück.«
Garvey tippte etwas in seinen Computer. »Sie haben seit über einem Jahr keinen Urlaub genommen.«
»Ich weiß.«
»Wenn Sie ihn nicht nehmen, verfällt er.«
»Ich weiß. Es ist bloß so ...«
»Verbringen Sie die Zeit mit Ihrer Familie. Am Donnerstag sehen wir uns wieder. Sollten Sie eine längere Auszeit brauchen, ist das auch okay.«
»Vielen Dank.«
Eine Dreiviertelstunde später stand Mahmoud auf dem Regionalflughafen von South Bend am Rand des Rollfelds von Atlantic Aviation. Neben ihm stand ein hochgewachsener, drahtiger Mann namens Ebrahim, der ebenfalls im Stadion arbeitete.
Mahmoud starrte auf den dunklen Asphalt der Landebahn und wartete. Ein kalter Tag, um die fünf Grad, aber sonnig.
In nördlicher Richtung konnte er die Silhouette eines Jets erkennen. Als der Flieger auf der Landebahn aufsetzte, wusste er, dass es sich um seine Maschine handelte. Die Gulfstream G450 besaß ein unverwechselbares Äußeres. Völlig schwarz glitt sie über den Asphalt. Das Geräusch, als die Triebwerke den Schub umkehrten, klang laut, aber zugleich beruhigend. Die Klappleiter senkte sich aus der Maschine und die beiden Männer liefen darauf zu und stiegen ein.
Mahmoud erklomm die Stufen als Erster. Er ließ seinen Blick durch die Kabine schweifen. Im rückwärtigen Bereich des Jets hockte Karim auf einem Ledersitz.
»Hallo«, sagte Mahmoud und nahm schräg gegenüber von Karim Platz. Ebrahim setzte sich schweigend neben ihn.
»Was ist denn mit dir passiert?«, erkundigte sich Mahmoud und starrte die Wunde über Karims Auge an.
»Haltʼs Maul«, sagte Karim. Er schaute aus dem Fenster. Nach einer Minute wandte er sich wieder um und nahm zum ersten Mal Mahmouds grüne und blaue, vom Bruch noch immer geschwollene Nase wahr, dazu den wie ein Schal um den Hals geschlungenen Verband.
»Bist du stark genug für das, was wir jetzt tun müssen?«
»Ich lebe noch.« Mahmoud blickte Karim fest an. »Das ist alles, was zählt.«
Die Gulfstream hob ab und nahm Kurs auf Havanna. Karim, Mahmoud und Ebrahim erhoben sich von ihren Sitzen und knieten sich auf den Boden, wandten sich der linken Seite des Flugzeugrumpfs Richtung Mekka zu. Während der nächsten 20 Minuten beteten sie.
Nach dem Gebet kehrten sie auf ihre Plätze zurück.
»Er ist in Havanna«, sagte Karim. »Wir wissen, wo er wohnt. Ihr folgt ihm, findet ihn und tötet ihn heute Abend. Keine Fehler.«
»Wer ist dieser Amerikaner?«
»Das brauchst du nicht zu wissen. Er stellt eine Bedrohung dar. So wie Marks, nur viel stärker.«
»Was soll ich mit ihm anstellen?«
»Er ist ein hochgewachsener Amerikaner mittleren
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