Power Down - Zielscheibe USA (German Edition)
dass der Kerl genauso schlimm verletzt war wie der andere. Die Beine des Fahrers schienen gebrochen zu sein. Das rechte Bein stand am Oberschenkel in einem üblen Winkel ab. Dennoch befand der kleinere Mann sich, wenn auch benommen und blutüberströmt, in etwas besserer Verfassung als der andere.
Dewey zog sie in eine sitzende Position hoch und lehnte sie gegen den Van. Der Scheinwerfer schien ihnen direkt ins Gesicht. Den Colt auf die beiden gerichtet, lehnte er sich neben dem Scheinwerfer an die verbeulte Kühlerhaube des alten Mercedes.
»Willkommen auf Kuba!«
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INTERNATIONALE KKB-ZENTRALE
Joshua Essinger steckte den Kopf durch die Bürotür.
»Hast du schon was?«, wollte er wissen.
Igor Karlov saß, den Rücken der Tür zugewandt, vor seinem Computer. Er gab keine Antwort, drehte sich noch nicht einmal um. Sein langes, blondes Haar trug er zurückgekämmt. Es bedeckte seine Ohren. Aus den Kopfhörern seines iPods dröhnte Exile on Main Street, so laut, dass man es bis zur Tür hören konnte.
Der Bildschirm vor ihm spulte in rascher Folge Text- und Zahlenreihen ab. Hin und wieder drückte Karlov eine Taste und tippte etwas ein, um sich gleich darauf wieder zurückzulehnen und zuzusehen, wie die Ausgabe des Scripts über den Bildschirm rollte.
Essinger trat hinter Karlov, griff nach unten und zog ihm die Stöpsel aus den Ohren. Mit gleichgültiger Miene blickte der Russe auf.
»Hi, Josh.«
»Wie läuftʼs?«, fragte Essinger.
»Es läuft.«
»Wie lange dauert es noch?«
»Das hier sind eine Menge Daten. Das nimmt einige Zeit in Anspruch. Ich musste das KKB-Netzwerk einspannen, um zusätzliche CPU-Kapazitäten anzuzapfen. Jeder Rechner, der gerade nicht eingeloggt ist, hilft mit. Ich habe sogar einen Kumpel bei EMC gefragt, ob ich eine ihrer Serveranlagen benutzen darf. Das sind nämlich verdammt viele Datensätze.«
Karlov streckte die Hand aus, drückte die Enter-Taste und tippte wie wild etwas in die Tastatur. Anschließend lehnte er sich wieder zurück.
Acht Stunden nach dem Meeting, das Essinger am Abend zuvor anberaumt hatte, lag ein Großteil der Daten vor: eine Liste aller mit der Energie-Branche in Zusammenhang stehender Handelsaktivitäten, die im Monat vor den Anschlägen über Morgan Stanley, Goldman Sachs, JPMorgan und Credit Suisse, die vier weltweit wichtigsten Makler, gelaufen waren. Die Informationen befanden sich in sicheren, mehrstufig verschlüsselten Datenbanken der jeweiligen Finanzinstitute. Mit dem Okay hatten sie nicht etwa eine riesige Datei beziehungsweise eine ganze Reihe großer Dateien erhalten, sondern vielmehr einen zeitlich begrenzten Zugang, im Grunde ein Passwort, das Karlov Zugriff auf die relevanten Einträge gewährte und es ihm erlaubte, sie aus den Datenbanken der vier Unternehmen zu kopieren.
Karlov hatte sich gezwungen gesehen, ein eigenes Programm zu entwickeln, das drei Zielsetzungen erfüllte: Es musste die Daten entpacken, in ein einheitliches Format bringen und dabei die großen, jedem Anleger offenstehenden 08/15-Investmentfonds ausschließen. Die Informationsmenge war gewaltig – über 17 Milliarden codierter Zeilen. Karlovs äußerst elegantes Script arbeitete umwerfend einfach und effizient, geradezu brillant. Überdies umfasste es weniger als 5000 Programmzeilen. Um ein solches Tool zu entwickeln, das Essingers Ansprüchen genügte, hätte eines der großen Consulting-Unternehmen wochenlang programmieren müssen. Karlov benötigte dazu keine vier Stunden.
Das Problem bestand darin, dass es zur Ausführung des Programms, das im Grunde nichts anderes als ein Filtersystem war – die brauchbaren mussten von den irrelevanten Daten getrennt werden – beinahe unvorstellbarer Rechenkapazitäten bedurfte.
»Von was für einer Zeitspanne reden wir?«
»Stunden, nicht Tage«, meinte Karlov.
»Wie viele Stunden?«
»Keine Ahnung. Aber wenn wir erst mal alle Datensätze haben, ist wirkliches Können gefragt. Wir müssen einen Force-Rank-Algorithmus entwickeln, der eine logische Verteilung aufzeigt. Das erledige ich, solange ich warte. Haben wir die Daten dann erst mal sortiert, sind wir in der Lage, sie auf bestimmte Ereignisse in den jeweiligen Institutionen zu reduzieren.«
»Okay, ich hab zwar kein Wort verstanden, aber halt mich auf dem Laufenden.«
»Ich nehme mal an, dass ich alle Firmen auslassen soll, die längere Zeit KKB- oder Anson-Aktien gehalten haben? Ich gehe mal davon aus, dass ein Unternehmen, das hinter den Anschlägen steckt,
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