Power Down - Zielscheibe USA (German Edition)
bewegen wie der Kopf einer Puppe, als sei er vom Körper losgelöst. Bismarck überprüfte die Anzeigen. Anschließend kehrte er zu Karim zurück. Er zog ihn am Ohr. Keine Reaktion. Er zog erneut.
»Sie verlieren ihn!«, schrie Dewey. »Er ist alles, was wir haben. Bringen Sie ihn nicht um!«
»Ich sagte Ihnen doch, Sie sollen den Mund halten«, stieß Bismarck, ohne auch nur aufzublicken, zwischen zusammengebissenen Zähnen hervor.
Er drehte sich um und zog Karim abermals am Ohr. Langsam schlug dieser die Augenlider auf.
»Da haben wir es doch«, meinte Bismarck. »Sind Sie jetzt dazu bereit, ein paar Fragen zu beantworten?«
In dem grellen Licht wirkte Karims Haut beinahe blau. Seine Augen waren nur noch zu einem Viertel geöffnet. Schweiß und Tränen liefen ihm übers Gesicht.
»Nur noch eine Frage, mehr nicht. Wer ist der Anführer? Wie heißt er?«
Karims Augenlider flatterten.
»Leben Sie wohl«, flüsterte er.
Aus dem Anzeigegerät drang ein schriller, gleichbleibender Ton, als Karims Herz zu schlagen aufhörte. Nulllinie.
Dewey stürzte vor. Der Agent zu seiner Rechten versuchte, ihn aufzuhalten, indem er das Bein ausstreckte, und machte Anstalten, ihn mit beiden Armen zu packen. Aber Dewey schob ihn einfach beiseite.
»Sie haben ihn umgebracht«, knurrte Dewey, während er am OP-Tisch anlangte und Karim auf die Brust hämmerte, verzweifelt bemüht, den Terroristen wiederzubeleben. Zwei Agenten packten ihn, einer links, einer rechts, und zerrten ihn weg.
»Du verdammter Metzger«, sagte Dewey, bemüht, die Agenten abzuschütteln, die ihn an den Oberarmen festhielten. »Er war alles, was wir hatten.«
»Man hat ihn speziell geschult«, erwiderte Bismarck. »Wenn einer wirklich sterben will, funktioniert keine Droge dieser Welt.«
Dewey wandte sich ab. Die Agenten ließen ihn los. Er musterte die Krankenschwestern und übrigen FBI-Beamten. Niemand sagte ein Wort.
Was wäre wohl geschehen, hätte er die Befragung selbst durchgeführt, auf seine Art? Dewey würde es nie erfahren. Er ging zum Ausgang des Terminals und hinaus in das Schneetreiben, das einem jegliche Sicht nahm.
48
J. EDGAR HOOVER BUILDING
FBI-ZENTRALE
Hector Calibrisi saß da und starrte wie gebannt auf den Bildschirm. Es war kurz vor Mitternacht. Das Bild auf dem Monitor zeigte einen Bürgersteig vor einem schlichten, aber trotzdem hübschen Häuschen im Kolonialstil. Calibrisi sah sich das Video bereits zum neunten Mal an. Aus heiterem Himmel kam auf dem Bildschirm ein Mann aus der Haustür. Er ging die Stufen der Außentreppe hinunter, genau auf die Kamera zu. Die winzige Aufnahmeeinheit, kaum größer als ein Kaubonbon, konnte er nicht sehen. Sie hing an einem Telefonmast. Der Mann entfernte sich über den gepflasterten Fußweg, bog nach links ab und verschwand außer Reichweite der Kamera. Calibrisi wandte sich an die Frau, vor deren Computer er saß. »Spiel das bitte noch einmal ab!«
»Okay«, sagte Ashley Bean. Sie verdrehte die Augen, klickte das Icon auf dem Bildschirm an und spulte den kurzen Clip zurück. Kurz vor der Stelle, an der der Mann das Haus verließ, startete sie die Wiedergabe erneut.
»Ist das Buck?«, fragte Bean.
»Ja«, bestätigte Calibrisi. »Unser Maulwurf.«
»Bist du sicher?«
»Nein, natürlich bin ich mir nicht sicher. Aber im Moment haben wir nichts außer ihm.«
»Warum siehst du dir die Aufnahme eigentlich immer wieder an?«
»Ich weiß nicht. Irgendetwas ist da, das mir keine Ruhe lässt. Bitte noch mal das Video von gestern.«
Bean klickte auf ein Icon in der Ecke des Monitors und spielte eine weitere Aufzeichnung ab, die exakt die gleiche Szene zeigte. Buck, wie er den Gehweg vor seinem Haus entlanglief. Abgesehen von der Farbe seines Anzugs – hier trug er einen grauen Anzug, auf dem anderen Mitschnitt einen blauen – ließ sich zwischen beiden Szenen so gut wie kein Unterschied erkennen.
»Jetzt wieder das Video von heute«, bat Calibrisi. »Tu mir den Gefallen!«
Bean klickte die Datei vom selben Morgen an. Calibrisi sah es nun schon zum elften Mal.
»Ich weiß nicht, was es ist, aber etwas stimmt da nicht«, murmelte Calibrisi. »Noch einmal, Ash.«
Jessica reichte dem Taxifahrer einen 20-Dollar-Schein und stieg aus. Sie hatte jedes Zeitgefühl verloren, so sehr nahm die Krise sie in Beschlag. Schon seit Tagen war sie nicht mehr aus dem FBI-Hauptquartier herausgekommen. Die kalte Luft, die an ihren Beinen entlangstrich, fühlte sich gut an. Sie schlenderte zwei Blocks
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