Power Down - Zielscheibe USA (German Edition)
innerhalb von Sekundenbruchteilen. Angesichts der gewaltigen Höhe und des Gewichts bekam man den Eindruck, als wollte jemand mit einem Päckchen Taschentücher einen Waldbrand löschen.
Als die Wände nachgaben, schossen Feuer, Hitze und Wind in die Abendluft von Bath hinaus, donnerten über die schmale Straße und in die Wohnviertel rund um das Industriegebiet.
All das spielte sich in weniger als zwei Sekunden ab.
Im »Cabin« hörte man das Getöse, und alle hielten einen Moment lang inne. Keiner wusste, was vor sich ging. Ihnen war lediglich klar, dass es sich um einen besonderen Augenblick handelte, den sie hier miteinander teilten. Jenen Augenblick, keine Sekunde nachdem David die beiden Drähte zusammengefügt hatte, keine Sekunde bevor eine 1000 Grad heiße Hitzewelle das kleine Restaurant dem Erdboden gleichmachte, während sich das Inferno wie entfesselt seine Bahn durch die von Schnee erfüllte Luft brach.
Bald stand der südliche Teil der kleinen Küstenstadt in Flammen. Eine Fläche von fast fünf Quadratkilometern ging in konzentrischen Kreisen rings um den Krater, an dessen Stelle sich die Stahlhütte befunden hatte, in einer Reihe wütender Brände unter.
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OLD DOMINION 17
ALEXANDRIA, VIRGINIA
Marks und Savoy stiegen in den schwarzen Toyota Land Cruiser, der auf dem Rollfeld vor dem Privatterminal des Reagan National Airports im Leerlauf vor sich hin tuckerte. Spinale saß am Steuer und raste aus dem Terminal Richtung Alexandria. Minutenlang sagte niemand ein Wort.
Im Radio liefen die Nachrichten, weitere Berichte über Long Beach. Sie lauschten ein paar Minuten, während Spinale mit Bleifuß der Stadt entgegenjagte. Schließlich beugte Marks sich vom Rücksitz nach vorne.
»Schalten Sie das Radio aus.«
Er öffnete eine lederne Aktentasche auf dem Sitz neben sich und entnahm ihr eine Wilson Combat CQB mit aufgeschraubtem Schalldämpfer. Er schob ein Magazin in die Waffe und starrte schweigend aus dem Seitenfenster.
»Sollten das nicht lieber Paul und ich erledigen?«, erkundigte sich Savoy vom Beifahrersitz aus. Marksʼ Antwort bestand in Schweigen. Savoy hielt es für besser, die Frage kein zweites Mal zu stellen.
»Ich frage noch einmal, nur um sicherzugehen, dass wir auch wirklich zu einer klaren Einschätzung gelangen«, sagte Savoy. »Wollen wir es Jessica Tanzer mitteilen, damit sie sich darum kümmern kann?«
Mehrere Augenblicke lang hielt Marks an seinem Schweigen fest. Schließlich hörte er auf, aus dem Fenster zu starren.
»Ich könnte hier sitzen und mir jede Menge Gründe ausdenken, weshalb wir es dem FBI nicht mitteilen sollten. Die könnten den ganzen Fall versauen. Die Sorte Anwalt, die der Kerl sich nehmen dürfte, zieht einem Staatsanwalt einfach das Fell über die Ohren. Das heißt, sofern es überhaupt zu einem Verfahren kommt. Wahrscheinlich schlagen sie ihm schon lange vorher einen Deal vor. Dann sitzt er ein paar Jahre in einem Knast ab, der nichts anderes als ein Country Club für ihn ist, oder er landet im Zeugenschutzprogramm und beschließt seine Tage auf einem Golfplatz in Arizona. Wahrscheinlich fielen mir noch ein paar weitere Gründe ein, weshalb wir das FBI außen vor lassen sollten.«
»Aber ...«, meinte Savoy.
»Aber der eigentliche Grund, weshalb wir Jessica Tanzer nichts sagen«, erklärte Marks mit aufkeimender Wut, »ist schlicht und einfach der: Gewisse Menschen verdienen es, zu sterben.«
Buck betrat das weiße Kolonialhaus durch die Hintertür. Grüne Fensterläden, zwei japanische Fächer-Ahornbäume im Vorgarten, dazwischen ein steinerner Fußweg.
Das Viertel trug den Namen Beverly Hills, ein Wohngebiet, nur wenige Kilometer von der Innenstadt Alexandrias entfernt. Hier wohnte die gehobene Mittelschicht: Anwälte, Ärzte, Finanzleute und einige Paare, die als Doppelverdiener beide im öffentlichen Dienst beschäftigt waren. Hier kannte man seine Nachbarn und konnte die Kinder ohne Angst mitten auf der Straße spielen lassen.
Niemand hielt sich im Haus auf. Seine Frau Debbie befand sich noch in der Schule. Sie arbeitete als Grundschullehrerin.
Im Obergeschoss schnappte Buck sich eine kleine Reisetasche und raffte hektisch ein paar Sachen zusammen, Toilettenartikel und Kleidung zum Wechseln. Anschließend trat er in den begehbaren Wandschrank des Schlafzimmers, zog einen Stuhl von der Wand heran, schob ihn unter die Deckenleuchte und hebelte die Metallfassung der Lampe auf, gerade so weit, dass seine Fingerspitzen hindurchpassten. Er zog
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