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PR 2634 – Terras neue Herren

PR 2634 – Terras neue Herren

Titel: PR 2634 – Terras neue Herren Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Hubert Haensel
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schmählich im Stich gelassen. Wusste Homer, was er da von mir erwartete?
    Mein MultiKom meldete sich.
    Earl Grey, las ich. Also doch.
    Der Anruf kam von der Space-Jet. Schwächste Sendeleistung und wieder abgesichert. Ich übernahm in Netzhautprojektion.
    »Der letzte Schritt kann eingeleitet werden«, sagte der Swoon Fanom Pekking. »Der Gleiter wird in den nächsten Minuten überstellt. Die aktuelle Situation kommt dem Vorhaben zugute, in dem Punkt wurde die Planung modifiziert.«
    »Ich weiß bislang gar nicht ...«
    Fanom Pekking ließ das Äquivalent eines menschlichen Lachens hören. »Der Earl hat mich darauf hingewiesen, dass du genau das sagen würdest. Er meint jedoch, dass dir keine andere Wahl bleibt.«
    »Ich hoffe, dass das erwartete Beben ausbleibt.«
    »›Nicht hoffen, sondern handeln‹, sagt der Earl. Das sei ein uraltes Prinzip aller, die gewinnen wollen. – Sieh dir die Aufzeichnung an! Wie schon betont: Die Situation kommt dir entgegen.«
    Die Projektion auf der Netzhaut veränderte sich. In dem Moment war es für mich, als stünde ich unmittelbar vor dem Gleiter. Ich erkannte die Maschine sofort: exakt das Standarddienstmodell, mit dem ich an Bord der LADY LAVERNA gekommen war. Sogar die Farbnuancen verrieten keinen Unterschied.
    Natürlich: Homer G. Adams war Perfektionist. Halbe Sachen lagen ihm nicht.
    Eine Leuchtmarkierung im Blickfeld zeigte mir, dass der MultiKom die Bildsendung gespeichert hatte und die Verbindung beendet war. Mit einem Blinzeln stoppte ich die Projektion und widmete mich wieder den Holos in der Zentrale der LADY LAVERNA.
    Die VENUS-II stand auf dem Landefeld. Ein Hangarschott im oberen Rumpfsegment hatte sich nahezu vollständig geöffnet. Aber außer einem Wartungsroboter, der den Schottrahmen inspizierte, war nichts zu sehen. Der Hangar selbst schien leer zu sein.
    Vielleicht für dreißig Sekunden stand das Schott offen. Dann zog sich der Roboter zurück, der Hangar wurde wieder geschlossen.
    Die Space-Jet hob vom Boden ab, drehte sich ein wenig und stieg schräg in den Himmel. Nach wenigen Augenblicken war sie aus der Direkterfassung verschwunden.
    Flint Surtland musterte mich nachdenklich. Sein Gesicht wirkte sogar noch ein wenig verzerrter als für gewöhnlich. Er hatte eine Trauermiene aufgesetzt, als wolle er mir kondolieren.
    »Die Übernahme ist vollzogen«, sagte er im Flüsterton. Niemand sonst war nahe genug, das zu verstehen. »Deflektor- und Antiortungsfeld haben jede Beobachtung verhindert. Der Hangar ist nicht zugänglich.«
    Ich erwiderte seinen Blick.
    Er lächelte. »Nur wir beide«, beantwortete er meine stumme Frage.
    Ich war weiterhin keineswegs von der Notwendigkeit dieser Vorgehensweise überzeugt. Vor allem dachte ich nicht daran, meine Freunde einfach im Stich zu lassen. Das hatte etwas von Verrat an sich, und dagegen sträubte sich alles in mir. Feige den Schwanz einzukneifen wie ein getretener Hund und in den Untergrund zu gehen, mit so einem Täuschungsmanöver musste ich alle Mitstreiter zutiefst kränken. Das war keinen Versuch wert, meinen Hintern zu retten.
    Ich ließ die aufgezeichnete Nachricht weiter ablaufen.
    »Das androide System wurde aufwendig hergestellt, es ist perfekt«, behauptete der Swoon. »Nur wenige Leute wissen davon. Odat Ganwary ist Mediker und Biodesigner; sein Können lässt auch das letzte Detail stimmig werden.«
    Ich hatte geglaubt, dass ich mich zwingen müsste, die Bilder anzuschauen. Aber dem war nicht so. Es fiel mir sogar überraschend leicht. Vielleicht, weil mich Ganwary eher ablenkte. Er war ein kleiner Terraner, und sein Kugelbauch zog meine Blicke mehr an als das von ihm erschaffene androide System.
    Der Mann war nicht zufrieden. Er veränderte, betrachtete sein Werk aus mehreren Blickwinkeln, veränderte wieder ...
    Schnitt. Der Swoon kam wieder ins Bild. Ausgiebig begutachtete Fanom Pekking die tiefe Verletzung im Bereich des linken Schlüsselbeins.
    Das androide System – eine Leiche.
    Meine Leiche!
    Die Ähnlichkeit war perfekt. Schließlich war der Tote aus meiner eigenen DNS entstanden. Hinter meinem Rücken und ohne mein Wissen. Eigentlich ein entsetzlicher Gedanke. Wie viele Reginald Bulls mochten in diesem Augenblick auf den Planeten des Solsystems herumlaufen? Oder weit entfernt in der Milchstraße. Bei einer solchen Perfektion eines toten Systems war es zweifellos möglich, Hunderte Reginald Bulls zu künstlichem Leben erstehen zu lassen. Warum hatte Homer das nicht in Erwägung gezogen?

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