PR 2658 – Die Stunde des Residenten

Titel: PR 2658 – Die Stunde des Residenten Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Verena Themsen

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über das Geländer der Galerie. Ein ausladendes Palmengewächs protestierte raschelnd und knackend, als er durch die Blätter rauschte. Knapp vor dem Boden des Parkgeländes schob er den Antigravregler ein Stück hoch, um den Fall besser abfedern zu können. Vermutlich hätten die Verstärkungen des SERUNS allein bereits ausgereicht, doch sicher war sicher.
    Die Camouflage-Funktion glich die Farbe des Anzugs dem satten Grün der Umgebung an. Mit noch immer reduziertem Gewicht huschte der Resident über ein Stück offenen Rasen, um schließlich in die Orangerie einzutauchen.
    In diesem künstlich angelegten Dschungel war es ein Leichtes, jeden Verfolger abzuhängen. Am Rand eines kleinen Sees wechselte er in ein Schilffeld und blieb stehen. Aus einer Seitentasche zog er sechs kleine Kügelchen. Mit schnellen Handgriffen aktivierte er die als Libellen getarnten Minisonden und stellte sie auf unterschiedliche Kurse ein. Jede bekam drei verschiedene Granatenchips an die Beine gesetzt. Sie würden sie nach einem zufälligen Muster fallen lassen.
    Sollten die Fagesy auf die Idee kommen, auszufächern, würden sie mehr Spuren finden, als ihnen lieb war.
    Die letzte Drohne stieg in die Luft. Bull sah ihr nach. Dann rannte er weiter.
    Noch zwei Mal schickte er Sonden aus, einige in den Park, andere in die angrenzenden Gänge. Sie waren darauf programmiert, in Richtung Eins-Eins vorzudringen. In dem zentral im Südwestpylon gelegenen Konferenzraum war das Kabinett immer zusammengekommen. Marrghiz und Chossom hatten ihn zu ihrer Zentrale gemacht.
    Sollen sie ruhig Angst haben, ich wolle ihnen ans Leder. Vielleicht hält mir das ihre Schergen vom Leib, während ich mein eigentliches Ziel verfolge.
    Ein Knall verriet, dass die ersten Fagesy den Park erreicht hatten. Kurz danach gingen die nächsten Granaten hoch, ein Heuler und einer der wenigen Blendchips, die ihm geblieben waren. Die meisten hatte er dem sorgfältig programmierten Ersatz-SERUN mitgegeben.
    Ich hoffe nur, dass jemand, der mit Sinneswaffen kämpft, selbst empfindlich gegen diese Überreizungen ist.
    Bull erreichte den Rand des Urwaldes. Einen Moment lauschte und spähte er. Schließlich hetzte er über ein weiteres Stück wohlgepflegten Rasens, sprang in ein Brunnenbecken und jagte quer durch den von einer Klippe herunterstürzenden breiten Wasservorhang.
    Nur wenige Meter neben ihm raschelte es im Gebüsch. Er blieb nicht stehen, um herauszufinden, ob es ein Tier oder eine Patrouille war. Geduckt schlug er einen Haken um den nächsten Baum, warf aus vollem Lauf einen Stein und wechselte erneut die Richtung. Er rollte sich unter eine Hecke, robbte tief hinein und lauschte.
    Wieder ging irgendwo ein Heuler los. Aufgeregte Stimmen klangen auf, wurden leiser.
    Plötzlich knackte es unmittelbar neben ihm.
    Reglos blieb er liegen und starrte auf den einzelnen Fagesy-Arm, der gerade in sein Blickfeld geraten war. Die memostrukturelle Rüstgeleithaut hatte sich der Form so perfekt angepasst, dass kaum zu unterscheiden war, wo das Rüstgeleit endete und wo der Fagesy anfing.
    Weiteres Rascheln und Knacken bewiesen, dass der Marschierer nicht allein war. Die Patrouille schob sich nur wenig Meter von Bull entfernt durch dasselbe Gebüsch, das er sich gerade als Deckung erkoren hatte.
    »Hier ist er auf keinen Fall«, hörte er den am nächsten stehenden Fagesy. »Was soll er so weit draußen? Ich sage dir, das ist bloß eines seiner Ablenkungsmanöver.«
    »Vielleicht ist es genau das, was wir glauben sollen«, widersprach ihm ein Kamerad ebenso leise.
    »Aber was will er hier? Wie eine Fluglikse die Glaswand hochkriechen?«
    »Keine Ahnung. Ich tue einfach, was der Takter sagt.«
    »Hast du die Ansprache von diesem Oachono gehört? Ich sage dir, wenn ich den in die Arme ...«
    Der Trupp hatte sich so weit entfernt, dass die Stimmen in den Umgebungsgeräuschen untergingen.
    Bull schob sich rückwärts tiefer in das Gebüsch, drehte sich um und spähte zur anderen Seite. Dort war es ruhig.
    Er verließ seine Deckung und nahm den nächsten Sprint vor, auf eine erhöhte Blumenrabatte zu.
    Ein lauter Ruf, gefolgt vom Rascheln und dem leisen Klackern der Rüstgeleite.
    Verdammte Ungeduld. Und verdammtes Pech. Warum müssen die sich immer im falschen Moment umsehen?
    Bull wechselte die Richtung, rannte geduckt an einem niedrigen Mäuerchen entlang. Ein neues Geräusch wurde über dem Rascheln, dem Knacken und den Vogelstimmen hörbar: ein Surren, das schnell lauter