PR 2667 – Der Diplomat von Maharani
selbst kümmern.«
Padmini presste einige Tränen hervor oder tat zumindest so, als müsste sie sich Feuchtigkeit aus den Augenwinkeln wischen. »Dieser Bengel ist unmöglich. Ich hätte große Lust, ihm den Jeffson-Anzug wieder weg-zu-neh-men, den ich ihm zum Geburtstag geschenkt habe. Weißt du, was er zu meinem Geschenk ge-sagt hat? – Gar nichts! Er hat bloß das Gesicht verzogen und sich dann in seinem Zimmer verkrochen. Das hat er von dir, Arun! Er muss doch einsehen, dass gute Kleidung das A und O im Geschäftsleben ist! Was bin ich doch gestraft mit Caio! Warum passieren solche Dinge immer bloß mir?«
Padmini schüttelte den Kopf und seufzte abgrundtief. »Sorg gefälligst dafür, dass Caio zu-rück-kehrt. Ich liebe ihn, aber wenn er wieder da ist, wird er mit den Konsequenzen für sein abscheuliches Verhalten rechnen müssen. Einfach so davonzulaufen. Ts ...«
Padminis Salbadern wollte und wollte kein Ende nehmen, und nicht zum ersten Mal empfand er Schuldgefühle dafür, seinen Sohn dieser schrecklichen Frau überlassen zu haben.
Irgendwann endete die Nachricht, angenehme Stille kehrte ein.
Joschannan schloss die Augen und erinnerte sich an Cyrja Antwan. An seine Lebensgefährtin, die viel zu früh verstorben und das völlige Gegenteil ihrer Mutter gewesen war. Ruhig und ausgeglichen, hingebungsvoll, aufmerksam, tiefgründig. Dennoch war ihre Beziehung irgendwann zerbrochen. Zerschellt an seinen damaligen Ambitionen, die mit Wirtschaft und Politik und damit zu tun gehabt hatten, dass er die Arbeit immer als das Wichtigste angesehen hatte.
War es mittlerweile anders?
Nein.
Und deshalb war ihm Caio ein Fremder geblieben. Ein Kind mit einem Namen, ohne sonderlichen Hintergrund, der ihm stets wie ein Fremder erschienen war.
»Ich schlage vor, dass du ihn besuchst.«
»Wie bitte?« Joschannan schreckte hoch und blickte Henar Maltczyk, seinen Sekretär, verständnislos an.
»Caio und seine zehn Leidensgenossen sind im Sudarshan-Hospital untergebracht.«
»Wie sieht es mit meinen Terminen aus?«
»Ich würde empfehlen, dass du sie verschiebst«, sagte Maltczyk mit leisem Tadel in der Stimme. »Solltest du mich darum bitten, könnte ich es so einrichten, dass weitere Besprechungen, ein Dinner mit plejadischen Wirtschaftsgrößen und eine daran anschließende Soiree mit einem deiner Vertreter stattfinden.«
»Ja, ich sollte dich darum bitten«, murmelte Joschannan.
»Wie bitte? Ich habe dich leider nicht verstanden.«
»Erledige das bitte für mich. Ich lasse mich entschuldigen.« Er stand auf, grüßte nach allen Seiten, ohne sich um die verwunderten Blicke seiner Mitarbeiter zu kümmern.
Er hatte schreckliche Angst. Er musste seinem Sohn gegenübertreten, diesem Fremden, der alles Recht aller Welten hatte, ihm Vorwürfe zu machen, ihn womöglich gar zu hassen. Der ein Sohn war, dem er kaum väterliche Gefühle entgegenbrachte. Der ihm nun, durch das Werk der Sayporaner, womöglich endgültig weggenommen worden war.
*
»Willkommen, Arun. Ich bin Doktor Faroz Khalai. Ich bin für die Behandlung der Jugendlichen zuständig ...«
»Wie geht es meinem Sohn?«, unterbrach Joschannan den Redefluss des Arztes. »Ich möchte ihn gleich sehen.«
Der dunkelhäutige Mann verzog das Gesicht wie im Schmerz. Er nahm die Datenbrille ab und rieb sich die Augen. »Wir müssen von vornherein eines klarstellen, Arun: Du bist hier als Angehöriger eines Patienten. Eines schwer kranken und traumatisierten Patienten, um genauer zu sein, dessen Physis und Psyche einer Tortur unterzogen wurden, über die wir kaum etwas wissen.«
»Das ist mir alles bekannt ...«
»Die Ärzte im Hanumappa-Reddy-Sudarshan-Hospital sind ausschließlich dem Wohlergehen der Kranken verpflichtet. Jeder, der diesen Gebäudekomplex betritt, hat sich dieser wichtigsten aller Regeln unterzuordnen.«
»Was heißt das im Klartext?«
»Caio befindet sich derzeit in Gesprächstherapie, anschließend werden einige Tests mit ihm durchgeführt. Danach ist Abendessen im Beisein der anderen Patienten. Dann darfst du deinen Sohn besuchen. Allerdings nur, wenn er damit einverstanden ist.«
Drei Stunden.
So lange würde er warten müssen, um Caio zu Gesicht zu bekommen. Er könnte einen Raum mit der notwendigen Infrastruktur in Beschlag nehmen und in der Zwischenzeit Geschäfte erledigen ...
Gashwa Perkat stand neben ihm, starr wie eine Statue. Oder? Täuschte er sich, oder hatte sie ihm tatsächlich einen vorwurfsvollen Blick zugeworfen?
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