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PR 2667 – Der Diplomat von Maharani

PR 2667 – Der Diplomat von Maharani

Titel: PR 2667 – Der Diplomat von Maharani Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Michael Marcus Thurner
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Konnte sie seine Gedanken lesen?
    »Das ist in Ordnung«, sagte Arun Joschannan. »Ich warte hier, bis Caio seine Sachen erledigt hat.«
    »Sehr gut.«
    »Habe ich dennoch einen kleinen Bonus als Erster Terraner?«
    »Einen kleinen.« Der Arzt lächelte gezwungen.
    »Hättest du etwas zum Lesen für mich, um die Zeit zu überbrücken? Ein Buch. Leichte Lektüre.«
    »Die Bibliothek ist ausgezeichnet sortiert. Und die Nutzungsgebühr für Gäste von außerhalb beträgt bloß wenige Galax.«
    »So wenig ist also mein Bonus als Erster Terraner wert?«
    »Er wäre mehr wert, könnte ich sagen, dass wir ausreichende finanzielle Mittel zur Verfügung gestellt bekommen. Doch die Fördertöpfe der Planetenregierung und der LFT sind schlecht gefüllt. Jahr für Jahr müssen wir um Geld betteln ...«
    »Reden wir nun über Politik?« Die patzige Art des Arztes machte Joschannan nervös.
    »Nein. Wir reden über Geld. Darüber, dass unsere Ärzteschaft Jahr für Jahr um Mittel betteln muss und nun ein Politiker vor mir steht, den ich für unsere Misere für mitverantwortlich halte. Und der mich bittet, ihm ein wenig Kleingeld zu erlassen.«
    Dunkle Augen starrten ihn an. Die Blicke wirkten weder vorwurfsvoll noch böse, sondern bloß unendlich müde.
    »Ich habe den Wink verstanden«, sagte Joschannan leise. »Und es tut mir leid, sollte ich überheblich gewirkt haben.«
    »Entschuldigung angenommen.« Faroz Khalai verbeugte sich höflich.
    »Aber ich habe noch eine Bitte.«
    »Ja?«
    Arun Joschannan rang nach Worten. »Mag sein, dass mich mein Sohn nicht sehen möchte. Es wäre schön, würdest du ein gutes Wort für mich einlegen.« Er schluckte. »Denn tatsächlich bin ich nicht als Erster Terraner hier, sondern als Vater. Als äußerst besorgter Vater, der mit seinem Sohn nie gut zurechtgekommen ist und dem manchmal die richtigen Worte fehlen. Vielleicht könntest du ihm das in meinem Namen sagen?«
    Der Arzt seufzte tief. »Ich werde sehen, was ich tun kann. Und du solltest die Zeit im Warteraum vielleicht damit verbringen, darüber nachzudenken, warum du einerseits mit Caio nicht sprechen kannst und andererseits auf der großen Bühne galaktischer Politik als unglaublich begabter Redner giltst. Vielleicht wäre es für dein Seelenheil besser, wenn es umgekehrt wäre.«
    »Ja.« Mehr fiel ihm nicht ein, mehr wollte Joschannan nicht sagen.
    Der Arzt verabschiedete sich und eilte davon, während der Erste Terraner den Hinweisen zur Bibliothek folgte. Er entrichtete brav seinen Obolus für die Entleihung eines Buchs, gedruckt auf Papierfolien, wie sie heutzutage kaum noch verwendet wurden. Er hatte »Gesang der Posbis«, die stimmungsvolle Schilderung eines Epsalers, der unter Robotern aufgewachsen war, vor etwa zwanzig Jahren angefangen und mangels Zeit bald wieder beiseitegelegt. Vielleicht würde Joschannan es diesmal schaffen, das Märchen für Erwachsene zu Ende zu lesen.
    Er blätterte durch das Buch, versuchte sich zu erinnern, wo er abgebrochen hatte und – begann dann von vorn.
    Bereits nach Seite drei kippte er zur Seite und schlief ein.
     
    *
     
    Er betrat das Krankenzimmer und dankte im Stillen dem Arzt, der ihn gewarnt hatte. Bizarre Bilder umgaben ihn; sie waren unruhig und zeigten einen Feuerfluss, der sich bis zum Horizont ausdehnte. Offenbar stammten die Aufnahmen von einem Lava-Rafter, der sich über die Flanke eines gewaltigen Vulkans in die Tiefe gewagt hatte. Arun Joschannan meinte, dampfende, grässliche Hitze zu spüren, als er ans Bett seines Sohnes trat.
    »Hallo, Caio!«, sagte er leise.
    Keine Reaktion.
    »Ich bin's. Arun. Dein Vater.«
    Wiederum reagierte der Junge nicht. Er starrte teilnahmslos gegen die Decke, die Hände hinter dem Kopf verschränkt. Einige Medoroboter, kaum größer als Mücken, umschwirrten ihn.
    »Ich habe jetzt erst erfahren, was geschehen ist. Du weißt ja, dass ich mit deiner Großmutter nicht sonderlich gut kann.«
    Caio bewegte die Lippen, ohne die Worte laut auszusprechen oder ihn anzublicken.
    »Ich kann dich nicht verstehen.«
    »Das konntest du nie.«
    Aruns Herz schlug lauter. Eine Reaktion! Faroz Khalai hatte ihn darauf vorbereitet, dass ihn sein Sohn voraussichtlich nicht erkennen würde.
    »Du weißt, wer ich bin?«
    »Du bist ein Nichts.« Caio drehte sich zur Seite, wandte sich von ihm ab. »Und Nichtse interessieren mich nicht.«
    Der Junge hatte seine Decke mit sich gezogen und seine Rückseite entblößt. Arun starrte auf einen knochigen Körper, der von

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