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PR 2668 – Neuntau

PR 2668 – Neuntau

Titel: PR 2668 – Neuntau Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Christian Montillon
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Neuntau gehört hatte, wunderte es ihn nicht, dass dieser sich über Sholoubwas Versagen offenbar amüsierte oder zumindest tiefe Genugtuung empfand.
    »Ich konnte es kaum glauben, als ich es sah«, sagte Neuntau. »Es irritierte mich – aber ihn noch mehr. Er versuchte alles, fluchte und schrie, musste aber schließlich aufgeben. Da war ich bereits auf dem Weg zur SCHRAUBE-B, um sie mir anzueignen, doch ich war zu langsam. Sholoubwa überholte mich und verließ den Planeten erneut. Ich vermochte ihn nicht aufzuhalten.«
    »Ich werde mein Versprechen erfüllen«, sagte Saedelaere. »Eroin, du hast es nicht mitbekommen, aber ...«
    »Ich weiß, Alraska«, antwortete der Zwergandroide zu seiner Verblüffung. »Wir nehmen Neuntau mit.«
    »Er hat es verdient, diesen Planeten endlich hinter sich zu lassen. Wir fliegen zurück ins Herz des Reiches der Harmonie. Das heißt, zuerst untersuchen wir natürlich die Baustellenplaneten, aber ich hege keine große Hoffnung, dabei etwas zu entdecken.«
    »Falsch«, sagte Neuntau. »Diese Untersuchung könnt ihr euch sparen.«
    »Weil wir dort deiner Meinung nach sowieso keine Spur zu Sholoubwa finden können?«
    »Wieder falsch. Sondern weil ihr nicht suchen müsst. Ich weiß, wohin der Konstrukteur damals geflogen ist.«
     
    *
     
    Nikomus Neuntau blieb nichts anderes übrig, als zu vertrauen. Keine einfache Aufgabe nach allem, was er erlebt hatte. Sholoubwa hatte ihn enttäuscht, ihn verletzt und mit Füßen getreten dafür, dass er ihm stets ein treuer Diener gewesen war.
    Nun schaute der alte Zwergandroide den beiden Besuchern hinterher und musste hoffen, dass sie zurückkehrten, wie es der Humanoide versprochen hatte. Alaska Saedelaere nannte er sich, ein eigenartig falscher Vorname, den Eroin Blitzer ständig korrigierte.
    Neuntau konnte in dieser Hinsicht sein Glück kaum fassen; ein Zwergandroide war zu ihm gekommen, jemand, der so war wie er. Von der Kosmokratenwalze LEUCHTKRAFT stammte er. Sosehr er auch in seinen Erinnerungen nach diesem Namen suchte, er wurde nicht fündig. Möglich, dass er schon davon gehört hatte, irgendwann, vor zu langer Zeit, als dass er sie sich noch einmal vor Augen zu halten vermochte.
    Doch dieser – sein Bruder – war alles andere als euphorisch gewesen.
    Und Neuntau wusste auch, warum.
    Aber er wollte nicht darüber nachdenken. Ihm war selbst nicht klar, was es in letzter Konsequenz für ihn bedeutete.
    Also wartete er ab.
    Vertraute.
    Und fürchtete sich.
     
    *
     
    Während sie dem Beiboot der -SHEYAR entgegenflogen, sprach Alaska Saedelaere seinen Begleiter über Funk an. »Warum hast du dich derart zurückgehalten, als wir auf Neuntau getroffen sind? Misstraust du ihm?«
    »Er ist ein Zwergandroide. Wieso sollte ich ihm misstrauen?«
    »Weshalb sonst hast du dich so verhalten?«
    Die verlassenen Häuser zogen unter ihnen dahin, Straßenzug um Straßenzug. Wieder überflogen sie das Leichenfeld der Technogarde; erneut sahen sie den zerstörten Teil der Stadt. Die Temperatur nahm ständig zu. Ohne Raumanzug wäre es zumindest für den Terraner schwer gewesen, sie zu ertragen.
    »Deine Frage ist sehr persönlicher Natur, Alraska.«
    »Ich verstehe es, wenn du nicht antworten willst. Ich muss nur wissen, ob du in Neuntau eine Gefahr siehst.«
    »Ich antworte dir«, sagte der Zwergandroide nach einer kurzen Pause. »Aber es kommt die Zeit, in der ich vielleicht eine Gegenleistung dafür erbitte.«
    »Oder in der du sie fordern wirst?«
    »Ich kann von dir nicht fordern, was ich dir nun freiwillig gebe. Aber wenn ich darum bitte, dass auch du einen Teil deiner verborgenen Seele vor mir öffnest, erinnere dich an diesen Augenblick.«
    Saedelaere schaute zu dem Kleinen hinüber, der neben ihm dahinflog, nun über den Dächern der gedrungenen Gebäude am Rand der Stadt. Mit einem Mal verstand er, wovon Blitzer auf diese umständliche Art sprach.
    Und in der Tat, der Zwergandroide hatte recht: Vertrauen und Freundschaft konnte man nicht einfordern.
    »Ich verstehe«, sagte Saedelaere, »und ich werde mich daran erinnern.«
    »Als ich Neuntau sah, erkannte ich meine eigene Vergänglichkeit. Ich bin kein durch reinen Paarungszufall entstandenes sterbliches Wesen, Alraska, aber es kommt offenbar die Zeit, in der auch ein Zwergandroide zerfällt und seinem Ende entgegensieht. Ich habe noch nie einen gesehen, der auf diese schreckliche Weise dem Vergehen entgegendämmert und sich dabei in seine Einzelteile auflöst. Er hatte einen Finger

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