PR 2672 – Kosmische Agonie

Energieversorgung. Nur die Lebenserhaltung ist noch besser vor Ausfall geschützt.«
    »Danke«, sagte Ollaron. »Leutnant Arsith, frag nach, ob auch andere Schiffe diesen Effekt erlebt haben. Wenn ja, sollen die betroffenen Schiffe ihre gewonnenen Daten an unsere Wissenschaftsabteilung übermitteln. Vielleicht erhalten wir so ein klareres Bild und können das in Zukunft unterbinden.«
    »In Arbeit, Kommandantin.«
    Alles in allem dauerte es eine halbe Stunde, bis die Ordnung wiederhergestellt war und alle Meldungen vorlagen.
    Ollaron studierte die Statusberichte der anderen Schiffe. Drei Schwere Kreuzer fehlten. Alle waren am Rand des Verbandes positioniert gewesen. Die Vermutung lag nahe, dass sie durch einen kleinen Manövrierfehler im Linearraum vom Sextadimfeld abgebremst worden waren.
    Zu schnell gestartet oder zu ungenau manövriert für die Größe der Lücke. Die Quittung für meine Ungeduld? Egal. Es darf keine weiteren Fehler dieser Art geben.
    Unsicherheit war das Letzte, was sie sich jetzt leisten konnte. Sie hatte so viel Puffer gelassen, wie die Positronik empfohlen hatte. Unter den herrschenden Umständen entzog sich das eine oder andere der Kontrolle.
    »Sämtliche umgebungsbezogenen Ortungsdaten an die Relaisboje senden. Dazu eine Rückfrage nach der ONAKO, der UNICORN und der MANDERSCHEID!«, ordnete sie an. »Nächste Linearetappe einleiten, maximale im Verband mögliche Beschleunigung!«
    Falls die Schiffe tatsächlich zurückgeblieben waren, würde die Rückmeldung beim nächsten Linearraumaustritt erfolgen. Falls nicht, konnte man nur hoffen, dass sie sich selbst zurück zum Solsystem durchschlagen konnten.
    Die nächste Linearetappe begann. Ohne Schwierigkeiten glitt die ZHENG HE in den Zwischenraum.
    Ollaron nutzte die Zeit relativer Ruhe und betrachtete die aufbereiteten Messdaten aus der Anomalie. Was sich vor ihr entfaltete, war ein Weltuntergangsszenario. Aufrisse und Hyperraumstürme entstanden anscheinend aus dem Nichts. Dazu die bekannten lokal auftauchenden Gravitationsinstabilitäten sowie weitere Gravitationseffekte, die wie Stauchwellen das kleine Universum durchliefen.
    Es schien, als sei es zum Sterben verurteilt, noch ehe es richtig gelebt hatte.
     
    *
     
    Ollaron studierte die Kurzeinträge im Logbuch.
    15.30:
    Drei Schiffe im Solsystem zurückgeblieben. Starke Probleme mit Energiefluktuationen im ganzen Verband.
    16.30:
    Energiefluktuationen lassen endlich nach. Starker Hinweis auf Zusammenhang mit Abstand von der Sextadimblase.
    18.50:
    Teilweise schwere Schäden als Folge von Nirwana-Effekten auf zwei Schweren Kreuzern, einem Schlachtkreuzer und einem Schlachtschiff. 48 Verletzte, keine Toten. Drei Schlachtkreuzer und ein Schwerer Kampfkreuzer zur Reparaturunterstützung und Bedeckung mit den Schiffen zurückgelassen. Sie werden nach erfolgten Reparaturen folgen.
    23.25:
    Starke Hyperfunkstörungen erschweren zunehmend die Kommunikation im Verband. Aufteilung des Verbandes und Festlegung versetzter Etappen, um dichtere Kette von Hyperfunkrelaisbojen zu ermöglichen. Kommandoübergabe Teilverband an Kommandant der NADDUDDO. Liste der zugeteilten Schiffe angehängt.
    Das war ihr eigener letzter Eintrag des Vortages gewesen. Eigentlich erstaunte es sie, dass sie danach so ruhig acht Stunden lang hatte schlafen können. Aber nachdem sie bereits seit dem frühen Morgen auf den Beinen gewesen war, hatte der Körper wohl einfach sein Recht eingefordert.
    Mossi wirkte ruhiger als sie, entspannter. Sie hatte ihn schlafen geschickt, als sie selbst sich nicht dazu in der Lage gefühlt hatte, und ihm um Mitternacht das Kommando überlassen.
    01.45:
    Ortung meldet Anzeichen für Entstehung eines starken Hypersturmes in Richtung Sol. Über Hyperfunkrelais Befehl an zurückgebliebene Einheiten abgesetzt, nach Ermessen Schutz zu suchen und gegebenenfalls umzukehren.
    Ollaron nickte. Sie hätte nicht anders entschieden. Sie waren nicht auf einem Eroberungsfeldzug, sondern einer Erkundungsmission. Und da sie damit rechnen mussten, unterwegs Verluste zu erleiden, hatte sie einen für diesen Zweck relativ großen Verband zusammengestellt.
    04.22:
    Bei Verlassen des Linearraums nahe der Zielsonne breite Akkretionsscheibe aus Trümmern vorgefunden. Vermutung Wissenschaftsabteilung: aufgrund von Gravitationseffekten zerstörtes Planetensystem. Mittlere Schäden an einem Schlachtkreuzer, da Schirmgeneratoren instabil arbeiten. Im Ortungsschutz der Sonne zurückgelassen. Neue Zielsonne