PR 2678 – Das Windspiel der Oraccameo
man im Obersten Rat zu diesem ... Zufall sagen? Das ist völlig unglaubwürdig!«
»Glaubwürdig ist stets das, was man die Leute wissen lassen möchte. Täuschung, Lug und Betrug – muss ich dir denn erzählen, dass diese Dinge Handwerkszeug eines Obersten Herrn sind?«
»Natürlich nicht.« Wörgut Gooswart starrte ihn an, die Kapuze wurde von einem sanften Windzug umfächelt. »Ich mag den Ton nicht, in dem du mit mir sprichst, Fogga!«
»Verzeih mir, Halter.« Er ließ einige Blasen der Entschuldigung aufsteigen. »Es ist bloß der Überschwang. Ich bin mir sicher, dass dieser Plan aufgeht, und er würde viele unserer Probleme beseitigen. Zumal dir der Oberste Herr zu Dank verpflichtet wäre.«
Wörgut Gooswart winkte mit einer Hand. »Geh jetzt und stör mich nicht länger! Ich muss nachdenken. Einen genauen Plan ausarbeiten.«
Fogga gehorchte und zog sich zurück. Rückwärtsgehend, wie stets. Das Blubbern seines Schaumhaars intensivierte sich, sobald er den Aufenthaltsraum des Kriegsministers verlassen hatte, er war zufrieden.
Erstaunlich. Gooswart ließ sich immer mehr fallen, zeigte kaum mehr eigenen Gestaltungswillen. Fogga legte ihm Worte in den Mund, gab ihm Ideen und Taktiken vor, und der Kriegsminister befolgte sie.
Er opferte drei große Gedankenblasen und ließ sie so hoch wie möglich steigen, bevor sie zerplatzten, nur noch durch feinste Verbindungshärchen mit seinem Kopf verbunden. Das Gefühl war berauschend und ähnelte dem, was ein Oraccameo empfand, wenn er Alkohol zu sich nahm.
*
Die Sicherheitsvorkehrungen in der Tonne des Obersten Herrn entsprachen keinesfalls mehr jenem Standard, den sie einmal gehabt hatten. Tion Youlder hatte den Energieschirm abgeschaltet, die Falciden blieben im Hintergrund.
Sie saßen nun gemeinsam zu Tisch, um ein karges Würfelmahl zu sich zu nehmen.
Maran Dana Fogga hielt sich im Hintergrund, wie immer. Er nahm an der Längsseite der Sicherheitstonne Platz und hörte den beiden Oraccameo zu.
»Selten hat mir eine Ratssitzung derartigen Spaß gemacht«, sagte Tion Youlder und lutschte laut schmatzend an seinem Suppenwürfel. »Cofirazi Marturias Versuche, mich festzunageln, gingen völlig ins Leere. Er hatte keinerlei Beweise vorzubringen! Alles, was er anbieten konnte, waren Zeugenaussagen unterer Chargen jener Wissenschaftsflotte, die das Experiment bei Tairmino begleitet hatte. Kein hochrangiger Offizier wollte gegen mich aussagen und seine Karriere ruinieren und auch kein Mitglied der Schutztruppen. Ausgezeichnet, Gooswart, ausgezeichnet!«
»Ich weiß, was ich meinem Obersten Herrn schuldig bin.« Der Kriegsminister ließ sich mit dem Essen Zeit.
»Du weißt, dass ich dir immer noch misstraue?«
»Selbstverständlich.« Gooswart deutete eine Verbeugung an.
»Aber du hast viel riskiert, indem du für mich Position bezogen hast. Wir sind nun miteinander verbunden, auf Gedeih und Verderb.«
»Ja.«
»Warum hast du das getan? Du hättest die Situation nutzen und der lachende Dritte sein können, während Marturia und ich uns auf diplomatischer Ebene bekriegten.«
»Ich halte viel von Loyalität, Oberster Herr. Und ich bin der Meinung, dass die Versuche mit dem Bewusstseins-Kollektor wichtig sind. Das Gerät muss eines Tages funktionieren! Es braucht bloß ein wenig mehr Zeit. Auch, um das Volk der Oraccameo auf eine Vergeistigung vorzubereiten. Um Gedanken an eine mögliche Allmacht unseres Volks einsickern zu lassen. Eine, die die Ewigkeit überdauert. Das Reizwort Unsterblichkeit muss stärker propagiert werden, und irgendwann ...«
Tion Youlder leckte seine Finger ab. Er sah nicht hoch, als er sagte: »Du weißt, dass ich nur noch wenig Zeit habe. Vielleicht einige Jahre, nicht mehr.«
»Hättest du nicht eine derartige Phobie vor der Berührung mit anderen Oraccameo, könnten die Ärzte deinen Alterungsprozess besser in den Griff bekommen, ihn aufhalten oder zumindest abbremsen. Du weißt, was die moderne Medizin zu leisten imstande ist.«
»Ich habe im Laufe meiner politischen Karriere mehr als dreißig Attentate überlebt. Und zwar nur deshalb, weil ich größtmögliche Sicherheitsvorkehrungen getroffen habe. Jeder Arzt könnte ein Agent Marturias oder eines anderen Neiders sein, der mir die Kapuze herunterreißen möchte. – Nein. Ich denke nicht daran, die Sicherheitstonne zu verlassen!«
»Mein persönlicher Leibarzt ...«
»Nein! Du hast zwar bewiesen, dass du auf meiner Seite stehst. Aber deswegen sind wir noch lange
Weitere Kostenlose Bücher