PR 2697 – Der Anzug der Universen
aber völlig fremd klingender Stimme. »Von Anfang an. Die paranoide Furcht vor Fremden, die zu Hass wurde, die Masken ... Craton, ich habe die Rolle der Unharmonischen völlig verkannt.«
»Aber Exzellenz!« Yukk wollte ihm sagen, dass er das doch nicht erfunden hatte. Vor ihm waren es Dutzende Kanzler gewesen, ein ganzes Reich. Sie alle hatten nicht anders gelebt, und es war TANEDRARS Wille gewesen.
»Damals hätte ich noch die Möglichkeit gehabt, alles in rechte Bahnen zu lenken, als Ganish explodierte und einen Jetstrahl ins Nichts blies.«
Yukk fuhr zurück. Ganish – das war etliche Gai vor Melwai Vedikk gewesen.
Der Kanzler fieberte und fuhr in seiner Lebensbeichte fort. Dabei entfernte er sich immer deutlicher von seinem tatsächlichen Lebenslauf.
Craton Yukk stellte Zwischenfragen. Der Kanzler antwortete, aber sie redeten aneinander vorbei. Der Erkenntnis, dass Vedikk ihn nicht verstand, folgte die Einsicht, dass es gar nicht um das Leben von Melwai Vedikk ging.
»TANEDRAR!«, entfuhr es Yukk. »Du sprichst zu mir.«
»Die Zeit lässt sich nicht zurückdrehen«, fuhr die Stimme fort. »Nicht einmal für mich.«
Yukk lauschte dem Tonfall nach. TANEDRARS Stimme klang melancholisch und leicht depressiv.
»Es gibt nur eine Möglichkeit, das alles zu beenden und die Bewohner von Escalian zu schützen ... zumindest vor dem Schlimmsten zu bewahren, dem endgültigen Untergang ... Diese Möglichkeit muss ich in Betracht ziehen, so schmerzhaft sie auch für die Bewohner von Escalian sein wird. Kanzler Melwai Vedikk und du, Craton Yukk, ihr habt versucht, das Reich der Harmonie zu retten und die Ordnung wiederherzustellen. Deshalb sollt ihr auch die Ersten sein, die meine Entscheidung erfahren ... Lebt wohl ...«
Craton Yukk hörte die Worte, aber er wollte sie nicht glauben. »Welche Entscheidung? Was meinst du? Gib mir ein Zeichen! Oder sprich weiter!«
TANEDRAR antwortete nicht. Yukk sah, wie sich der Körper des Kanzlers versteifte und sich der Hintern aus dem Sessel hob. Ein kaum sichtbarer Schemen löste sich aus Vedikks Körper. Erst glaubte Craton Yukk, dass es sich um die Manifestation der Superintelligenz handelte oder dessen, was von ihr übrig war. Dann begriff er, dass es schlimmer war, viel schlimmer.
Er spürte es jetzt auch in sich selbst. Er sah den Schemen schräg über sich, wie er schrumpfte und verschwand, als sauge jemand ihn mit einer Röhre aus seinem Innern.
Der Splitter! TANEDRAR holte seine Splitter!
Was immer es bedeutete, für Craton Yukk war es furchtbar. Es tat weh, verdammt weh. Nicht körperlich, sondern seelisch. Der Splitter riss aus seinem Herzen, aus seiner Seele. Etwas, das unzertrennlich zu ihm gehört, wurde entfernt.
Craton Yukk merkte, wie er nach hinten kippte. Er wollte sich abstützen, aber sein Körper war steif wie ein Brett. Es waren die großen Hände mit dem Spiralblock, die ihn auffingen und zu Boden gleiten ließen. Der Herzog lag auf dem Rücken und starrte die ziselierte Decke an, die endlos weit entfernt schien.
Es konnte unmöglich TANEDRAR sein. Die Superintelligenz würde so etwas nie tun. Es musste sich um QIN SHI handeln. Aber wieso hätte QIN SHI ihm Dinge erzählt, die eindeutig zu TANEDRAR gehörten?
Craton Yukk wusste nicht, wie lange er so lag und einfach nur die Decke anstarrte. Es war logisch – und doch unvorstellbar. Wie konnte so etwas nur geschehen?
TANEDRAR sammelte seine Splitter ein. Bestimmt nicht nur bei ihm und dem Kanzler, sondern bei allen Harmonischen in Escalian.
Nein, er konnte das nicht begreifen und nicht akzeptieren. TANEDRAR hatte ihm aber auch gesagt, warum er es tat. Er bewahrte die Bewohner damit vor dem Schlimmsten, was es gab: vor dem endgültigen Untergang.
Craton Yukk war ganz sicher nicht allein, dem ein Teil seines Ichs fehlte. Er sprang auf, beugte sich über Vedikk, der blinzelte, sich aber sonst nicht bewegte.
»Ich muss weg, zur Funkanlage. Escalian muss es erfahren.«
Als wenn das Wissen ein Trost hätte sein können. Milliarden Wesen unterschiedlicher Herkunft und Art erging es in diesen Augenblick wie ihm und dem Kanzler.
Leere, die schlimmer war als das Gefühl beim Aufbruch, wenn einer der vier Teile TANEDRARS sich auf die Wanderschaft machte. Der Aufbruch war schon schlimm genug, aber das hier war das Ende für viele.
Craton Yukk rannte hinaus, hinter dem Roboter her, die Treppe an der linken Seite des Palasts hinauf bis zu der steinernen Kuppel, in der die Anlage untergebracht war. Die
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