PR 2700 – Der Techno-Mond
sich ihr nicht erschloss, wie er das meinte. Aber sie beließ es dabei, wechselte zu einer anderen Auswertung.
»Auch die Theorie, dass wir es mit einem Zeitrafferfeld ähnlich wie seinerzeit um Trokan zu tun haben könnten, taucht oft auf. Gemeint ist die Idee, dass die Mondbewohner einer vielfach beschleunigten Eigenzeit ausgesetzt gewesen sein könnten, mit der Folge, dass sie sich vom Homo sapiens recens wegentwickelt und das Technogeflecht selbst hervorgebracht haben.«
Auf einmal waren alle Blicke auf Perry Rhodan gerichtet. Vermutlich, weil er der Einzige im Raum war, der die Ereignisse um Trokan vor dreihundert Jahren leibhaftig miterlebt hatte.
Er schüttelte den Kopf. »Naheliegend, aber unwahrscheinlich. Das Phänomen lässt sich mit den Ereignissen um Trokan nicht vergleichen.«
»Das sehen unsere Auswertungen genauso«, warf Sichu Dorksteiger ein.
»Es wäre sinnvoll, solche Erkenntnisse verstärkt zu publizieren«, empfahl die Sozio-Analytikerin mit mildem Tadel. Sie wechselte das Diagramm aus. »Die Zahl der Auswanderer war in den letzten Wochen leicht rückläufig, aber es ist noch zu früh, um sagen zu können, ob der Trend vorbei ist. Es könnte auch an den gestiegenen Transportpreisen, zeitweiligen Einwanderungsstopps wegen organisatorischer Probleme auf einigen Welten und dergleichen liegen.«
Rhodan betrachtete das Diagramm, das die Auswandererströme darstellte. Man hatte nach dem Auftauchen des so dramatisch veränderten Mondes zeitweise eine komplette Evakuierung der Erde in Betracht gezogen; ein Volksbegehren hatte gar eine allgemeine Abstimmung darüber erzwungen. Dabei hatten die Terraner und wahlberechtigten LFT-Bürger der Erde mit einem deutlichen »Nein« votiert, was aber bislang fast eine Milliarde Menschen nicht daran gehindert hatte, sich in Eigenregie zu evakuieren.
Die Bevölkerung Terras war in den vergangenen zwei Jahren von 5,34 auf 4,40 Milliarden gesunken, mit bevölkerungspolitischen Konsequenzen, welche die Professorin aus Vancouver nun ausführlich erläuterte: Da überdurchschnittlich viele junge Menschen und Familien auswanderten, veränderte sich die demografische Zusammensetzung ganzer Regionen, verwaisten Schulen und Kinderstätten, fehlten vielerorts Fachkräfte.
»In absehbarer Zeit wird man darüber nachdenken müssen, Städte, die nur noch zu Teilen bewohnt sind, aufzugeben und diejenigen, die geblieben sind, umzusiedeln«, warnte sie.
Es wäre besser, in absehbarer Zeit das Problem Luna zu lösen, sagte sich Rhodan. Er wechselte einen Blick mit Sichu Dorksteiger, die, ihrem Gesichtsausdruck nach zu schließen, dasselbe dachte.
»Was ist mit denen, die entschlossen sind zu bleiben?«, fragte die Solare Premier, die bis jetzt mit gefurchter Stirn zugehört hatte.
»Die Bevölkerung ist nach wie vor ruhig. Es herrscht Angst um Angehörige und Freunde auf dem Mond, ja, bis hin zu Trauer bei denen, die das Schlimmste befürchten – aber keine Anzeichen einer Massenhysterie.« Die Sozio-Analytikerin strich sich eine weiße Strähne aus den Augen. »Man geht weitgehend rational mit der Bedrohung um. Die Terraner sitzen allerdings auf gepackten Koffern – die von den staatlichen Stellen angebotenen Notfallausrüstungen sind stark nachgefragt worden, Führungen durch die subterranen Bereiche der Städte sind so gut besucht wie nie, die Teilnehmerzahlen aller Arten von Notfallkursen hoch. Nach unseren Befragungen wissen selbst ausgesprochen staatskritisch eingestellte Bürger Bescheid, wo und wann im Notfall Raumschiffe starten oder welchem Transmitter sie sich anvertrauen müssen.«
»Herrscht eher Besorgnis oder eher Angst?«, wollte Cheung wissen.
»Besorgnis. Eindeutig. Die, die Angst haben, sind schon gegangen.«
»Ist allgemein bekannt, dass wir versucht haben, den Mond in einen umgreifenden Paratronschirm zu hüllen, dass der Repulsor-Wall aber hochwertige Schirme destabilisiert?«
»Ja, das wissen die meisten. Vor allem in den Regionen, wo die Destabilisierungseffekte zu Schäden geführt haben – Neuguinea, Nordaustralien, Hawaii, Japan und so weiter. Dort laufen im Trivid immer wieder Dokumentationen der Vorfälle und Hintergründe.«
Die Professorin sammelte ihre Folien ein. »Momentan ist meines Erachtens auf politischer Ebene nichts zu befürchten. Die Menschen – das gilt auch weitgehend für die nichtmenschlichen Bürger – gehen gefasst mit der Gefahr um. Auf lange Sicht sieht es allerdings anders aus. Wir haben es bei dem
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