PR 2701 – Unter der Technokruste

lagen zehn Fremdwesen in bunten Gewändern, und Perry Rhodan konnte nicht fassen, dass er auf sie zielte.
    Sie schliefen.
    Nein, nicht alle. Neun von ihnen schliefen, einer wachte. Und dieser eine schaute sie an, mit weit aufgerissenen Augen. Es hätte Shandas vorheriger Erklärungen gar nicht bedurft. Der Terraner konnte auch so die fremde Mimik des kleinen Wesens, das ihm gerade bis zum Bauchraum reichte, intuitiv lesen: Es hatte Angst.
    Was allerdings nicht hieß, dass es nicht gefährlich war, so harmlos die Situation wirken mochte.
    Die Wesen hatten zwei Arme und zwei Beine, waren überhaupt in den meisten Details des Körperbaus humanoid, das Gesicht ähnelte von seiner grundlegenden Aufteilung her sogar einem Terraner. Der Kopf war jedoch sinnverwirrend groß im Verhältnis zum Körper und von einer Haarflut umrahmt. Die Gesichtshaut blieb haarlos und glänzte lackschwarz, erinnerte Rhodan an poliertes Ebenholz.
    Auf der Stirn der Fremden lag ein rundes Schmuckstück – oder gehörte es zum Körper? War es ein Organ? Die Vermutung lag nahe, denn als sich das stehende Wesen bewegte, kräuselte sich der hellrote Fleck über den goldfarbenen Augen. Aus dem Hinterkopf wuchsen zwei spitze, handgroß aufragende Ohren.
    Die Mundpartie sprang vor. Unverständliche Laute sprudelten den Eindringlingen entgegen.
    »Ihr müsst euch vor uns nicht fürchten«, sagte Perry Rhodan, mit dem Strahler in der Hand. Sofort bemerkte er den inneren Widerspruch und senkte die Waffe. Er versuchte sich in die Lage dieser verängstigten Wesen hineinzuversetzen.
    Neun der zehn Wesen schliefen weiter, während der Letzte sich nun hektisch hin und her bewegte. Die Ohren drehten sich dabei. Alle trugen schreiend bunte Gewänder; bei den Schlafenden waren sie teilweise hochgerutscht und entblößten die ebenfalls lackschwarzen, leicht behaarten Beine.
    »Wir sind nicht eure Feinde«, versicherte Rhodan und hoffte zugleich, dass dies tatsächlich stimmte. An ihm zumindest sollte es nicht liegen. »Unsere Translatoren arbeiten daran, eure Sprache zu übersetzen. Bitte rede weiter.« Je mehr Sprachmaterial die Geräte aufnahmen, umso schneller konnte es zu einer echten Verständigung kommen.
    Ob die Fremden ihn wohl verstanden? Einerseits schien es unmöglich, andererseits gehörten diese Wesen mit einiger Wahrscheinlichkeit zu jenen, die Terra aus dem Schutz des Technogeflechts heraus schon seit langer Zeit beobachteten und daher zweifellos Interkosmo beherrschten.
    Nur passte das Verhalten dieser kleinen Humanoiden so gar nicht zu den Aggressoren und Invasoren, die der Aktivatorträger erwartet hatte. Hatten die Menschen die ganze Situation gründlich missverstanden? Wussten diese Fremden vielleicht selbst gar nicht, was mit ihnen geschehen war?
    Je länger er darüber nachdachte, umso plausibler erschien ihm diese Annahme. Möglicherweise standen die Fremden dem Technogeflecht ebenfalls hilflos gegenüber. Es war möglich, dass sie allein deswegen nicht auf Kontaktanfragen von Terra aus reagiert oder von sich aus keinen Kontakt hergestellt hatten, weil sie es nicht konnten.
    Gleichzeitig bremste Rhodan seinen Enthusiasmus. Er wollte eine friedliche Lösung dieser Gesamtsituation – aber das hieß keinesfalls, dass er sie bekommen würde. Er durfte sich keine falschen Hoffnungen einreden. Denn dass die STARDIVER sofort und ohne Warnung abgeschossen worden war, sprach eine ganz andere Sprache.
    »Dieser eine ist der Pyzhurg«, sagte Shanda plötzlich neben ihm. »Der ... Wächter.«
    Dasselbe vermutete Rhodan ebenfalls. »Er sorgt dafür, dass den anderen aus seiner Gruppe nichts geschieht. Er beschützt sie, während sie schlafen.« Ein ähnliches Verhalten kannte er von irgendwelchen terranischen Tieren. Wie hießen sie doch gleich? Sehr schreckhafte und ängstliche, aber ebenso possierliche Tierchen, die er als Kind gerne im Zoo beobachtet hatte. Sie waren schon lange ausgestorben, wenn er sich nicht irrte.
    Das Gewand des kleinen Wesens schleifte über den Boden; ein kratzendes Geräusch. Es redete weiter, doch die Translatoren konnten noch nicht übersetzen. Plötzlich stieß es schrille Schreie aus, und die übrigen neun erwachten.
    Rhodan blieb wachsam. Er durfte sich nicht täuschen lassen. Niemand wusste, über welche Kräfte diese Fremden verfügten, ganz gleich, wie harmlos sie wirkten. Das Äußere ließ bei einem unbekannten Sternenvolk keinerlei Rückschlüsse auf dessen innere Haltung oder möglicherweise verborgene Kräfte