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PR 2707 – Messingträumer

PR 2707 – Messingträumer

Titel: PR 2707 – Messingträumer Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Wim Vandemaan
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Schritt brachte ihn in ein Tal. Birkenhaine tüpfelten mit ihren weißgrünen Kronen die Ebene, ein Fluss mäanderte gläsern blau durch das Land.
    Von einer Sandbank aus fischten mehrere Bären und ein Frogh nach Forellen. Ein Okrill setzte mit einem einzigen Sprung vom Ufer auf die Sandbank über; die Bären richteten sich kurz auf und brüllten protestierend, überließen dem Okrill dann aber kampflos das Feld. Der Frogh schlängelte sich davon, am Okrill vorbei, auf ein Blockhaus zu, das Rhodan bislang nicht bemerkt hatte, und verschwand darin. Über den Himmel zog sich ein Band aus Sonnen. Rhodan schirmte die Augen ein wenig ab und blinzelte hinauf. Es waren weiße Sonnen und gelbe, gleißend blaue, grüne und sanfte rote Sterne darunter, eine Palette aus Licht.
    Rhodan machte sich auf den Weg.
    In der Wand des Blockhauses steckten einige Butzenscheiben aus grünem Waldglas. Neben dem Eingang stand eine gut gefüllte Traufe. Am Rand des Fasses saß die Nixe und wedelte mit ihrer Fischflosse langsam durchs Wasser.
    »Da bist du ja endlich«, sagte die Nixe.
    »Gibt es einen Zugangskode zu dem Haus?«, fragte Rhodan.
    »Pscht«, machte die Nixe. »Hör doch.«
    Ein Summen und leises Brausen war aus der Hütte zu hören, wie von einem Bienenschwarm. »Es sind schon so viele Gäste da. Niemand wird ausgeschlossen.«
    Rhodan öffnete die Tür und trat ein.
    Nur aus den Butzenscheiben fielen Lichtstrahlen in den Raum. Rhodan wartete, bis sich seine Augen an das Dämmerlicht gewöhnt hatten. Es waren erstaunlich viele Gäste anwesend, fast ausschließlich Arkoniden. Sie saßen auf Hockern oder niedrigen Bänken; sie standen allein oder in kleinen Gruppen. Manche schienen im Stehen zu schlafen. Einige hielten einander eng umschlungen.
    In der Mitte des Raumes saß ein hagerer Mann auf einem Stuhl. Er trug eine schwarze Kutte. Auf einem Tisch neben ihm summte und zischte ein Samowar.
    Hin und wieder schenkte der Mann in der Kutte ein wenig Tee in eine Tasse aus dünnem chinesischem Porzellan. Mal warf er einen Brocken Kandis hinein; mal träufelte er ein wenig Zitronensaft in den Tee; manchmal ließ er den Tee, wie er war. Danach stand er auf und brachte die Tasse einem seiner Gäste. Manche streckten die Hand aus und schauten enttäuscht, wenn der Tee an ihnen vorüberging. Manche weckte der Duft des Tees aus einer tiefen Trance.
    Rhodan versuchte den Sinn und Zweck der Zeremonie zu begreifen, aber so einfach sie war, sie entzog sich seinem Verständnis.
    Unverhofft stand der Mann in der Kutte vor ihm. Aus der Tasse, die er auf dem Handrücken balancierte, kräuselte sich dünner Rauch; der bläuliche Tee roch säuerlich nach Erde. »Geh«, sagte der Mann. »Du willst nicht trinken.«
    Er wandte sich wieder ab.
    Rhodan griff nach seiner Schulter. Der Mann drehte sich um, aber er war kein Mann mehr. Sein Gesicht hatte nichts Menschliches; es war eine Komposition aus Chiffren und Symbolen, eine endlose Landschaft, ein bodenloses Meer, das Herz einer Sonne, ein Kreis ohne Mitte und Rand.
    »Was rührst du mich an?«, fragte es aus der Leere.
    »Du bist das Plasmahirn. Wie wäre es mit einer Partie Hallal Fer?«, fragte Rhodan.
     
    *
     
    »Bescheide dich«, sagte das Plasmahirn sanft, aber bestimmt, als spräche es zu einem Kind, das nach einem glühenden Eisen fassen wollte. Der Mann und die übrigen Gäste waren verschwunden; die Lichtstrahlen, die durch die Butzenscheiben fielen, bildeten ein derart komplexes, blendendes Muster, dass Rhodan am liebsten das Gesicht abgewendet hätte. Aber er hielt stand.
    Hallal Fer war ein posbisches Argumentationsspiel. Es ging darum, eine offenkundig absurde und haltlose Behauptung aufzustellen und sie so zu begründen, dass das Gegenüber sie als wahr anerkennen musste – Hallal Tepp.
    Die meisten Hallals spielten sich in rein mathematischen Räumen ab, in theoretischen Dimensionen fern aller stofflicher Realität. Deswegen musste einem Plasmahirn das Angebot eines Menschen, mit ihm Hallal Fer zu spielen, als Anmaßung erscheinen. Oder als Scherz.
    Rhodan hob abwehrend beide Hände. »Du sollst ja nicht gegen mich spielen«, sagte er. »Sondern gegen dich selbst.«
    »Das könnte langweilig werden«, sagte das Plasmahirn.
    »Ich gebe das Hallal vor«, bot Rhodan an. »Ich setze ein moralisches Problem. Du fichtst es aus.«
    »Die meisten moralischen Dilemmata sind, wenn man sie ihres emotionalen Gewands entkleidet, durch schlichte Algorithmen lösbar.«
    »Dieses sicherlich auch«,

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