PR Andromeda 03 - Der schwerelose Zug
mit einem Durchmesser von mehreren Millionen Kilometern den mittlerweile nur mehr unmerklich expandierenden Glutball, der vor wenigen Minuten die TALLEYRAND gewesen war. Obwohl sie ihre Geschwindigkeit beständig verringerten, waren sie immer noch um ein Vielfaches schneller als die SPIRIT.
Viele Hunde sind des Hasen Tod, dachte Perry. Schon gar, wenn jeder der Jäger sechsunddreißig Mal größer ist als die Beute.
Diese hatte allerdings einen einzigen, entscheidenden Vorteil: Die Jagdhunde konnten sie nicht aufspüren. Sie mochten vermuten, dass sie da wardie TALLEYRAND war wohl kaum einfach so explodiert-, doch wo, das konnten sie nur raten.
Es ging also darum, dem sich immer enger zuziehenden Netz der Flugbahnen zu entwischen, Haken schlagend, quasi in Schleichfahrt, dabei aber kontinuierlich das Tempo zu erhöhen, um letztendlich die zum Eintritt in den Hyperflug nötige Geschwindigkeit zu erzielenund das, ohne jemals die Triebwerke so stark zu beanspruchen, dass deren dadurch erhöhte Streustrahlung geortet werden konnte.
Und natürlich ohne Schutzschirme. Ein Eiertanz. Eine Geduldsprobe. Reine Nervensache.
Tess Qumishas Nerven hielten. Mehrmals kamen sie einem der brennenden Schiffe bedenklich nahe, einmal sogar bis auf wenige zehntausend Kilometer. Doch ruhig und besonnen stahl sich Tess mit der SPIRIT daran vorbei.
Perry bemerkte, dass Vorua immer größere Schwierigkeiten hatte, die Augen offen zu halten. Er stand auf. »Das reicht, Waffenmeisterin. Ich übernehme. Geh und kümmere dich um Bruno. Der braucht dich jetzt, er kann den Verlust seiner Wunderkiste nur schwer verwinden. Wir sind ein wenig beengt, ihr müsst euch daher die Zweierkabine teilen. Ich hoffe, das macht dir nichts aus.«
»Ich werd’s überstehen, und das Klappergestell hoffentlich auch.« Die Epsalerin zwinkerte ihm verschwörerisch zu und trollte sich in Richtung der kleinen Mannschaftssektion.
Rhodan ließ sich in den Kopilotensitz fallen, der sich sofort auf seine Körpermaße verkleinerte. Tess blickte ihn fragend an. Auch sie hatte inzwischen dunkle Ringe unter den Augen.
»Keine Einwä nde. Dein Kurs ist absolut einwandfrei«, sagte Perry. »Nur noch die beiden Kastuns auf Vektor Siebenvier minus zwölf, dann sind wir durch. Moo, Statusbericht.«
»Dem Patienten geht es in Anbetracht der Umstände gut. Er ist, wie ihr Terraner sagen würdet, über dem Berg, wenngleich noch nicht transportfähig. Bruno Thomkin wurde soeben abgeholt. Grek-665 1/2 schläft. Soll ich ihn aufwecken?«
»Nicht, wenn du auch ohne ihn zurecht kommst.«
»Vorläufig ja.«
»Passt.« Perry aktivierte die Massage-Funktion des Kontursessels. Er stöhnte leise auf, als sich seine Schultermuskulatur unter dem Einfluss der Vibrationsfelder zu entkrampfen begann. Auf dem Ho lo verfolgte er, wie Tess auch die letzten Kastuns umschlich und schließlich den Metagrav-Vortex aktivierte, der die SPIRIT in den Hyperraum brachte.
Sie waren in Sicherheit. Und um keinen Deut weiter.
»Perry?«
»Ja, Tess?«
Sie gähnte ungeniert. »Wie würdest du diesen Einsatz verbuchenals Erfolg oder als Niederlage?«
»Schwer zu sagen. Wir sind einer überaus perfiden Falle entkommen, was ich durchaus positiv werten würde. Andererseits haben wir einen Schwerverletzten, die J-SJ-2 und die TALLEYRAND verloren und so gut wie nichts dafür gewonnen. Außer unserem bedauernswerten Freund hier.«
Er deutete auf den verstümmelten, immer noch in den gräulichen Kokon eingesponnenen menschlichen Körper, den er über zwei der Passagiersitze drapiert hatte.
Der Leichnam winkte mit ungelenken Bewegungen zurück, als hätte er ihn verstanden. Perry blickte schnell weg. Ihn gruselte.
»Darüber hinaus wissen wir nun definitiv«, setzte er fort, »dass wir von der fremden Macht als Gegner identifiziert wurden. Das verleiht der Auseinandersetzung eine neue Dimension.«
»Jene Elfhundert-Meter-Einheit mit den charakteristischen Aufbauten, auf die wir schon mehrfach getroffen sind, war auch diesmal wieder dabei.«
Perry nickte. »Es dürfte sich um das Flaggschiff des gegnerischen Oberkommandierenden handeln. Vorlä ufig hat er unsere Spur verloren, doch ich fürchte, unsere Wege werden sich nicht zum letzten Mal gekreuzt haben.«
Den Rest des Fluges über hingen sie schweigend ihren Gedanken nach. Am vereinbarten Treffpunkt, einer markanten Formation von acht ungewö hnlich nahe beieinander stehenden roten Zwergsternen, wartete die JOURNEE. Sie schleusten ein.
KAPITEL
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