PR Andromeda 05 - Der Schattenspiegel
ihn keine Rückkehr mehr gab.
Seit diesem Tag hatte er AMBULANZ gemieden. Erst, als er alle aus dem Weg geräumt hatte, die an seiner Verwandlung in eine Maschine beteiligt gewesen waren, hatte sich sein Umgang geändert. Er hatte AMBULANZ bedrängt, seine Macht bei jeder sich bietenden Gelegenheit ausgespielt.
Jetzt würde AMBULANZ Gelegenheit finden, es ihm zurückzuzahlen
Was wird aus mir werden? Ein Ersatzteillager für neue Travestien? Ein Spielzeug, das man auf immer neue Weise zusammensetzt, bis man seiner müde ist und es wegwirft?
Sein Blick streifte Rhodan, der sich stöhnend im Sand wälzte. Er hatte beide Hände gegen die Seite gedrückt. Zwischen den Fingern sickerte in Blasen Blut hervor, vermischte sich mit dem Sand zu einem klebrigen Brei.
Einen Augenblick lang beruhigte sich der Kopfjäger. Dieses Werk zumindest hatte er vollbracht. Sein Taktikhirn schaltete sich in den Schattenspiegel ein, gab einen Befehl.
Die Faii würden sich um Rhodan kümmern.
Takegath wandte seine Aufmerksamkeit dem Tefroder zu. Der Mann kroch mühselig davon. Sein Robotbein stand steif ab, sein natürliches schien kraftlos. Nur der unversehrte Robotarm erlaubte es dem Mann, sich schleppend, Zentimeter um Zentimeter, von Takegath zu entfernen. Sein Angriff musste ein letztes Aufbäumen gewesen sein.
Takegath folgte ihm. Ihm wurde schwindlig. Er hielt an und wartete, bis das Gefühl verschwand. Erneut blendeten sich Daten in sein Sichtfeld ein. Sein biologisch-cybernetisches System hatte sich vorübergehend stabilisiert, wenn auch auf niedrigem Niveau. Es würde genügen. Einen Augenblick lang erwog er, zu seinen Kleidern zu humpeln. Stärkendes Droc erwartete ihn.
Nein.
Er, Takegath, der Nimvuaner, der ehemalige Pachtling, der ehemalige Vorkämpfer der Nimvuanischen Sicherheitssphäre, der Anführer der Gy Enäi, würde aus eigener Kraft zu Ende bringen, was er begonnen hatte.
Er erreichte den Tefroder. Der Mann hielt in seinen Bewegungen inne. Er starrte ihm trotzig ins Gesicht, wollte dem tödlichen Schlag tapfer ins Auge sehen.
Takegath tat ihm den Gefallen nicht.
Sein biologischer Fuß schnellte vor und grub sich tief in die Hüfte des Tefroders. Der Mann heulte auf. Wieder ließ Takegath den Fuß nach vorn schießen. Das Heulen brach ab, ging in ein Wimmern über. Immer schneller kamen nun die Tritte des Kopfjägers, das Wimmern verstummte, machte einem Keuchen Platz, mit dem die Luft aus den Lungen des Mannes getrieben wurde.
Da bemerkte Takegath das Tier. Es war eine gedrungene Echse, kaum länger als die Hand eines Tefroders, mit einem langsamen, biegsamen Schwanz. Sie flitzte über den Mann, immer auf der Hut davor, von Takegaths Fuß getroffen oder vom Körper des Tefroders begraben zu werden. Die Gewandtheit ihrer Bewegungen, die Tatsache, dass sie nicht zu fliehen versuchte, sagte dem Kopfjäger, dass sie zu dem Mann gehörte. Er fragte sich einen Moment lang, wie sie auf den Kampfplatz gelangt war, vergaß die Frage aber gleich darauf. Die Echse war hier - und verschaffte ihm eine willkommene zusätzliche Möglichkeit, sich an dem Tefroder zu rächen.
Sein Taktikhirn nahm Maß, hob das cybernetische Bein für einen blitzschnellen, tödlichen Tritt - den er niemals ausführte.
Die Schwertklinge bohrte sich von hinten in den Brustkorb Takegaths, streifte sein Herz, trennte Organe und Blutgefässe.
»Was . was?«, stöhnte er. Ihm lag der metallische Geschmack von Blut auf der Zunge. Das Taktikhirn blendete Leistungsdaten ein. Sie fie-len. Fielen ins Bodenlose .
Taumelnd gelang es ihm, sich herumzuwerfen. Rhodan stand vor ihm, das Heft des Schwerts mit beiden Händen umklammert. Takegath versuchte ihn zu packen; der Arm gehorchte ihm nicht mehr. Und seine Beine . er spürte seine Beine nicht mehr!
»Rhodan. Du . du .«
Takegath sackte weg. Er dachte an Nyssgaru, den Pachtführer. Er hatte ihn mit einem gebrochenen Bein im Schnee liegen lassen, im Wissen, dass der Alte sterben würde. Was musste Nyssgaru gefühlt haben? Wut? Verzweiflung? Und irgendwann, kurz vor dem Ende, Erleichterung, dass es endlich vorüber war?
Takegaths Hand wanderte hinunter zur Hüfte. Seine Finger fanden das Messer, zogen es aus seiner Scheide. Er zog es hoch, drückte seinen Griff so fest er konnte gegen sein Herz.
Auf den Märschen der Pachtlinge hatte es immer wieder Kinder gegeben, die ihr Schicksal nicht mehr ertragen konnten. Die Kälte und den Hunger, die Angst vor den Schlägen ihrer Pächter, die Ungewissheit.
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