PR Andromeda 06 - Die Zeitstadt
konnte. Versteckte nichts vor ihr. Ließ sie ganz und gar Anteil haben an seiner Seligkeit, seiner Befriedigung, aber auch an seinen Ängsten und seinem Kummer. Ließ sie wissen, dass sie, Kiriaade, alles war, absolut alles, wonach er sich in seinem Innersten je gesehnt hatte. Dass er sie liebte, wie er noch nie geliebt hatte, in dreißig Jahrhunderten nicht. Dass er sich aber auch vollkommen klar darüber war, dass ihre Liebe keine Zukunft haben konnte, sondern aussichtslos war. Daher war das Ausmaß seines Unglücks in diesem Moment dem seines Glückes ebenbürtig.
Hätte also das, was eben geschah, niemals geschehen dürfen?, fragte sie.
Es war aber geschehen. Sie hatten es beide gewollt und hätten es wohl auch nicht verhindern können. Nicht sie, die rund dreihunderttausend Seelen in sich trug; nicht er, trotz der Erfahrung von dreitausend Jahren. Nun mussten sie die Konsequenzen tragen. Gemeinsam, und jeder für sich.
Hinterher, wenn sie sich für immer trennen mussten: bald, so schrecklich bald.
Holterdipolter. Perry meinte, in seinem Kopf ein gutmütiges Lachen zu vernehmen. Muss es wirklich gar so pathetisch daher gehen? Träum deinen Traum, leb dein Leben - was ist dabei? Kann es nicht einfach nur schön gewesen sein?
Erst war er perplex, dann heulte er innerlich auf. Plötzlich erfüllten ihn Scham und Zorn zugleich. Er sprang von der Liege, bedeckte seine Blöße mit einem Polster. Konnte - konnten? - sie ihn denn wirklich nicht verstehen? Wenn es je eine Frau gab, für die er alles opfern würde, dann Kiriaade. Aber er sah keine Chance für ihre Liebe, nicht die geringste. Und das machte ihn fertig!
»Warte ab«, sagte sie, jetzt wieder akustisch. »Oh Mann, oh Mann. Lass den Mut nicht fahren, hörst du? Vielleicht finden wir ja eine Lösung. Aber zuvor müssen wir erst einmal eine klitzekleine Superintelligenz besiegen, und dafür brauchen wir einen klaren Kopf. So. Und jetzt hilf mir auf, ich hab ganz weiche Knie.«
Fassungslos starrte er sie an. Ergriff dann doch die Hand, die sie ihm entgegen streckte, und zog sie hoch. Er blinzelte. War das dieselbe Frau, mit der er sich gerade eben in vollkommenem körperlichem und geistigem Einklang befunden hatte? Und jetzt kam sie ihm so flapsig, ja geradezu rüde vor?
Dann aber begriff er. Sie wollte es ihm, nein: ihnen beiden leichter machen. Die erotische Spannung zwischen ihnen hatte sich fürs Erste entladen, und das war gut so. Nun aber mussten sie das, was sie für einander empfanden, zurückstellen. Nun kam Taupan, kam die Zeitstadt, kam der Gelbe Meister.
Sie reinigten sich im Schnellverfahren. Dann gingen sie Hand in Hand zur Zentrale.
NUHR EN JAIKAM
Ich heiße Nuhr en Jaikam und gehöre zum Stamm der nomadischen Zyttorier. Unsere Ursprungslegende besagt, dass wir einst unsere Heimat verlassen mussten, weil eine kosmische Katastrophe den von uns besiedelten Sternensektor heimsuchte. Seitdem waren wir nicht mehr sesshaft geworden.
Unsere Heimatgalaxis kennen wir unter dem Namen Viro Ama Sanc, was so viel heißt wie Große Strahlende Insel, aber keiner von uns weiß mehr, wo sie liegt. Doch das ist längst nicht mehr von Bedeutung; es liegt eine Ewigkeit zurück, dass wir mit unserer großen Flotte auf Wanderschaft gingen und durch viele weitere Sterneninseln kamen.
Nicht überall haben wir freundliche Aufnahme gefunden. Aber wir haben uns stets durchgesetzt und bekommen, was wir wollten. Da wir weder gewiefte Händler noch geschickte Handwerker oder duldsame Bauern waren - und schon gar keine durchtriebenen Diplomaten -, mussten wir uns unser Teil oftmals mit Gewalt nehmen, wenn wir als Bittsteller nicht bekamen, was wir zum Leben brauchten.
So wurden wir zu Meistern des Kriegshandwerks, und irgendwann entfachten wir Kriege einfach aus Lust am Kämpfen. In der Folge verdingten wir uns bei unzähligen Herren als Söldner, halfen oftmals mit, dass große Sternenreiche ausgelöscht wurden, leisteten aber auch zur Gründung neuer unseren Beitrag.
Wir waren keineswegs blutrünstig und grausam, wie man uns oft nachsagte. Wir hatten unsere Kriegerehre. Unser Ehrenkodex verbot uns, für zwei befeindete Herren gleichzeitig zu kämpfen. Unsere Ehre verlangte aber auch, dass wir entsprechend unserer Leistung behandelt und entlohnt wurden.
Es liegt erst ein paar Generationen zurück, dass wir in die Galaxis Dubensys kamen, in der der Gelbe Meister herrschte. Dieses mächtige Überwesen gab uns die Chance, ihm zu dienen. Und das Unglaubliche
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