PR Ara-Toxin 03 - Nekrogenesis
Grunde die einzige Hoffnung, die Remion noch blieb.
Da der maestro mayor zu einer Konferenz nach Choceos gereist war, um dort mit Vertretern anderer Haciendas zusammenzutreffen und die prekäre Lage zu beraten, fragte Marco den Sekretär des gremio nach Carmen LaSalle, Raol Zingerosc und Rumela Gomez. Der junge Bursche war erst seit Kurzem in der familia und kannte weder Carmen noch Raol. Allein der Name Rumela Gomez war ihm ein Begriff. Vielleicht mehr als das. Jedenfalls zwinkerte er ihm vielsagend zu, als er ihm den Weg zu ihrer derzeitigen Wohnung beschrieb.
»Da ihr bereits mit Rumela gesprochen habt, will ich euch nicht mit Details dieser Begegnung langweilen«, unterbrach Marco seine Erzählung. »Jedenfalls war ich ziemlich aufgewühlt, als ich sie verließ. Raol war ermordet worden. Ich konnte es nicht fassen. Nach allem, was Rumela mir erzählt hatte, gab es für mich keinen Zweifel, dass die huebochas ihn auf dem Gewissen hatten. Ich war entschlossener denn je zuvor, die Verbrecher zu entlarven. Ich wollte sie aufsuchen und ihnen auf den Kopf zusagen, dass sie Remion vergiftet und Raol ermordet hatten.«
»Hast du Rumela gesagt, was du vorhattest?«, fragte Garcia, der wieder die langsam zur Neige gehende Packung mit den cigarillos herumreichte.
Marco zündete ein cigarillo an, nahm einen Lungenzug und ließ den Rauch durch die Nasenlöcher entweichen. »Nein, höchstens angedeutet, dass ich etwas über die Aras weiß und noch mehr herausbringen wollte.«
»Und was hast du herausgebracht?«, erkundigte sich Janita.
»Wir hatten die puentes, aber diesmal war alles ganz anders als sonst. Niemand feierte, niemand tanzte, die meisten Bewohner versuchten weit außerhalb der Hacienda, die Seuche mit Feuer zu bekämpfen. Nirgendwo war Musik zu hören, die meisten Lokale waren geschlossen. Ich kam an dem Café vorbei, in dem Carmen und ich damals, vor drei Jahren, Raol und Rumela kennen gelernt hatten. Kein Grün, keine freundlich herantapsenden osobajos, keine Stühle und Tische im Freien. Der Eingang war mit Holzlatten verrammelt. Der Anblick tat mir weh. Manchmal sind es diese kleinen Dinge, die sich tief in die Erinnerung gegraben haben und einem bewusst machen, dass etwas vergangen ist und nicht wieder zurückgeholt werden kann.«
Marco hatte keinen Plan und keine Waffe. Er war allein, und er hatte nichts außer seiner wilden Entschlossenheit, die Außenweltler zur Rechenschaft zu ziehen. Obwohl er nichts getrunken hatte, konnte er kaum klar denken. Sonst wäre ihm vielleicht bewusst geworden, dass die Aras, wenn sie wirklich schuldig waren, ihre Kreise nicht durch einen hergelaufenen vabundé stören lassen würden.
Aber manchmal greifen die Götter ein. Vielleicht war es Elegguâ, der kindliche Gott, der die Wege öffnet und schließt. Oder Marco hatte einfach nur Glück.
Er näherte sich der forastera auf dem gleichen Weg wie vor drei Jahren, als er eigentlich nur einen Platz gesucht hatte, um sich zu betrinken und einzuschlafen. Aber diesmal schützte ihn kein üppiges Grün. Die Äste der gigantes waren von kristallinen Schwären übersät und wirkten brüchig. Die Luft war von ätzenden Dämpfen durchsetzt. Er fühlte sich unwohl.
Marco sah ein, dass das kein Weg war. Er ging gut 100 Meter zurück, bis er die letzte der stadtinternen Serpentinentreppen erreicht hatte, und stieg die Treppen zum Boden hinab. Er konnte sich vage erinnern, hier schon einmal gewesen zu sein, als vabundé-Colocadosos der Hacienda, auf dem Weg zur Arbeit. Das war inzwischen alles Geschichte. Colocados, diese überaus sensiblen Früchte, gediehen nicht mehr in den Erntebezirken der Hacienda. Nichts gedieh mehr.
Der Boden war übersät mit vorzeitig verwelktem Laub, entwurzelten, heruntergefallenen Symbionten und Kadavern von Kleintieren aller Art. Das Laub sah seltsam und unnatürlich aus, schien in düsteren, kranken Farben zu glühen, die einst kraftvollen, in bizarren Formen und Farben wuchernden Symbionten waren zu armseligen grauen Holzkrallen geschrumpft und wirkten, in bauchigen Verdickungen immer noch Flüssigkeit wie Leichenwasser speichernd, wie verrotteter Tang, tückisch glitschig und glitzernd, verwesend.
Behutsam bahnte sich Marco den Weg. Endlich lag die schmucklose Glassitkuppel der Außenweltler vor ihm, gut 200 Meter durchmessend und einige genauso schmucklose trapezförmige Gebäude umschließend, simplen Bauklötzen nicht unähnlich. Die beiden Tore der Kuppel waren normalerweise durch warnend
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