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PR Ara-Toxin 04 - Die Eiserne Karawane

PR Ara-Toxin 04 - Die Eiserne Karawane

Titel: PR Ara-Toxin 04 - Die Eiserne Karawane Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Wim Vandemaan
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Schulen von Barigk und Fonntor. Hier wie dort unterrichteten hervorragende Lehrer, auch dort wäre Trantipon bestens bedient worden.
    Aber in Juvin waren die wahren Koryphäen zusammengezogen, und das Verhältnis zwischen Unterrichtenden und Studenten -wenn man sie denn so nennen konnte, denn eine fundierte medizinische Ausbildung hatten sie alle vorzuweisen, und einige Jahre Bewährung in Praxis und Forschung zudem - war phänomenal.
    Der Pförtner verneigte sich vor ihm und sagte: »Sie dürfen passieren, Trantipon. Einsicht in Heil und Leben wünsche ich Ihnen.«
    »Einsicht in Heil und Leben«, gab Trantipon zurück und grinste. Sie waren schon eine merkwürdige Gesellschaft, überlegte er. Bio-medozentrisch wie keine andere Zivilisation in der bekannten Galaxis. In anderen Kulturen wählte man den Weg über die Politik, das Militär oder die Ökonomie, um sozial aufzusteigen; selbst künstlerische oder sportliche Karrieren waren möglich. Bei den Bauff musste der Egopräsident eine Reihe komplexer, geistig-körperlicher Wettkämpfe bestreiten - und gewinnen -, um Staatsoberhaupt zu werden. Der Staatshirte der Ghyo, einer Theokratie, musste einige Visionen und Auditionen von Format nachweisen, die ihm seine politisch interessierte Gottheit hatte zukommen lassen. Der Dreh- und Angelpunkt der aralonischen Gesellschaft war weder Gott noch Sport, sondern das Leben - seine Ergründung und der Versuch, seiner Herr zu werden.
    Natürlich brauchte auch die aralonische Gesellschaft ein Mindestmaß an Arbeitsteiligkeit, brauchte ihre Ingenieure und Robotiker, ihre Statistiker, Gastronomen und Künstler. Dennoch dienten alle letztendlich dem einen Ziel: Einsicht zu gewinnen in Heil und Leben.
    Er schritt durch den gläsernen Korridor, der sich wie die Zunge eines Riesentieres aus dem Gebäude stülpte und weit ins Freie führte. Links sah er am Rand des weitläufigen Geländes das berühmte
    Landschaftsprotokoll, das Wahrzeichen Juvins. Das Protokoll war ein Turm von ovalem Grundschnitt und über 500 Metern Höhe. Keine seiner Etagen hatte eine Außenwand; jede war einem eigenen Biotop gewidmet. Die Landschaften lagen offen vor Augen; hier und da meinte Trantipon sogar, ein Tier aus einem der Dickichte lugen zu sehen, bis das Traktorfeld es sanft zurückzog. Trantipon erblickte zuunterst eine Geröllwüste, darüber einen üppigen Wald. Darüber lag ein Stockwerk, dessen Landschaft von schwefelgelbem Nebel verhangen war.
    Er wusste, dass in den subterranen Bereichen des Turms noch einmal mehrere Dutzend Landschaften gestapelt waren. Wahrscheinlich würde er die eine oder andere im Zug seiner Ausbildung kennenlernen. Juvin hielt sich einiges darauf zugute, dass Freilandversuche hier nicht nur positronisch simuliert wurden, sondern auf den Etagen des Landschaftsprotokolls nahezu unter Realbedingungen durchgeführt werden konnten.
    Plötzlich stand er vor der Platinwiese. Er staunte, erschrak fast. Trantipon hatte keinen Zweifel, dass es kein synthetisches Platingras war, sondern schiere Natur. Die Platingrasgemeinschaft war ein Netzwerk von Gräsern und Kräutern, alle barsten förmlich von heilkräftigen Wirkstoffen. Angeleitet vom Platingras hatten die Aras ihre ersten innovativen Medikamente erzeugt: Estropegam®, Dhya-derem®, Schlaflind®, den Wirkkreis der Kryophäne.
    Platingras war selten geworden, kostbar, mythisch; reiche Aras zogen sich schmale, fingerbreite Beete.
    Hier erstreckte sich eine ganze Au.
    Trantipon hielt Ausschau nach einem Weg, der durch die Wiese oder um sie herum führte. Es gab keinen solchen Weg. Er spürte den archaischen Impuls, die Schuhe auszuziehen, um barfuß hier zu stehen, wie auf heiligem Grund. Und er gab dem Impuls nach. Er zog die Strumpfschuhe aus, ließ sie zusammenzischen und deponierte sie in der Gürteltasche. Dann lief er los.
    Es war ein Gefühl, als liefe er über warme, weiche Haut. Hin und wieder streifte er einen Safranpilz, der auf die leichteste Berührung hin platzte und eine Sporenwolke freisetzte. Er sog den bittersüßen Duft der Sporenwolke ein. Ein Libellengespann erhob sich und stand knisternd über seinem Nest; Trantipon umging es, seine Bisse konnten schmerzhaft sein.
    Er ging weiter, das Ziel immer vor Augen: die Kristallkuppel, das Auditorium von Juvin.
    Trantipon betrachtete das Gebäude mit einem beschwingten, triumphalen Zorn.
    »Diese Reaktion verstehe ich nicht«, unterbrach ihn die Positronik. »Sie passt in kein mir bekanntes emotionales

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