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PR Ara-Toxin 04 - Die Eiserne Karawane

PR Ara-Toxin 04 - Die Eiserne Karawane

Titel: PR Ara-Toxin 04 - Die Eiserne Karawane Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Wim Vandemaan
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lichterloh, und Feuer hing in den Türen wie knisternde Vorhänge. Alle Hausrobots waren dahingeschmolzen, alle Sprinkleranlagen ausgefallen; alle Hilfstruppen der nahen Stadt Chundor alarmiert, und alle würden sie zu spät kommen.
    In der Tür zum Salon stand sein Vater und streckte die Hand aus den Flammen: »Komm, wenn du nicht verbrennen willst!«
    In der brennenden Tür zu den elterlichen Räumen stand die Mutter: »Komm, hier bist du in Sicherheit.«
    In der Tür zur Veranda stand seine Pseudoschwester; sie weinte. »Komm, lieber Tipon, komm«, rief sie, »sonst bin ich ganz allein!« Und weinend betrachtete sie, wie die Flammen in ihrem Körper aus Licht hochschlugen.
    In der Tür zum Salon stand niemand. Das Feuer in dieser Tür loderte stumm, flackerte nicht, stand da wie ein aufmerksamer Wäch-ter. Trantipon war sich sicher, dass nur dieser Weg die Rettung brachte. Aber es stand niemand da, der ihn rief.
    Dann traten die vier Feuer aus den Türen und in sein Zimmer ein und wurden allmächtig.
    Seitdem hatte er dieses Vier-Feuer-Spiel immer wieder gespielt, hatte anstelle seiner Eltern und der seit Jahren schon deaktivierten Pseudoschwester Freunde, Kameraden, große Heiler der Vergangenheit und der Gegenwart gesetzt, immer, um sich zu fragen: Wem würde ich folgen?
    Der Neuankömmling Ostiam Meharro war kein Aufsehen erregender Mann. Er war kleiner als der Durchschnitt, vielleicht knapp unter einen Meter und neunzig groß, eher gedrungen als schlank, die Finger kurz, die Haut dunkel, das schwarze Haar ohne gekämmte Frisur. Vielleicht ein Kolonial-Ara, überlegte Trantipon. Von einer Welt, auf der die Schwerkraft höher war als die von Aralon.
    Sein Gesicht wirkte wie ein misslungenes Bauwerk. Kinn, Mund und Nase passten nicht zu den oberen Kopfpartien, zu diesen vor Aufmerksamkeit förmlich leuchtenden roten Augen unter der wie im Schatten liegenden Stirn.
    Seine Kleidung war von einer Schlichtheit, der man die Eleganz nicht gleich ansah, das Tuch schwer und solide, alt, aber nicht abgetragen. Als einziges Schmuckstück trug er ein eher schäbiges Diadem, dessen etwas verbeult wirkenden, dunkelblauen, zapfenförmigen Stein er am Hinterkopf angesteckt hatte.
    Nichts von sichtbarem Wert, vielleicht ein Erbstück, überlegte Trantipon, das nur für seinen Träger von Bedeutung ist.
    Es fiel Trantipon schwer, den Blick von dem Neuankömmling zu lösen. In seinen Gedanken brannten die Vier Feuer. Wie dazu vorbestimmt, rückte Ostiam Meharro in eine der brennenden Türen. In den anderen dachte sich Trantipon einige Kommilitonen seiner ersten Studienjahre.
    Jeden der vier ließ er den alles entscheidenden Satz sagen, und es überraschte ihn nicht, dass er ihm, Ostiam Meharro, auf der Stelle folgen würde. Dass Meharro jemand war, der ihm den Weg weisen, der ihm Bahn brechen konnte.
    Dabei war er kaum älter als Trantipon, vielleicht knapp über 40 Jahre.
    Unwillkürlich verneigte sich Trantipon leicht und nannte seinen Namen.
    Der Neuankömmling schaute ihm in die Augen, länger, dann schenkte er ihm die Andeutung eines Lächelns. »Trantipon. Ich werde es mir merken.« Seine Satzmelodie klang eigenartig, sein leichter Akzent exotisch. Und die Art, wie er Trantipon sagte, veredelte den Namen auf eine unbestimmbare Weise.
    Dann war er an ihm vorbeigegangen. Trantipon zog die Strumpfschuhe aus der Tasche, legte sie auf seine Füße, wartete, bis sie saßen, und folgte diesem Ostiam Meharro zum ersten Mal, hinunter zum Steinernen Rad.
    Schließlich waren alle Stühle auf dem Steinernen Rad besetzt. Die Auszubildenden musterten einander, manche diskret und nur in Blickrichtung, andere schauten sich demonstrativ um; nur wenige sprachen miteinander. 53 waren sie nun zu Beginn, doch am Ende würde nicht mehr als 25 oder 26 übrig bleiben.
    Denn Juvin betrieb, wie andere Elitehochschulen auch, Erlesung als Motivationsprinzip. Nur die Wenigsten der Applikanten waren aufgenommen worden, und von ihnen würde weniger als die Hälfte alle Prüfungssequenzen bestehen: die Minderheit der Wenigsten. Zu dieser Minderheit zu gehören, bedeutete allerdings ein nicht zu überbietendes Gütesiegel: Das Konzentrat der Juvin-Kohorte würde zu den Koryphäen ihrer Generation zählen, in ihnen würde sich das medotechnische Wissen ihrer Zivilisation bündeln. Eine dominante Funktion an einer der großen Generalkliniken auf Aralon, auf Arkon vielleicht; ein eigenes Heilerschiff inklusive Besatzung und Personal; märchenhafte

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