Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
PR Lemuria 02 - Der Schläfer der Zeiten

PR Lemuria 02 - Der Schläfer der Zeiten

Titel: PR Lemuria 02 - Der Schläfer der Zeiten Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Hans Kneifel
Vom Netzwerk:
übermittelte das Gespinst ständig Bilder in die vier Quadranten. Vor den großen Displays unterhalb der Legendor-Bildnisse versammelten sich die Bewohner und sahen die Planeten, den Gürtel und das Strahlen der Sonne größer und durchdringender werden.
    »Hüter und Legendor«, murmelte Atubur, ohne daran zu denken, dass Chibis-Nydele zwölf Schritte von ihm entfernt schlief. »Jetzt solltet ihr bei mir sein. Ich brauche euch. Aber auch ihr seid in der Vergangenheit verschwunden.«
    Chibis-Nydele regte sich, gähnte, murmelte etwas und stützte sich auf den Ellbogen. Atubur begegnete ihrem schläfrigen Blick. »Dein Amulett blinkt schneller, Naahk«, sagte sie leise.
    »Kümmere dich nicht darum«, antwortete er mit einer beschwichtigenden Geste. »Es wird seinen alten Rhythmus bald wiederfinden.«
    »Bist du sicher, Atubur?«
    Er lachte kurz. »Es gibt keine Sicherheit bis nach der Landung.«
    Der Naahk brachte seiner Geliebten einen Becher Huccartrunk. Langsam und schweigend zogen sie sich an. Atubur Nutai wurde allmählich klar, dass er seine Unruhe und Furcht nur für kurze Zeit mit den Wonnen leidenschaftlicher Paarung verdrängen konnte. Das Vorhaben des Einschwenkens in den Planetenorbit überstieg vielleicht seine Fähigkeiten; das verbliebene Können eines Uralten, der alle zwanzig Jahre etliche Zeilen und Absätze seiner eigenen Geschichte vergaß, reichte nicht.
    »Aber. wir werden doch eine gute Landung haben?«, fragte Nydele flüsternd.
    »Ich sorge dafür, und - hundert und mehr Lemcharoys tun nichts anderes, als dafür zu planen und zu arbeiten.«
    Der Naahk leerte den Becher, streichelte gedankenvoll Nydeles
    Schultern und fuhr hinunter in die Kommandozentrale. Er nahm seine Furcht mit sich und schloss hinter sich das Schott. Er konnte sich auf jeden einzelnen Handgriff, jede Schaltung konzentrieren, denn innerhalb des Schiffsgefüges, in den Resten eines ehemals hierarchischen Aufbaus, herrschte wirklicher Zusammenhalt. Widerstand gegen ein System aus gerade 1000 Individuen, das sich in Auflösung befand, wäre grotesk gewesen; der Druck der sozialen Kontrolle sorgte für eine ausgeglichene Lebensführung und für die Einsicht, bestimmte Arbeiten nicht zu vernachlässigen.
    In einer Stunde würden die Schwerkraft-Absorber abermals eingeschaltet und hochgefahren werden. Das Gespinst blendete unaufhörlich den Zeitpunkt in die Darstellung des Zielgebiets ein.
    Nachdem die nächste Bremsphase der LEMCHA OVIR abgeschlossen war und Atubur Nutai mühsam mit dem Knotenrechner festgestellt hatte, dass der Kurs weiterhin in den Anziehungsbereich des Planeten führte, fuhr er in seine Gemächer hinauf. Er hasste Treppensteigen, besonders auf den harten Metallsektoren der Wendeltreppe, auf denen jeder Schritt in den Gelenken schmerzte. Er setzte sich an seinen Schreibtisch, der in das Metallgefüge der Wand integriert war; ein edles, uraltes Stück Handwerkskunst, Erbstück seiner Großeltern, aus Blutlormenholz mit Intarsien aus Edelmetall und den Schalen von Tiefseemuscheln. Er betätigte einige Knöpfe innerhalb des Geheimfachs, dann klappte er die Schreibplatte hoch.
    Kaum hatte er sich auf dem Lager ausgestreckt, brachte ihm Chibis-Nydele einen Becher Huccar. Er leerte ihn mit kleinen, vorsichtigen Schlucken.
    Er hatte zu viel und zu lange gearbeitet. Übergangslos senkten sich Erschöpfung und Müdigkeit wie ein schweres, nasses Tuch über ihn. Den letzten Blick in Nydeles große Augen und ihr besorgtes, liebenswertes Gesicht nahm er mit in einen Halbschlaf, in dem er glaubte, seinen Traum steuern zu können: Aber auch dieser Traum, in dessen Verlauf er in der Asche der Vergangenheit wühlte, würde im albtraumhaften Schrecken enden.
    Ihm war, als liege er in der warmen Flüssigkeit, die Medrovir ausfüllte, an Schläuche und Membranen angeschlossen, die binnen T agen den Inhalt fast aller seiner Körperzellen austauschen würde. Wie im
    Mutterleib schwebte er, allein mit sich selbst und den verdämmernden Erfahrungen seines langen Lebens, schwerelos in dem Fluid, dessen Zusammensetzung nur der Legendor gekannt hatte. Allein mit seinen Jahrhunderten als »Unsterblicher«. Die Wirkung des Zellaktivators und des Nähr-und Erneuerungsbades ergänzten einander. Atubur Nutai erinnerte sich genau an die würdevolle Zeremonie, in der er als einer von wenigen Auserwählten den Aktivator überreicht bekommen hatte, mitsamt dem tarnenden Kontroll-Schmuckstück, dessen langsames Blinken die einzige Helligkeit im

Weitere Kostenlose Bücher