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PR Lemuria 04 - Der erste Unsterbliche

PR Lemuria 04 - Der erste Unsterbliche

Titel: PR Lemuria 04 - Der erste Unsterbliche Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Leo Lukas
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seinen Beitrag zur Fortpflanzung geleistet hatte, lag sie mehr als richtig. Er errötete vor Scham, hatte er doch seinen Samen in ein Gutteil der weiblichen Bevölkerung am Ufer des Sees Geneset verströmt. Etliche würden in fünf Monaten seine Kinder gebären. Dieser Gedanke erfüllte ihn, trotz der Reue über sein Vergehen, mit gewissem Stolz. Zugleich hatte er das dunkle Gefühl, dass er keinen seiner Sprösslinge je zu Gesicht bekommen würde, wenn es nach den Plänen der riesigen Göttin ging.
    Er hatte während ihrer langen Rede überlegt, ihr seine Sünden zu beichten. Als Schöpferin der Welt und Verfasserin der Heiligen Folie stand sie schließlich noch über dem Majittri, oder nicht? Bei wem sonst sollte Boryk Vergebung erbitten, wenn nicht bei ihr? Doch etwas hielt ihn davon ab. Falls sie allwissend war, besaß sie ohnehin bereits Kenntnis von den Vorfällen in Himmel und Hölle. Und falls nicht, mochte es sich durchaus als Fehler herausstellen, ihr jedes Detail auf die fleischige Nase zu binden.
    »Egal«, fuhr sie fort, nachdem sie einen weiteren Schluck genommen hatte. »Ich werde dir ohnehin Sperma abzapfen. Vielleicht kann ich mich dazu aufraffen, damit ein neues In-vitro-Programm zu starten. Wäre ich nur nicht so träge... Das kommt von der Schwerelosigkeit, weißt du? Ach, du kriegst ja sowieso fast nichts mit. Genug geschwätzt. Ab ins Körbchen!«
    Die Glassärge glitten lautlos zurück in die Wand. Nur ein einziger, leerer, blieb übrig.
    Plötzlich begriff Boryk, welches Schicksal ihm zugedacht war. Und was die Prophezeiung der Heiligen Folie wirklich bedeutete: Zur Hölle sollen sie gehen, die Prüfung bestehen, auf dass mein Blick mit Wohlwollen auf sie falle und ich scheide zwischen Unkraut und Getreide, zwischen den Verderbten und den Auserwählten.
    Von klein auf hatte er gehofft, eines Tages zu jenen Auserwählten zu gehören. Nun, da sich sein sehnlichster Wunsch erfüllte, war er ganz und gar nicht glücklich darüber.
    »Aber... wenn ich mich da hineinlege«, stammelte er, »dann... ist mein Leben zu Ende. Das geht nicht, ich muss ja zurück, meine Mama und Fosse und die anderen warten auf mich im Garten Ehedem, und auch Duani vom Silbernen Berg habe ich versprochen...«
    Die Riesin lachte schallend. »Ach, bist du putzig! Richtig niedlich, dass du versuchst, mit mir zu diskutieren. Leider nützt dir alles nichts, kleines Männlein, du wirst nun einmal hier oben benötigt, damit die Para-Fähigkeiten deines Gehirns mithelfen, die Neutrinos zu kontrollieren. Aber sieh es positiv: Du stirbst ja nicht, sondern schläfst nur, tief und fest und lange Zeit. In gewisser Weise wirst du genau so unsterblich sein wie ich.«
    Während ihrer letzten Worte spielte sie mit dem Zauberbrettchen. Boryk spürte, wie die unsichtbare Hand nach ihm griff und ihn in
    Richtung des Behälters zerrte, in dem das Gelee und die Schläuche unappetitlich schillerten.
    Nein, nicht um alles in der Welt wollte er da hinein!
    »Hör auf, mit deinen dünnen Ärmchen und Beinchen zu wedeln wie ein Käfer, der auf den Rücken gefallen ist! Du tust dir nur weh, schlägst dich an den Kanten auf und blutest mir womöglich die Zentrale voll. Sieh doch ein, dass es keinen Zweck hat. He, ich bin deine Urmutter. Ihr betet mich an, schon vergessen? Also sei dankbar, dass ich dir das Leben geschenkt habe, und versteh, dass ich mir jetzt etwas davon wieder zurückhole. Füge dich!«, brüllte sie plötzlich. »Bedenke, wen du vor dir hast, kleiner Affe! Ich bin die Naahkin dieses Schiffs, und ich und nur ich gebe hier die Befehle! Schluss jetzt, rein da!«
    Bei seinen Vorgängern mochte ihre brutale Autorität gewirkt haben, und sie waren eingeschüchtert, unterwürfig und demutsvoll in die Särge gekrochen. Boryk aber hatte vor kurzem selbst geherrscht, wenn nicht wie ein Gott, so doch wie ein schier allmächtiger Maffan, drei Tage und drei Nächte lang. Auch wenn er sich dafür schämte, was er mit den Genesern und Geneserinnen angestellt hatte - das Gefühl der Macht schwelte noch in ihm. Der andere, frühere, nur wenig jüngere Boryk hätte nie und nimmer gewagt, gegen die Riesin aufzubegehren. Der neue, erwachsene aber, der das Ritual erduldet und die Vulkanklippen erklommen hatte, der der Bestie entronnen, durch die Hölle gegangen und daraus zurückgekehrt war, dieser Boryk bot seiner so genannten Göttin die Stirn.
    Er rief das klare Fieber, und die Hitze stieg in ihm hoch und füllte ihn aus. »Lass mich los! Räum den

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