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PR NEO 0038 – Der Celista

PR NEO 0038 – Der Celista

Titel: PR NEO 0038 – Der Celista Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Michelle Stern
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jedes Blatt im Sinne der großen Einheit und des Gesamtbilds zu trimmen. In den drei Abschnitten dieses Gartens dagegen wuchsen die Gräser, Blüten und Sträucher frei, wild durchsetzt von Kräutern und rasch heranreifendem Gemüse, das in der Küche verwendet wurde.
    Neben Crest perlte Tau von grünen Rohrpflanzen. Er beobachtete die minimalen Bewegungen dahinter. Zwei Schwellwurzler schoben sich mit raschelnden Blättern in Zeitlupe an den mehrrohrigen Pflanzen vorbei. Ganz wie Lebewesen. Dabei waren es die Knollen unter den langen Wedeln, die dafür sorgten, dass die blauvioletten Pflanzen durch Säfteverlagerung immer dem Licht folgten. Um sie zum Vorwärtsschieben zu bringen, leuchtete eine blinkende Energiekugel an einem Ende des Gartens auf, an deren goldenem Schein sich die Pflanzen orientierten. Erst wenn sie dicht am Licht in einer wärmeren Region standen, würden sie stehen bleiben. So lange, bis die Kugel erlosch und eine weitere aufblinkte.
    Wehmütig sah Crest den Schwellwurzlern nach. Soweit er wusste, reichte die Entdeckung dieser Pflanze Jahrtausende in Arkons Vergangenheit zurück. Unvorstellbar lang. Zumindest für ihn. Dabei starben die Pflanzen nicht. Ihre Knolle teilte sich, eine Hälfte vertrocknete und fiel ab, eine neue wuchs hinzu. Im Grunde kannte die Pflanze keinen echten Tod.
    Wie Atlan. Wie er selbst. Nur war seine Unsterblichkeit noch so jung, dass Crest sie kaum ausloten konnte. Wie musste es für Atlan sein?
    Vergiss nicht, dass Atlan vielleicht den Großteil seiner Zeit im Tiefschlaf verbracht hat, erinnerte der Extrasinn.
    Dennoch ... Er ist unsterblich, blickt auf ein unvorstellbar langes Leben zurück. Mit der Perspektive, so alt wie ein Schwellwurzler zu werden oder noch viel älter. Atmend, denkend, sich immer entwickelnd und verändernd. Unglaublich.
    Auch dir bietet sich diese Aussicht, sagte der Extrasinn. Aber kannst du dir das wirklich vorstellen?
    Nein. Crest blickte von den Schwellwurzlern fort, auf mehrere Arkonrosen, deren riesige Köpfe mattgelb schimmerten. Seine Finger berührten die Wölbung des Stoffs auf der Brust. Es ist zu abstrakt. Und das, obwohl der Aktivator eine segensreiche Wirkung auf ihn hatte. Fühlte Crest sich nicht glücklicher und zufriedener, als er je für möglich gehalten hatte? Trotz aller Rückschläge und dem Verschwinden Thoras war sein Herz leicht. Er fühlte sich selbstbewusst, entschlossen und tatkräftig wie nie zuvor in seinem Leben. Als wäre jedes Hindernis dazu da, überwunden zu werden, jeder Schatten die Vorankündigung von neuem Licht.
    Aber was war, wenn es einen Haken gab? Einen Preis?
    Es knackte in den Büschen. Crest drehte sich um und sah in einen Wust orangeroter Blätter. War da ein Schatten dicht am Boden? Seine Hand krampfte sich um den Aktivator. »Ist da jemand?«
    Keine Antwort. Vielleicht eine Wartungseinheit. Crest hielt nach einem weiteren Gießroboter im Beet Ausschau, entdeckte aber keinen. Die Büsche standen so dicht, dass sich dort leicht jemand verbergen konnte.
    Es könnte ein Celista sein ...
    Geh nicht sofort vom Schlimmsten aus, riet sein Extrasinn. Aber bleib wachsam.
    Der Gedanke an einen Celista zerstörte die Ruhe und Beschaulichkeit des Gartens. Egal ob Einbildung oder nicht – Crest wollte nur noch verschwinden. Er stand auf.
    Es war noch früh, und viele der Passagiere schliefen. Atlan hatte die Kabine nicht mehr aufgesucht. Vielleicht lag er bei Natara.
    »Geramor?«, fragte Crest aus einem Impuls heraus. Schlich sich Atlan an ihn heran? Nein. Das passte nicht zu dem stolzen Mann.
    Mit einem unbehaglichen Gefühl im Magen ging er zum Ausgang. War da wirklich ein Schatten gewesen, oder hatte seine Phantasie ihm einen Streich gespielt? Vielleicht hatte ein Schwellwurzler die Helligkeitsveränderung verursacht. Als Crest auf der anderen Seite des schmalen Rundwegs einen weiteren Passagier sah, beruhigte er sich.
    So ganz allein war er nicht. Es war unwahrscheinlich, an diesem Ort angegriffen zu werden. Seine Gedanken kehrten zu Atlan zurück.
    Auch Atlan trägt einen Aktivator. Aber er wirkt unglücklich, belastet. Warum? Wieso ist er aufgesprungen, als ich die Sprache auf Wanderer und ES brachte? Oder bedeutet das nichts? War die Bemerkung der Tropfen gewesen, der das Fass zum Überlaufen gebracht hatte?
    Hinter ihm raschelte es. Crest fuhr herum und griff an seine Seite. Kein Strahler. Natürlich nicht. Er sah sich nach einem Gegenstand um, den er im Notfall als Waffe nutzen konnte, fand jedoch

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