PR NEO 0039 – Der König von Chittagong
musste ihn aufhalten, musste ihn davon abbringen, unbedingt!
»Fulkar!«
Er drehte sich nicht um. Ging einfach weiter mit seinem typischen Stelzenschritt, als hätte er sie nicht gehört.
Sue rief nochmals seinen Namen, wieder reagierte er nicht. Sie lief nun, mit der willenlosen Quiniu im Schlepptau, drängte sich an anderen Menschen vorbei, bis sie den Ara eingeholt hatte.
»Fulkar, bitte!«
»Hm?« Der Ara sah sie nicht an; womöglich verlangsamte er seinen Schritt. Doch zu mehr Zugeständnissen wollte er sich nicht hinreißen lassen.
»Es tut mir leid«, sagte Sue leise. »Du weißt, dass ich es bloß gut meine.«
»Zwischen gut meinen und Gutes tun liegen Lichtjahre.«
»Ich bitte dich, mir zuzuhören. Oder gehört das nicht zu deiner Aufgabe?«
»Ich höre dir zu, sollte es um etwas Substanzielles gehen.«
»Das tut es.«
Das Ende des Ganges war erreicht. Die Tür eines Aufzugs schloss sich unmittelbar vor ihnen. Fulkar war gezwungen, auf den nächsten zu warten.
»Ich liebe meine Arbeit«, sagte Sue mit stockender Stimme.
»Das ist hinlänglich bekannt. Und?«
»Wenn ich nach Hause gehe und mich niederlege, lasse ich den Tag Revue passieren. Ich denke daran, was ich gut gemacht habe, und daran, was verbesserungswürdig ist.«
»Eine hervorragende Idee, sofern diese gedankliche Beschäftigung nicht überhandnimmt.«
»Das tut sie nicht. Normalerweise.«
»Normalerweise?« Der Ara rümpfte die Nase. »Was meinst du damit?«
»Gestern hatte ich eine ... Begegnung. Mit einer Frau, die von mir etwas forderte, das ich nicht erfüllen konnte. Weil ich noch nicht so weit bin. Sie hatte ein Amputation hinter sich und wollte, dass ich ihr den Arm nachwachsen lasse.«
»Was deine Fähigkeiten selbstverständlich übersteigt.«
»Ja. Zumindest jetzt noch.«
»Nein. Dieser Weg wird dir wahrscheinlich für alle Zeiten verwehrt bleiben.«
»Das glaube ich nicht! Meine Gabe ...«
»Ja, glaubst du denn, dass du eine Göttin bist, die keinerlei Grenzen anerkennen muss? – Dort, wo nichts ist, kann auch nichts wachsen. Eine Majoramputation ist nicht rückgängig zu machen.«
»Du lügst!«, rief Sue. »Du hast mir eine Spritze gegeben, und bald darauf ist mir der Arm gewachsen.«
Fulkar wirkte seltsam irritiert. Es dauerte lange, bis er den Mund aufbrachte und sagte: »Das war anders gelagert. Es handelte sich bei diesem Vorgang weniger um eine medizinische Angelegenheit als um eine psychosomatische Rehabilitation.«
»Das heißt?«
»Die injizierten Wirkstoffe waren bloß gewebeanregend. Den Rest hast du selbst erledigt.« Er fletschte die Zähne. Womöglich wollte Fulkar ein Lächeln andeuten, doch es misslang schrecklich. »Du hast instinktiv das Richtige getan, um eine Selbstheilung herbeizuführen.«
»Unsinn! Wie hätte ich das machen können?«
»Es war dein ganz besonderes Gespür. Du hast die Kraft, die in dir wohnt, bis zur Neige ausgeschöpft. Mehr geht nicht meiner Meinung nach.«
»Und die Frau mit dem Armstumpf ...?«
»Finde dich damit ab, dass es Grenzen gibt. Sie wird die bestmögliche Betreuung erhalten. Man wird ihr ein künstliches Element anbringen, mit dessen Hilfe sie kaum körperliche Einschränkungen haben wird.«
»Ein mechanisches Ding. Ein Etwas, das nichts mit ihr selbst zu tun hat.«
»Sie wird den Arm durch Gedankenkraft steuern können. Mehr kann und darf sie nicht erwarten.« Fulkar deutete auf das Zählwerk des Aufzugs. »Wenn du mich nun entschuldigst! Erhol dich. Sammle deine Gedanken. Komm zurück, wenn du mit dir selbst im Reinen bist. Und akzeptier deine Unzulänglichkeiten.« Fulkar trat in den Aufzug. Er ließ Sue und Quiniu zurück. Seine ganze Aufmerksamkeit galt bereits wieder seinem Pod.
»Das soll ich akzeptieren?«, murmelte Sue. Sie ballte die Hände zu Fäusten. »Niemals!«
7.
Ein neuer Feind
Kakuta teleportierte aus dem Flugzeug, sobald es am Space Airport Terrania gelandet war. Der künftige Raumhafen diente derzeit noch als Landefläche für Linienflugzeuge.
Tako lächelte. Er war jeweils teleportiert, um an Bord der nur mäßig ausgelasteten Flugzeuge zu kommen, und auf demselben Weg hatte er sie wieder verlassen. Niemand sollte wissen, dass er hierher zurückgekehrt war.
Während der letzten zwölf Stunden hatte er einige Sprünge setzen müssen, spürte aber keinerlei Anzeichen einer Ermüdung. Gut so. Das Training und die konzentrierten Ruhephasen zwischen den Teleportationen taten ihm gut. Auch die etwa fünfzehn Kilometer bis
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