PR NEO 0042 – Welt aus Seide
nicht den Überbringer der Botschaft.«
Der greise Erzfürst wippte schwach mit den Gliedmaßen.
»Von was für einer Botschaft reden Sie?«, fragte Ril-Omh-Er.
»Gestatten Sie?« Crest trat ruhig an Je-Ron-Tia heran und nahm von ihm einen kleinen, zylindrischen Gegenstand entgegen. Unmittelbar darauf erwachte eine holografische Projektion zum Leben. Die Wachen gerieten in helle Aufregung, doch Ril-Omh-Er rief sie zur Ordnung. Dann hielt Crest den Zylinder in ihre Richtung, damit sie die Projektion besser sehen konnten – doch das wäre kaum nötig gewesen.
Rhodan stand wie vom Donner gerührt.
Vor ihm, unwirklich und weiß wie ein Gespenst in der seidenen Höhle des Palasts, schwebte Thora, und ihr Gesicht war von Entsetzen gezeichnet.
»Wer immer meine Worte hören mag – helfen Sie uns! Wir können nicht mehr lange durchhalten. Diese verfluchten Puppen sind in der Übermacht. Orlgans ist tot. Er hat sich für uns geopfert. Gucky ist am Ende seiner Kräfte. Ihrem nächsten Ansturm haben wir nichts entgegenzusetzen. Callibso ...«
Die Erinnerung brach über Rhodan herein: Die weiße Hölle von Snowman ... Orlgans, der mit seiner »Prinzessin« Thora Scherze trieb. Jener flüchtige Moment auf dem improvisierten Unterseeboot der verbannten Mehandor, als Thora und er einander so nahegekommen waren wie nie zuvor ... Gucky, Tifflor, Orsons und die Verbannten, die mit ihr zusammen das Raumschiff Ernst Ellerts betreten hatten und zu einem unbekannten Ort aufgebrochen waren.
»Wer immer meine Worte hören mag ...«
Crest unterbrach die Projektion und schaute Rhodan an.
Und nicht nur er. Auf einmal wurde er sich auch Belinkhars Blick sehr bewusst. Die Mehandor machte sich sicher Vorwürfe für das, was mit Thora geschehen war, denn sie hatte ihr als Matriarchin KE-MATLONS nicht helfen können; und sie wusste, dass Thora ihm sehr viel bedeutete.
Er war sich bloß nicht sicher, ob sie wusste, wie viel.
Auf einmal fiel ihm das Versprechen wieder ein, das er Belinkhar gegeben hatte: dass er sie niemals ohne guten Grund belügen würde. Hatte er sie über seine wahren Gefühle belogen? Er war sich ja selbst lange nicht darüber im Klaren gewesen.
Crest nickte wissend. Wenn irgendjemand ahnte, was Rhodan für Thora empfand, dann er.
»Sie kennen diese Arkonidin«, stellte Ril-Omh-Er fest.
»Allerdings. Ich begreife nur nicht ...«, sagte Rhodan.
Der Netzfürst streckte seinen Greifarm aus, und Crest reichte ihm widerwillig den Zylinder. Nachdenklich drehte und wendete der Trebolaner das Artefakt.
»Je-Ron-Tia, das wäre eine gute Gelegenheit, deine ... außerordentliche Entdeckung zu erklären.«
Der Angesprochene erhob sich und murmelte hastig einige Worte des Danks und der Entschuldigung in seiner Heimatsprache, die von den Translatoren nach wie vor nur bruchstückhaft übersetzt wurde. Der Netzfürst aber winkte ungeduldig ab, und Je-Ron-Tia wechselte wieder ins Arkonidische.
»Es handelt sich um das Artefakt, über das wir geredet haben ...«
»Diese Artefakte sind die Hinterlassenschaften unbekannter Sternenfahrer auf dem ersten Planeten«, warf Crest für Rhodan und die anderen ein. »Sie erinnern sich, wie wir darüber sprachen? Je-Ron-Tia ist Ursprungsforscher ... eine Art Derengar. Er und der Netzfürst kennen sich von früher. Ril-Omh-Er verdanke ich es, dass er seinen alten Schüler zur Vernunft gebracht hat.«
Die Aufmerksamkeit des Netzfürsten war nach wie vor auf Je-Ron-Tia gerichtet. »Es ist dir also gelungen, dieses Artefakt zu reparieren?«, fragte er.
Je-Ron-Tia wiegte den Kopf. »Es gelang mir, es zu aktivieren ... Mithilfe eines arkonidischen Wissenschaftlers, wie ich bereits berichtet habe. Vermutlich empfing es zu dieser Gelegenheit die Nachricht und zeichnete sie auf ...«
Wieder breitete sich Aufregung unter den Wachen aus, und da befahl Ril-Omh-Er ihnen kurzerhand, sie allein zu lassen. Sie kamen dem Befehl nach, wenn auch widerwillig. Kurz darauf waren Ril-Omh-Er, Vidaarm und Je-Ron-Tia die einzigen Trebolaner im Thronsaal.
»Ich hatte keine Ahnung von der Funktion des Artefakts«, berichtete Je-Ron-Tia leise. »Bis ich diesen anderen Arkoniden hier traf – Crest.«
»Leider ›trafen‹ Sie mich damit in mehrerlei Hinsicht«, rügte ihn der Arkonide und rieb sich den Kopf. »Die Aufzeichnung aktivierte sich, als er im Panoptikum auf mich zutrat«, fuhr er an Rhodan gewandt fort. »Wie Sie sich denken können, verschaffte ihm das eine gute Ablenkung.«
»Wenn das ein Zufall
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