PR NEO 0045 – Mutanten in Not
Vision?«
»Weiß nicht. Kann sein, kann nicht sein. In ihren Gedanken war nichts zu finden, was den vorliegenden Berichten entsprach. Nur diese unendliche Trauer über einen unwiederbringlichen Verlust. Jedoch musste ich an Quiniu Sopor denken und daran, was sie immer wieder mit ihren Bauklötzen darzustellen versucht. Ich habe dir davon erzählt.«
»Du sagtest, du hättest dabei panische Angst empfunden. Vor etwas, das außer Kontrolle geriet.«
»Quiniu ist unansprechbar, weggetreten, entrückt. Man kann mit ihr nicht kommunizieren. Aber einmal, ein einziges Mal sagte sie zu mir, klar und deutlich: ›Halt es auf, John!‹«
»Halt es auf.«
»Ja.«
»Was meint sie damit? Was kommt auf uns zu?«
In seiner Hosentasche summte Haggards Pod.
Sue Mirafiore bat ihn, sich so schnell wie möglich in Sid González' Krankenzimmer einzufinden. Er informierte John Marshall, der ja mehr oder minder Sids Ziehvater war. Seite an Seite sprangen sie in den Antigrav und liefen danach durch die Gänge des speziellen Stockwerks.
»Hallo«, sagte Sid, sobald sie hereingestürmt waren und sich über sein Bett beugten. Erholt sah er nicht aus. Seine Wangen waren eingefallen, die milchkaffeebraune Gesichtshaut gespenstisch hell. »Ich kann nicht mehr teleportieren.«
»Quatsch!«, widersprach Marshall reflexhaft. »Du bist der beste Teleporter, den es gibt!«
»Und wie erklärst du dir dann, dass es nicht mehr funktioniert?« Auf der Stirn des jungen Latinos bildete sich eine tiefe, senkrechte Falte. Wie sehr er sich anstrengte, spürte Haggard fast körperlich. »Falls ihr es nicht merkt – ich versuche es gerade wieder. Seht ihr? Kein einziger Funke erscheint. Aus, vorbei. Ich kann es nicht mehr.«
Haggard griff ein. »Das bedeutet gar nichts. Du warst total entkräftet, das ist alles. Du brauchst Zeit, um dich zu regenerieren. In spätestens einer Woche bist du wie neu ...« Seine Stimme versiegte. Nicht nur er kaufte sich den eigenen Zwangsoptimismus nicht ab.
»Ich hatte schon früher Aussetzer«, sagte Sid. »Aber noch nie so massiv.« Er stieß ein bitteres Lachen aus. »Verrückt, nicht wahr? Lange Zeit habe ich meine Gabe verflucht und wollte sie loswerden. Und ausgerechnet jetzt, da ich mich mit ihr abgefunden hätte, lässt sie mich im Stich.«
Sue, die Hand auf seiner Brust, versuchte ihn zu beruhigen. »Es ist überhaupt nicht gesagt, dass du sie dauerhaft verloren hast. Das wird schon wieder. Nicht wahr, Frank?«
»Deinen ersten Satz kann ich unterschreiben. Wir haben nicht die geringsten Anzeichen dafür, dass Sid kein Teleporter mehr wäre. Aus diagnostischer Sicht hat er sich, soweit unsere Analysen reichen, nicht verändert. Allerdings fehlt, ehrlich gesagt, auch jedes Indiz dafür, ob oder wann das Psi-Talent zurückkehrt. Uns fehlen ganz einfach die Vergleichswerte. Wie ihr wisst, bewegen wir uns auf wissenschaftlichem Neuland.« Der optimistischen Note wegen fügte Haggard hinzu: »Jedenfalls ist das letzte Wort in dieser Sache ganz sicher noch nicht gesprochen.«
Sid González schloss die Augen. Seine Mundwinkel zuckten. Tapfer kämpfte er gegen den Weinkrampf an, wenngleich vergeblich.
Wenigstens an der Rugby-Front waren Fortschritte zu verzeichnen. Die Spieler der Weltauswahl trafen einer nach dem anderen in Terrania ein und bezogen ihre Quartiere unweit des Stardust Towers. Bei den Nominierungen hatte sich, nach durchaus hitzigen Diskussionen, letztlich Coach McGrady durchgesetzt. Nicht viele Fans würden in allen Punkten mit seiner Selektion einverstanden sein.
»Letztlich kannst du es ohnedies keinem recht machen«, hatte der Schotte trocken gemeint. »Sollen sie sich die Mäuler zerreißen. Mir doch egal. Ich habe nichts mehr zu verlieren außer dieses eine Match. Aber damit unsere Chance lebt, brauchen wir größtmögliche Flexibilität in allen Situationen. Erst im Ernstfall werden wir sehen, was unsere Gegner wirklich draufhaben. Beim Training decken sie sicher nicht alle Karten auf, die sind ja auch nicht blöd.«
Frank Haggard hatte seinem Herausforderer Khrundool das Rugby-Union-Regelwerk zukommen lassen und angeboten, den Naats fairerweise einen erfahrenen menschlichen Betreuer zur Seite zu stellen. Khrundool hatte höflich abgelehnt: In der Hitze des Gefechts würden sich seine Leute wohl kaum den taktischen Anweisungen eines Nicht-Naats fügen. Hingegen wäre er durchaus dankbar, wenn man ihnen für die Dauer der Vorbereitungszeit einen oder zwei professionelle
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