PR NEO 0045 – Mutanten in Not
hinterherstarrte und sich beim Anblick ihrer wohlgeformten Rundungen über die Lippen leckte.
Er war nicht der Einzige. Praktisch jedes männliche, halbwegs erwachsene Wesen im Umkreis einiger Meter hatte den Teenager im Visier. Manchen stand der Mund offen, einige sabberten sogar. Dann aber verzogen sich die Gesichter zu angewiderten Grimassen. Auch Rhino drehte hastig den Kopf zurück, als ihn der scharfe Geruch von Ammoniak in die Nase stach.
»Waren Sie das?«, flüsterte er, nachdem Ariane zurückgekehrt war.
»Was?«
»Haben Sie die Gerüche freigesetzt?«
»Am WC? Natürlich. Ich scheide genauso wenig Gewürznelken aus wie Sie.«
»Nein, davor. Auf dem Weg zur Kabine.«
»Nicht, dass ich wüsste. Worauf wollen Sie hinaus, Smutje?«
»Lassen Sie, vergessen Sie's. Es ist ja nichts passiert.«
Wenn es einen Ort gab, an dem die Früchte des Technologieaustausches mit den neu gewonnenen Verbündeten der Menschheit noch stärker das Straßenbild prägten als in Terrania oder Baikonur, dann war das Las Vegas.
Viele zukünftige Attraktionen entlang des »Strip« befanden sich noch im Bau, darunter der gewaltige »Rote Palast des Thort«, dem der chinesisch inspirierte »Imperial Palace« hatte weichen müssen. Hingegen waren die ersten Hochbahnen, bei denen Antigravtechnik zum Einsatz kam, bereits in Betrieb; Rhino wurde nur vom Hinschauen übel. Aus dem Blinzeln kam er gar nicht mehr heraus. Die wahnwitzige Fülle von holografischen und anderen Lichteffekten stellte selbst bei Sonnenschein buchstäblich alles in den Schatten, was er auf diesem Gebiet je gesehen hatte. Hinzu kamen Roboter in allen erdenklichen Formen und Größen, sei es als bewegliche Reklameskulpturen, als zum architektonischen Thema des jeweiligen Kasinohotels passende Transportmittel oder als Hostessen, Reiseleiter und sonstige Babysitter. Der allgegenwärtige, kakofonische Lärm trug sein Übriges dazu bei, dass Rhino sich in die vergleichsweise gediegene Ruhe seines Restaurants zurücksehnte.
Die berühmten Wasserspiele vor dem Bellagio Hotel hatten ebenfalls eine Aufwertung erfahren. Aus dem See entsprangen nach wie vor riesige Fontänen. Allerdings erreichten sie nun die doppelte Höhe des Hauptgebäudes und schienen außer der Schwerkraft noch einigen anderen Naturgesetzen zu spotten. Aus langsam kreisenden Spiralgalaxien rasten Raumschiffe auf den Betrachter zu, rissen im letzten Moment hoch und schossen in den Himmel hinauf, wo sie verglühten; funkelnde Sternennebel gebaren flammende Sonnen, deren Hitze Rhino auf den Wangen zu spüren meinte.
Das kosmische Thema setzte sich in der Eingangshalle fort, deren üppige Dekoration die Veranstalter jeglicher Science-Fiction- oder Comic-Convention vor Neid hätte erblassen lassen. Was Literatur und Kino jemals an bizarren Außerirdischen und übermenschlichen Superhelden herbeiphantasiert hatten, hier war es vertreten. Vegas war nie dafür bekannt gewesen, vor Kitsch zurückzuscheuen; wer immer die Halle des Bellagio gestaltet hatte, durfte getrost für sich in Anspruch nehmen, auch auf diesem Gebiet neue Maßstäbe gesetzt zu haben.
»Uff!« Mehr brachte Rhino nicht heraus.
»Ultrageil«, hauchte Ariane.
Die Rezeptionistin war der weiblichen Hauptfigur aus Luc Bessons »Fünftem Element« wie aus dem Gesicht geschnitten. Tatsächlich stand auf dem Schild am Brustteil ihrer Jacke Leeloo Minai Lekatariba-Lamina-Tchai Ekbat De Sebat . Spätestens bei diesem Anblick verflüchtigten sich Rhinos Skrupel, unter falschem Namen einzuchecken.
»Alexej Karamasow«, stellte er sich vor. »Das ist meine Tochter Mercedes.«
Obwohl die Rezeptionistin mit keiner Wimper zuckte, glaubte er ihre Gedanken lesen zu können: Klar, und ich bin Milla Jovovich. Laut flötete sie: »Herzlich willkommen im Bellagio Hotel! Sie haben reserviert?«
»Meine Agentur sollte alles in die Wege geleitet haben.«
»Einen Augenblick ... Ja, da haben wir Sie schon, Mister Karamasow. Zwei Komfortzimmer mit Verbindungstür.« Wieder beherrschte sie sich mustergültig, obwohl ein komplizenhaftes Zwinkern verzeihlich gewesen wäre. »Im zwölften Stock, mit Blick auf den See. Darf ich um ein ID-Signal bitten?«
Rhino tippte mit einem Fingernagel auf die protzige goldene Breitling, die er am linken Handgelenk trug, und löste so die Funkübertragung aus. Die Uhr war ihm von Allen D. Mercant zur Verfügung gestellt worden wie die gesamte Tarnidentität. Er hatte gegen den falschen Namen protestiert. Alexej
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