PR NEO 0045 – Mutanten in Not
halten, und meiden dich deshalb erst recht. Wie einsam muss sich ein Heranwachsender in dieser Lage fühlen?
Kaum etwas war schlimmer für einen Menschen, als wie Luft behandelt zu werden und sich nicht bemerkbar machen, geschweige denn mitteilen zu können. Lekoche Kuntata hatte diesen Horror erlebt. In abgemilderter Weise lebte er ihn immer noch, trotz der guten Betreuung im Lakeside Institute.
Haggard legte ihm die Hand, an der Erde und Grashalme klebten, auf den Oberarm. »Vertrau John Marshall, mein Junge! Er weiß aus eigener Erfahrung, dass man mühevoll lernen muss, eine Psi-Gabe zu beherrschen. Das gelingt einem nicht von heute auf morgen. Hab Geduld, auch wenn's in deinem Alter schwerfällt!«
Caroline nieste.
»Gesundheit!«, sagte Lekoche.
Spieler und Anhänger beider Teams drängten sich um Frank Haggard. Einhellig gratulierten sie ihm zum Sieg und zu seinen persönlich erzielten Punkten.
Der Arzt gab sich bescheiden. Er sei zwar der Älteste auf dem Platz gewesen, aber eben auch der Erfahrenste und beim Rugby gäben keineswegs nur Kraft und Schnelligkeit, sondern in hohem Maße auch Übersicht und Ballbehandlung den Ausschlag. Viele Mitwirkende verfügten nicht annähernd über seine Spielpraxis; die beteiligten Ferronen waren in diesem irdischen Sport überhaupt blutige Anfänger; einige nun im wahrsten Wortsinn ...
Caroline wollte sich gerade verabschieden, da teilte sich die Schar der Gratulanten. Sie schufen Raum für zwei wahre Kolosse, gut drei Meter hoch, mit fülliger Statur, stämmigen Säulenbeinen, langen Armen und schwarzer, lederartiger Haut. Im massiven, völlig haarlosen Kugelschädel saßen drei große Augen und ein ovaler, dünnlippiger Mund, der bei einem der beiden Riesen senkrecht, beim anderen diagonal stand. Die Naats – denn um solche handelte es sich – trugen leichte, kurzärmelige Hemden und Hosen in schlammigen Grün- und Brauntönen.
Synchron verneigten sie sich.
»Doktor Haggard?«, fragte der eine, vielleicht um ein weniges größere.
»Der bin ich.«
»Ich grüße Sie. Mein Name lautet Khrundool, meine Funktion entspricht jener eines Stellvertretenden Schiffskommandanten und Verbindungsoffiziers.« Sein Englisch klang ein wenig guttural, war jedoch ausgezeichnet verständlich. »Das ist Tevaan, mein Adjutant. Wir haben zufällig Ihrem Spiel beigewohnt.«
»Herzlich willkommen! Hat es Ihnen gefallen?«
»Sehr sogar. Es besaß großen Unterhaltungswert. Mein Volk kennt nichts Vergleichbares. Wir haben kaum Ballsportarten und diese ausschließlich als Wurfduell Mann gegen Mann. Ich bin äußerst beeindruckt von Ihrer Darbietung. Diese Kombination aus individuellen Fähigkeiten und ausgeklügelter Kleingruppentaktik, aus Eigeninitiative und Teamgeist, Härte und Fairness ...«
»Freund von den fernen Sternen«, rief Haggard enthusiastisch, »Sie haben das herrliche Rugby-Spiel auf Anhieb besser kapiert als der ignorante Großteil der Erdbevölkerung! Ich kann Ihnen gar nicht sagen, wie mich das freut. Hätten Sie nicht Lust, es selbst zu probieren?«
»Genau deswegen habe ich Sie angesprochen. Was halten Sie von einem freundschaftlichen Kräftemessen in dieser Sportart?«
»Wie? Ein Match Naats gegen Menschen?« Haggard war athletisch gebaut und keineswegs kleinwüchsig. Dennoch musste er den Kopf in den Nacken legen, um dem Furcht einflößenden Koloss in die drei Augen sehen zu können. »Äh ... grundsätzlich klingt das verlockend, aber ...«
»Uns ist vollkommen klar, dass wir Ihnen vom Spielverständnis her keineswegs ebenbürtig sind. Dieses Manko hoffen wir jedoch durch unsere Grundkonstitution ausgleichen zu können, sodass sich trotzdem ein interessanter Wettstreit ergeben könnte. Allerdings müssten Sie uns das Regelwerk zukommen lassen. Und etwa zehn bis zwanzig Tage zum Trainieren sollten Sie uns schon auch einräumen.«
»Ja. Klar. Kein Problem.« Caroline sah Haggard an, wie seine Gedanken rasten. Er war reichlich perplex. Aus Vernunftgründen hätte er rundweg ablehnen müssen. Andererseits gab ein stolzer Aussie nicht so mir nichts, dir nichts klein bei ... »Tolle Idee. Das machen wir. Ich setze mich demnächst wegen der Details mit Ihnen in Verbindung. Wie kann ich Sie erreichen?«
Der Adjutant beugte sich herab und übergab ihm eine Visitenkarte, wie sie schon lange aus der Mode gekommen waren. Die Naats hatten sich über menschliche Etikette wohl in einem nicht mehr ganz taufrischen Benimmratgeber schlau gemacht. »Hierauf sind
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