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PR NEO 0057 – Epetrans Geheimnis

PR NEO 0057 – Epetrans Geheimnis

Titel: PR NEO 0057 – Epetrans Geheimnis Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Christian Montillon
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zurück. Dies war ein perfekter Ort, um ungestört ihre Gabe einzusetzen, damit sie sich umsehen konnte. Sie vermochte in ihrem Geist weit entfernte Gegenstände zu sehen und als Abbild zwischen ihren Händen zu visualisieren, sodass auch andere sie erkannten.
    Nur brauchte sie zur gezielten Erkundung eine optische Beschreibung. In der TIA'IR hatten wir ein nicht sonderlich aktuelles Holo von Onat da Heskmar gesehen. Ihn auf diese Weise zu finden, wäre allerdings ein allzu großer Zufall gewesen, weil er sich zum einen wahrscheinlich nicht mehr in der Nähe aufhielt, zum anderen inzwischen merklich älter aussehen würde als damals. Darüber hinaus musste das Leben in der Wüste ihn auch äußerlich geprägt haben.
    Dennoch war es einen Versuch wert. Ishy wollte außerdem ins Blinde hineintasten und ungezielt suchen, ob sie auf Interessantes stieß. Vielleicht fand sie etwas, das uns half, uns in dieser fremden Welt zurechtzufinden. Denn Iprasa war auch für mich fremd, egal wie sehr ich das Arkon-System als meine Heimat ansah.
    Es war dunkel geworden, und mit der Nacht kam die eisige Kälte, von der in der Höhle kaum etwas zu spüren gewesen war.
    Iwan Goratschin und ich gingen zu dem größten Tsobaldyr-Baum der Oase, der seine Äste mit dem wenigen Laub stolz in den Himmel reckte. Ein Feuer flackerte davor. Rundum saßen einige Nomaden auf den Luftwurzeln des Baumes, die meisten auf die uns bereits bekannte Weise in die mehrfach geknoteten Gewänder gekleidet, die auch die Hinterköpfe schützten. Oradia befand sich nicht unter ihnen, was ich bedauerte. Ich hoffte, sie wiederzusehen.
    Die Nomaden boten uns einen Platz an, zeigten aber sonst kein gesteigertes Interesse an uns. Sie unterhielten sich weiter, als wären wir gar nicht vorhanden, was zugleich eindrucksvoll demonstrierte, dass sie sich von unserer Gegenwart nicht stören ließen.
    Ihr Arkonidisch klang rau und abgeschliffen, als hätte sich ihre Sprache im Laufe der Generationen an das Klima der Umgebung angepasst. Sie redeten über Themen allgemeiner Art, teils philosophisch angehaucht – über das Leben, über Freundschaft, über einen erst wenige Tage zurückliegenden Todesfall.
    Das war die Gelegenheit, mich einzumischen. »Gibt es in dieser Oase irgendwo Wein?«, fragte ich. »Etwa bei einem Händler, der hier ...«
    »Warum fragst du danach?«, unterbrach mich einer der Nomaden. Seine Nase stach steil aus dem verrunzelten Gesicht. Die flackernde Helligkeit des Feuers warf tiefe Schatten auf sein zerfurchtes Antlitz.
    »In meiner Heimat ist es Brauch, im Andenken an die frisch Verstorbenen Wein im Kreis derer zu trinken, die ihnen gedenken«, log ich. »Und ich als euer Gast würde sehr gerne den Wein dafür spendieren.«
    Es klappte hervorragend – ich hatte sämtliche Aufmerksamkeit auf mich gezogen. »Ich habe Wein«, sagte der Alte. »Aber wenn du uns einladen willst ...« Den Rest des Satzes ließ er offen. Es war eindeutig, was er mir mitteilen wollte.
    »Ich bin sicher, du wirst mir einen guten Preis anbieten«, gab ich mich überzeugt, was ganz und gar nicht der Wahrheit entsprach. Ich rechnete damit, dass er mich gewaltig übers Ohr hauen würde. »Das nötige Geld trage ich bei mir.« Danke, Ihin da Achran!, dachte ich.
    »Drei Dinge sind es, über die ich beim Wein nachdenke«, antwortete mir der Nomade, »und zwei sind es, die ich dir nenne. Zum einen stammt er aus einem erlesenen Jahr, zum anderen von den besten Trauben Arkons.«
    Das wagte ich zwar zu bezweifeln, aber mir war klar, worauf der Alte mit seiner blumigen Sprechweise hinauswollte. Der Wein würde teuer werden, und er überließ es mir, ein Angebot zu machen. Ich ging zu ihm und flüsterte ihm eine Summe ins Ohr. Zweifellos mehr als genug, aber dies war die falsche Zeit, um zu feilschen.
    Er winkte mir, ihm zu folgen, führte mich in der Dunkelheit zu einer der überspannten Höhlen, neben der ein plump aussehendes Reittier kauerte. Inzwischen hatten sich meine Augen so an die Dunkelheit gewöhnt, dass ich es im matten Sternenlicht erkennen konnte. Strähniges Fell bedeckte den Körper, der an den eines Kamels erinnerte.
    Oder eines Taraks, blitzte der Kommentar meines Gedankenbruders in mir auf.
    Der Alte kniete sich vor das Tier, blickte ihm in die großen dunklen Telleraugen und klatschte zweimal in die Hände. Es gab einen prustenden Laut von sich, stellte sich zuerst auf die Hinter-, danach auch auf die Vorderfüße. Unter dem Bauch des Tieres baumelten etliche

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