PR Odyssee 02 - Der geheime Krieg
die niiicht nur einen stinkenden Yuchten retten, sondern auch noch seine heimelichsten Gedanken zu lesen vermögen!«
Perry ging vor ihm in die Hocke. »Du brauchst keine Angst zu haben. Weder sind wir Nodronen, noch Telepathen. Wir können nur zwei und zwei zusammenzählen. Und wir haben etwas mit dir gemeinsam: Auch wir stehen dem NOTARIAT ein wenig ... reserviert gegenüber. Ich denke, du solltest uns mehr über dich erzählen, Sneber Grax. Vielleicht können wir uns gegenseitig helfen.«
Ich, Sneber Grax, aus: »WWWwW - Wer ist Wer im Werftwerk Wrischaila«, herausgegeben von Sneber Grax Obgleich meine Bescheidenheit an Selbstverleugnung grenzt, kann ich um der historischen Wahrheit willen nicht umhin zu berichten, dass ich schon vor meiner Geburt ein Wunderkind war. Meine Mutter hatte nämlich das Gelübde der Keuschheit abgelegt und war daher nicht verheiratet. Zahlreiche hoch angesehene Bürger unserer Siedlung besuchten in regelmäßigen Abständen jenes mit dem Bild der aufgehenden Sonne verzierte Haus, das sie bewohnte, um sich von ihrer Sittenstrenge und Standfestigkeit zu überzeugen - manchmal mehrere an ein und demselben Tag! Und dennoch wurde sie trächtig und gebar ein Gelege von vierundvierzig Eiern.
Selbige stellte unsere liebe Mutter, der gewiss das Herz dabei brach, umgehend der Wissenschaft zur Verfügung, damit das Wunder untersucht werden konnte. So waren die ersten Worte, welche ich in meinem jungen Leben vernahm: »Einer bewegt sich immer noch. Ach was, ich schmeiß ihn trotzdem in den Kübel.«
Mit Fug und Recht kann ich behaupten, dass ich das Andenken an meine dreiundvierzig Geschwister bewahrt, ja buchstäblich verinnerlicht habe. Sonst hätte ich den langen Weg durch die Kanalisation wohl kaum überstanden.
Über meine Lehrjahre im Delta möchte ich nur sagen, dass sie Herrenjahre waren. Ich hatte sehr viele Herren, und alle überschütteten mich mit Zuneigung. Noch und nöcher priesen sie meine Anpassungsfähigkeit. Kann man einem Yuchten ein höheres Lob aussprechen? Meine Kunst war sehr gefragt.
Immer wieder wurde ich aufgefordert zu zeigen, wie schnell ich verschwinden konnte. Und ich bin mir sicher, keinen enttäuscht zu haben.
Nach Wrischaila gelangte ich als sehender Passagier; alle anderen nämlich waren mir gegenüber blind. Aber das kränkte mich nicht. Ich begann meine Tätigkeit als Linksberater, und schon bald verbreitete sich mein Ruhm über die dreiundzwanzig Monde. Mein Name ist in aller Munde. Der Ruf »Weiß jemand, wo Sneber Grax steckt?« ertönt in jeder Werkwerft; nicht selten werden in diesem Zusammenhang höhere Geldsummen offeriert. Ich bin, wie man so sagt, ein gefragter Mann. Wer mich nicht einen flüchtigen Bekannten nennt, bezeichnet mich als bekannten Flüchtigen. Derlei Prominenz ist nicht leicht zu verkraften, doch ich tue mein Bestes.
Danke, danke, danke, lieber Benutzer, dass auch du die bescheidene Einschreibegebühr überwiesen und dir das umfassende Standard-, Nachschlage- und Wegwerfwerk »WWWwW - Wer ist Wer im Werftwerk Wrischaila« heruntergeladen hast. Die übrigen 96 Milliarden 472 Millionen und zirka elf Rubriken werden in Kürze ebenfalls zur Verfügung stehen. Anregungen, Wünsche, Beschwerden und Zivilklagen kannst du wahlweise an das NOTARIAT oder ans Amt für Quarzbergbau auf WW20 schicken. Glück auf! Möge die Übung gelingen!
Dein sehr ergebener .
Kapitel 7
Wahrheit tut weh
»Linksbeistand?«, fragte Fran.
Sneber Grax hatte sie im Schutz der Deflektoren zu einer Infosäule geführt, deren Dienste man eigentlich nur mittels ID-Karte und Creditchip abrufen konnte. Aber der Yuchte hatte aus einer seiner Körperfalten eine Phiole geholt und einen dicken, rötlichen Tropfen in den Schlitz geleert, woraufhin sie Zugriff erhalten hatten.
Vermutlich eine Art Naniten-Cocktail, dachte Perry.
Es war das erste Mal, dass sie hier - jetzt - Spuren von Nanotechnologie begegneten. Irrwitzig winzige Maschinchen, für die ein Einzeller einen ganzen Planeten darstellte, hatten das Datenlesegerät getäuscht. Sneber hatte dabei allerdings nicht den Eindruck erweckt, als sei er sich über die technischen Vorgänge im Klaren. Er hatte wie ein Magier agiert, der stolz darauf war, den richtigen Zaubertrank eingepackt zu haben.
»Rechtsbeistände«, beantwortete der Yuchte Fran Imiths Frage geduldig, als spräche er zu einem sehr begriffsstutzigen Kind, »vertreten ihre Klienten in legaaalen Angelegenheiten. Linksbeistände hingegen .«
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