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PR Odyssee 06 - Die Lebensboten

PR Odyssee 06 - Die Lebensboten

Titel: PR Odyssee 06 - Die Lebensboten Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Uwe Anton
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Ausdruck«, meint Sandage, der als Erster damit begonnen hat, sie buchstäblich im kosmischen Maßstab zu nutzen. Denn diese Supernovae sind überdimensionale Wasserstoffbomben, die zünden, wenn die Masse eines Weißen Zwergsterns über einen kritischen Wert anwächst. Diese Chandrasehkar-Grenze beträgt das 1,4fache der Masse unserer Sonne.
    Weiße Zwerge sind enorm dichte, ausgebrannte Sternleichen mit wenigen zehntausend Kilometern Durchmesser. Kreisen sie mit einem anderen Stern um einen gemeinsamen Schwerpunkt, können sie diesem Materie entreißen und werden dadurch immer schwerer. Für ihre Gefräßigkeit zahlen sie jedoch einen hohen Preis: Überschreiten sie die Chandrasehkar-Grenze, kommen schlagartig noch einmal Kernverschmelzungsprozesse in Gang. Dann sprengt der Weiße Zwerg seine äußeren Schichten ins All und leuchtet zwei, drei Wochen lang so hell wie eine ganze Galaxie (typischerweise vier Milliarden Mal heller als die Sonne). Bei dieser Explosion werden fast alle individuellen Unterschiede der Sterne weggewischt, sodass die Supernovae extrem ähnlich werden. Sie kommen in allen Galaxientypen vor, etwa einmal pro Jahrhundert und Galaxie. Solche Ia-Supernovae sind zwar fünfmal seltener als die Explosionen noch viel schwererer Riesensterne (Supernovae vom Typ II), aber ihr Nachleuchten ist wesentlich stärker. Im fernen Kosmos sind daher nur Typ Ia-Supernovae zu sehen.
    Dieses Nachleuchten kommt von der abgesprengten Sternhülle, die die Supernovae mit
    10.000 bis 30.000 Kilometer pro Sekunde ins All geschleudert hat. Die meiste Energie stammt vom radioaktiven Zerfall des Nickel-56 (Halbwertszeit: 6 Tage) und seinem Zerfallsprodukt Kobalt-56, das ebenfalls radioaktiv ist und sich mit einer Halbwertszeit von 77 Tagen in das stabile Eisen-56 umwandelt. Der Helligkeitsverlauf dieses Nachglühens, die so genannte Lichtkurve, unterscheidet sich bei allen Supernovae Ia nur geringfügig. Sie steigt zunächst steil an, erreicht etwa 15 Tage nach der Explosion ein Intensitätsmaximum und fällt dann stetig, bis das Leuchten der Sterntrümmer nach einigen Monaten so schwach ist, dass es nicht mehr gemessen werden kann.
    Inzwischen haben die Astronomen gelernt, die Lichtkurven zu eichen, das heißt die individuellen Abweichungen zu korrigieren. Diese Abweichungen sind eine Folge der kleineren Unterschiede in der Leuchtkraft der Supernovae und der Menge absorbierenden Staubes zwischen dem Teleskop und den fernen Galaxien. Einige wenige >Ausreißer< lassen sich anhand ihrer Spektren und Farben ausschließen, sodass sie die Güte der Messungen nicht beeinträchtigen. Die geeichten Lichtkurven machen die Supernovae zu Standardkerzen genau bekannter absoluter, das heißt entfernungsunabhängiger Helligkeit. Abhängig von den Rotverschiebungen der Supernovae lassen sich damit die Distanzen der Sternexplosionen sehr zuverlässig ermitteln, mit einer Ungenauigkeit von unter zehn Prozent.

Die Supernova-Jäger
    »1988 begannen wir, systematisch nach solchen Supernovae zu suchen«, sagt Gerson Goldhaber vom kalifornischen Lawrence Berkeley National Laboratory (LBNL). Er ist Mitglied des Supernova Cosmology Project, das von Saul Perlmutter vom LBNL geleitet wird, neben Wissenschaftlern aus den USA sind auch welche aus England, Frankreich, Spanien, Schweden, Chile, Japan und Australien mit von der Partie. Goldhaber, der in Chemnitz aufwuchs und als neunjähriger aus Nazi-Deutschland in die USA fliehen musste, hatte lange Zeit als Teilchenphysiker gearbeitet. Er war unter anderem an der Entdeckung des Charm-Quarks beteiligt, einem der elementaren Bausteine der Materie. Von der Erforschung des Allerkleinsten hat er sich nun dem Allergrößten zugewandt, dem Universum. »So groß ist der Unterschied zwischen den Themen gar nicht«, schmunzelt er. »In beiden Fällen geht es darum, die relevanten Informationen aus großen Datenmengen herauszufiltern.«
    Ende 1994 hat das Supernova Cosmology Project Konkurrenz bekommen - eine freundschaftliche, wie Goldhaber meint: »Nachahmung ist das größte Kompliment.« High-Z Supernova Search nennt sich das andere Astronomenteam (High-Z bedeutet: starke Rotverschiebung = große Entfernung). Leiter der ebenfalls international besetzten Truppe, die Mitarbeiter aus Chile sowie von den Universitäten Washington, Harvard, Notre Dame und Berkeley, der Europäischen Südsternwarte und weiteren Institutionen hat, ist Brian Schmidt vom Australian National Observatory. »Nur im Tandem werden wir

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