PR Plophos 04 - Planet der letzten Hoffnung
das Mikrofon. »Haben Sie das Monstrum gesehen, Sir?«
»Allerdings«, sagte Tschato. »Gaylord ist überzeugt, daß die Dancers noch weiter wachsen. Die Nahrung, die sie in Form des Neo-Molkex zu sich nehmen, läßt die Anzahl und die Ausdehnung ihrer
Beine ständig größer werden.«
Picot fühlte ein Kratzen im Hals. Er räusperte sich. »Wäre es nicht besser, zur LION zurückzukehren, Sir?«
»Zweifellos, aber nur mit Vertrigg und seinen Begleitern.«
Wütend umklammerte Picot die Steuerung. Der Shift flog in eine fahlgelbe Senke hinein. Einen Augenblick verschwand das zweite Raupenfahrzeug aus ihrer Sicht. Picot wurde immer niedergedrückter. Er war nicht abergläubisch, doch jetzt glaubte er überall die Todesdrohung zu spüren.
Wenige Augenblicke später fanden sie Vertriggs Shift. Oder das, was von ihm übrig war.
Sekundenlang mußte Captain Vertrigg gegen die Panik ankämpfen, als Duprene feststellte, daß der Normalfunk ausgefallen war. Jeden Augenblick mußten die beiden anderen Shifts wieder sichtbar werden. Doch weitere Minuten verstrichen, ohne daß die Raupenfahrzeuge aus dem Dunst hervorkamen. Vertrigg überblickte die Kontrollen. Sollte ihn die Bö soweit vom Kurs abgebracht haben, daß er den Anschluß an Tschato und Picot verloren hatte?
Vertrigg hatte einen unangenehmen Geschmack im Mund. Ausgerechnet jetzt mußte die Funkverbindung aussetzen. Duprene machte sich am Funkgerät zu schaffen, aber es war fraglich, ob der Kybernetiker den Schaden beheben konnte. Mit dem Ausfall des Gerätes war ihre Lebensader abgeschnitten, wenn es ihnen nicht gelang, Sichtverbindung zur LION oder den anderen Shifts zu finden.
Vertrigg hatte ein Gefühl, als müsse er sich übergeben. Das Land unter ihnen sah an jeder Stelle gleich aus. Es war praktisch unmöglich, sich zu orientieren. Captain Vertrigg steuerte den Shift herum. Er mußte aufpassen, daß sie nicht weiter von der LION abkamen.
Plötzlich entstand eine ruckartige Bewegung unmittelbar vor der Kanzel. Vertrigg riß die Augen auf. Er hörte Duprene aufstöhnen. Jemand im hinteren Teil der Kanzel schrie entsetzt.
Der Shift flog genau auf einen riesenhaften Dancer zu, der vor ihnen aus dem Nebel kam. Wie gelähmt beobachtete Vertrigg das Ungeheuer. Der Dancer maß mindestens vierzig Meter. Er stand auf ungefähr hundert Beinen, von denen jedes dicker als ein Eichbaum war. Der schmale Pfahlkörper war kaum noch zu sehen. Das ganze Gebilde schien einem Alptraum zu entstammen.
Vertrigg kippte den Shift nach vorn. Der Druck, den seine Hände auf das Steuer ausübten, erschien ihm in diesem Moment wie die einzige Verbindung zur Realität.
Die Beine des Dancers zuckten wie die Glieder eines Riesenspielzeuges. Dann sackten sie in einem unmöglichen Winkel in sich zusammen. Der Shift schoß in einer weiten Schleife um das Geschöpf herum.
»Er springt!« rief ein Mann der Besatzung.
Vertriggs Augen quollen fast hervor. Der Dancer katapultierte sich förmlich vom Boden ab und raste in die tiefhängenden Wolken hinein. Die Welt schien sich um Vertrigg zu drehen. Planlos jagte er den Shift vorwärts.
Da kam der Dancer zurück. Seine Beine, jetzt mehr wie die Klauen einer Hand wirkend, stürzten auf den Shift herunter. In der Kanzel wurde es dunkel, dann erfolgte der Zusammenprall.
Vertrigg schrie auf. Der Pilotensitz riß aus seiner Verankerung und schleuderte den Captain gegen Duprene, der noch immer vor denn Funkgerät kauerte. Der Shift überschlug sich, sauste zwischen zwei Riesenbeinen des Dancers hindurch und trudelte der Oberfläche entgegen. Die Kanzel hatte standgehalten. Vertrigg hatte jeden Sinn für oben und unten verloren, er versuchte, die Steuerung kriechend zu erreichen, um das Unglück irgendwie aufzuhalten. Ein Mann prallte gegen ihn und warf ihn um. Er nahm Gesichter wahr, die wie Lichter vor ihm aufblitzten, mit starren Augen und geöffnetem Mund.
Der Tatsache, daß das Raupenfahrzeug beinahe tangential zur Oberfläche den Boden berührte, verdankten die Männer ihr Leben. Der Shift schnellte noch einmal in die Höhe, um dann endgültig liegenzubleiben. Eine Wolke von Ammoniakschnee hüllte ihn ein. Er lag schräg auf der Seite. Das hintere Teil war völlig eingedrückt. Der Raupenantrieb hatte sich zusammengeschoben.
Vertrigg kämpfte sich durch einen Wust von Männern, die fluchend und vor Schmerzen stöhnend auf die Beine zu kommen versuchten. Er sah Duprene vor sich. Der Kopf des Kybernetikers schwankte langsam hin und her.
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