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PR Posbi-Krieg 01 - Das gestrandete Imperium

PR Posbi-Krieg 01 - Das gestrandete Imperium

Titel: PR Posbi-Krieg 01 - Das gestrandete Imperium Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Michael Marcus Thurner
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blieben reserviert, akzeptierten aber seltsamerweise diese Freundschaft, die über alle damaligen Konventionen hinweg wuchs. Warum dies möglich war, ist mir bis heute unklar geblieben. Wahrscheinlich war Zhos Vater ein Typ wie meiner. Einer, der über den Tellerrand hinwegsehen konnte und auf üble Nachrede schlichtweg pfiff.
    Wir beide scherten uns ebenso wenig darum, was andere Leute über uns dachten. Wir standen abseits der meisten Jugendgangs, die die Hassparolen ihrer Vorväter übernahmen und einander eklige Streiche spielten. Wir taten niemandem etwas zuleide, und auch von uns wollte kaum jemand etwas wissen. Mein Ruf als »Mörder« brachte mir ausreichend Respekt ein. Selbst die wildesten Halbstarken zeigten Angst vor mir.
    Eines Tages änderte sich alles. Ein kleiner Junge folgte uns. Ein Dreikäsehoch mit dunklen Haaren, dunklem Teint und einer riesigen Zahnlücke, in die er einen angefaulten Strohhalm geklemmt hielt.
    »Will mitmachen!«, forderte er.
    »Bei was willst du mitmachen?« Zho Mayang zeigte gelindes Interesse an dem Knirps, während für mich ein Säugling, der gerade erst die Windeln abgelegt hatte, als Gesprächspartner unter jeglicher Würde war.
    »Bei dem, was ihr macht. Mitmachenl«, forderte der Winzling erneut.
    »Wie heißt du?«, fragte Zho.
    »Alberto. Ich mag euch.«
    »Lass uns gehen«, bat ich meinen asiatischen Freund. Der Kleine wurde mir allmählich unheimlich, so bestimmend und wichtig, wie er sich gab.
    »Ich geh mit!« Mit einem Stab aus fein geschältem Nasbattholz stampfte Alberto auf dem Boden auf.
    »Nie und nimmer! Wir nehmen keine hasenzahnigen Winzlinge bei uns auf.«
    »Aber doch! Ihr mögt mich, das weiß ich!«
    »Spinnst du? Komm, lass uns abhauen!« Ich packte Zho Mayang, zog ihn hinter mir her.
    »Nicht ohne mich!« Mit kurzen, trippelnden Schritten folgte uns das kleine Rabenaas, während wir Fersengeld gaben.
    Was wir auch taten - Alberto fand uns. Er bewies eine unglaublich feine Nase. Sobald er uns gesichtet hatte, zupfte er einen Strohhalm aus seiner Hosentasche, grinste frech und setzte sich in unserer Nähe nieder. Wir bemühten uns tunlichst, ihn zu ignorieren, und taten das, was Jugendliche in diesem Alter so im Kopf hatten. Alberto lauschte unseren Prahlereien, sah uns bei den ersten Rauchversuchen genau auf die Finger oder half mit, Knallzillfrösche einzufangen, die wir blöden Mädchen in die Blusen stopften.
    Nur selten bekam der Dreikäsehoch das Maul auf. In dieser Hinsicht ähnelten sich die Espinozas durch alle Generationen.
    Ja, er war der Großvater Jorges, der heute die Bibliothek leitet. Ich kann von mir behaupten, dass ich drei Generationen Espinozas in die Windeln kacken sah.
    Wo war ich stehen geblieben? Ach ja - beim Anfang unserer eigenen Bande. Denn irgendwann gewöhnten wir uns an die schweigende Gegenwart Alberto Espinozas; er blieb einfach da, gehörte zu uns. Punktum.
    Weitere Jungs schlossen sich uns an. Die Gruppe wuchs und wuchs, ohne dass wir allzu viel dazu tun mussten. Vielleicht betrachteten sie es als eine Art Mutprobe, mit mir, dem Mörder, in einer Partie durch die langsam wieder wachsende Stadt zu abenteuern. Und als sie bemerkten, dass ich ein stinknormaler Bursche wie sie selbst war und dieselben Probleme wälzte, blieben sie erst recht bei uns. Viele hatten die endlosen Streitereien ihrer Eltern satt. So stießen also Mio Li, Hagen Rastelli und die Doppler-Zwillinge dazu. Legendäre Namen, nicht wahr? Straßen und Gebäude Neo-Teras sind heute nach diesen Jungs benannt, voll Ehrfurcht spricht man noch immer von ihnen. Die Wohnviertel, in denen sie aufwuchsen, zeigen überdimensionale Plastiken von ihnen. Plaudernde Denkmäler erzählen von Heldentaten, die sie angeblich begangen haben. Das waren wirklich feine Kerle, glaub's mir. Sie würden sich allerdings im Grab umdrehen, wenn sie wüssten, welches Tamtam heutzutage um sie gemacht wird.
    Im Hochsommer wurde das erste Mädchen bei uns vorstellig. Dürr wie ein Ast war sie, und sommersprossig, dass man kaum noch Haut zwischen all den Pigmentflecken sah. Fettiges Haar klebte ihr am schmalen Gesicht, und sie blinzelte kurzsichtig.
    Ach du liebe Güte, gab das einen Aufstand! Durch die Bank hassten und verachteten wir sie. Keiner war bereit, sie in die Gang aufzunehmen, die sich mittlerweile großspurig »Alteras Söhne« nannte.
    Dass wir ihr ebenso durch die Bank einer nach dem anderen unsere Aufwartung machten, verstand sich von selbst. Trotz ihres ... hm ...

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