PR Posbi-Krieg 01 - Das gestrandete Imperium
wenigen uneinsichtigen Ecken des Platzes. Dann sah Laertes lediglich die dünnen, weißen Rauchfahnen hochstreben, bevor sie vom böigen Wind zerteilt und zerrissen wurden.
Laertes Michou hustete trocken.
Wie Teile eines riesigen, lebenden Metabolismus pumpte dieses Gebäude Alteraner durch seine Adern. Es bot ihnen Sicherheit vor den Unbilden des Lebens, erinnerte sie aber auch stets daran, welchem Ziel sie verpflichtet waren: Es galt, den Feind zu vernichten. Sich dem stetig wachsenden Druck, den die Posbis auf sie ausübten, zu entziehen und endlich, endlich eine geeignete Gegenstrategie zu entwickeln.
36 Jahre dauerte der Kampf bereits. Diese Zeit, diese Epoche, wurde von unfassbaren Opfern gekennzeichnet. Zwei Generationen junger Alteraner waren herangewachsen, ohne etwas anderes als den Krieg gegen die Maschinenteufel zu kennen.
Laertes Michous düstere Gedankengebilde wurden jäh zerteilt wie jener Zigarettenrauch, den er so oft aus dem Hof hatte hochziehen sehen. Eine Tür öffnete sich im gegenüberliegenden Flügel der Administration. Eine Lichtschneise, dünn und lang gezogen, legte sich über den Platz. Menschen folgten dem Licht, warfen scharf geschnittene Schatten, wurden im Halbdunkel zu kaum erkennbaren Schemen. Sie fanden sich zu kleinen Grüppchen, die winzige rote Punkte zum Erglühen brachten. In gedämpftem Ton plauderten sie miteinander.
Was wollten diese... Ameisen um diese Uhrzeit? Natürlich wurde vielerorts bis zur Erschöpfung gearbeitet, natürlich herrschte in den unterirdischen Etagen, in jenen der Think Tanks, auch jetzt hektische Betriebsamkeit. Aber doch nicht hier, an der Oberfläche, in seinem Bereich! Warum durchbrachen diese Alteraner die perfekte architektonische Klarheit, die dreikantige Struktur des Platzes? Nur in diesen viel zu kurzen Stunden zwischen Mitternacht und Morgendämmerung fand er Zeit, um nachzudenken und Strategien zu entwickeln. Er hasste es über alles, wenn seine Ordnung durchbrochen wurde.
Nach nur wenigen Minuten brüllte jemand mit energischer und schriller Stimme über den Platz. Folgsam wie Ameisen trippelten die Frauen und Männer zurück hinter das Lichtertor, aus dem sie gekrochen waren. Die Tür schloss sich hinter ihnen, erlösende Dunkelheit kehrte zurück.
Eine heftige Windbö fuhr durch die Altera-Fahne, ließ die elf weißen Sterne darauf mit ebenso vielen grünen Streifen um die Wette flattern.
Laertes Michou schloss befriedigt das Fenster. Der Platz gehörte wieder ihm. Die Ameisen hatten sich verzogen.
Das Kanton-System, von hier aus 616 Lichtjahre Richtung galaktischer Northside entfernt, würde das nächste Ziel der Posbis sein. Laertes Michou war bereit, jeden Betrag darauf zu wetten. Alle Anzeichen deuteten darauf hin, dass die Maschinenteufel größere Schiffskontingente für eine Schlacht zusammenzogen. An anderen Teilen der Front fanden nur noch unbedeutende Geplänkel statt, die auch den dümmsten Bauern nicht mehr täuschen konnten.
2,2 Milliarden Alteranern drohte auf Fort Kanton der Tod - und nicht nur das: Die Abbaulager unendlich wertvoller Hyperkristalle würden bei einer Niederlage ebenfalls dem Feind in die Hände fallen.
Laertes Michou zündete ein Krautröhrchen an und inhalierte tief. Der beißende Rauch zog die Atemröhre hinab und hinterließ im Hals den typischen Geschmack nach Rauchholz. Selbstverständlich hätte er sich auf dem freien Markt Packrollen von wesentlich besserer Qualität kaufen können. Aber in dieser Beziehung hatte er schon immer Konsequenz bewiesen: Er wollte Zeichen setzen. Auch die Obersten des Imperiums hatten es nicht besser als die geringsten Soldaten der heimatlichen Truppen.
Gedankenverloren verschob Laertes ein paar der symbolischen Truppeneinheiten im Holoraster, das die Frontlinien nachzeichnete. Das Kanton-System war rot markiert. Eine allzu kurze Linie zeigte direkt hierher, auf die Sonne Alter und den ersten von sieben Planeten.
Es gab nicht mehr viel zu manipulieren. So wenige Schiffe waren es nur noch, zu wenige...
Wenn wenigstens TIGER endlich einsatzbereit wäre! Jene Geheimwaffe, auf die er und die mit der Konstruktion beschäftigten Techniker die größten Hoffnungen legten. Aber noch musste er sich gedulden. Warten. Hoffen. Bangen. Denn das Zeitpolster bis zur nächsten Attacke der Maschinenteufel war, so spürte er, allmählich aufgebraucht.
»Staatsmarschall? «
»Hm?« Wenn Cuthy, seine Nachtsekretärin, um diese Uhrzeit zu ihm durchschaltete, brannte es irgendwo.
Weitere Kostenlose Bücher