PR Rotes Imperium 01 - Die fossile Stadt
wurden von kleinen Gebäuden abgelöst, die eher schäbig wirkten; Rhodan erinnerten sie an Hütten, wie man sie im zwanzigsten Jahrhundert alter Zeit noch gekannt hatte. Manche von ihnen, meist zweistöckig und nüchtern gehalten, trugen den leuchtenden Schriftzug »Kiosk«. Sie schienen sehr beliebt zu sein; es herrschte ein stetiges Kommen und Gehen.
Menschen hasteten an ihnen vorbei, auf dem Weg von und zur Arbeit. Manche von ihnen wirkten… anders. Sie trugen flaumigen Pelzbewuchs oder hatten gelbe, knapp beieinander stehende Augen. Überbreite Hüften und Stummelbeine. Ledrig wirkende Kopfhaut. Krallenähnliche Finger. Gebisse, so breit und so hoch, dass die Unterkiefer fast gegen die Brust drückten. Strähniges, schwarzes Haar, mehrere Millimeter stark.
»Wie sind diese genetischen Änderungen passiert?«, fragte er Farashuu.
»Keine Ahnung«, sagte die Kindersoldatin achselzuckend. »Sie reichen angeblich ziemlich weit zurück. Hast du schon die vielen Zwillinge, Drillinge und sonstigen Mehrlinge bemerkt? Ja? Diese Erbanlagen werden ebenfalls seit vielen Generationen weitergegeben. Mehr weiß ich leider nicht. Bist du mir nicht böse?«
»Natürlich nicht.« Rhodan schluckte seinen Ärger herunter. Es fiel ihm schwer, richtig mit Farashuu umzugehen. Sie war eine Halbwüchsige, die kaum etwas anderes als den Kampf und das Leben in ihrem Raumschiff kannte. Er durfte nicht erwarten, dass sie an gesellschaftspolitischen Entwicklungen ein besonderes Interesse zeigte.
Das Mädchen zeigte sich in höchstem Maß instabil. Sie kippte, manchmal mitten im Satz, von altklugem Verhalten zurück in kindliche Lesarten und infantile Ansichten. Vielleicht war es diese absolute Unberechenbarkeit, die von der Imperiumsregierung an den Kindersoldaten so sehr geschätzt wurde.
Farashuu, eben noch niedergeschlagen, entspannte sich. Sie plapperte weiter und erzählte, was ihr zu den Menschen und Gebäuden ringsum in den Sinn kam. Rhodan hörte nur mit halbem Ohr zu. Er musste nachdenken.
Während der Nacht hatte er sich bemüht, den Holo-Speichern der offiziellen Nachrichtendienste weitere Informationen über die Geschichte des Roten Imperiums zu entlocken. Wo auch immer er sich hingewandt hatte, war er gescheitert. Es existierten auffällig wenige Daten, und an Details hatte er dank seines gründlich geschulten Verstandes erkannt, dass viele Meldungen zensiert worden waren. Er musste sich mit jemandem austauschen, der sich ein kritisches Augenmaß bewahrt hatte. Mit jemandem, der das hiesige System hinterfragte.
Vielleicht mit einem Leydener, der Flüstergeister hinter ihm hergeschickt hatte?
Irfan stand im Zenit, Siamed-Rot beherrschte die Stadt. Breite Flächen der Ulym-Flechte durchzogen die Gehwege. Die Menschen wichen den Besuchern von der Erde und ihrer kindlichen Begleiterin wie selbstverständlich aus.
Die Mittagsstunden brachen an, die Straßen belebten sich zusehends. Viele Menschen huschten aus ihren Wohn- und Arbeitsburgen und begaben sich in Schnellimbisse, die hauptsächlich vegetarische Nahrung anpriesen – oder sie stellten sich vor säulenförmigen Bauten an. Sie sprachen dort mit einem unsichtbaren Partner und nahmen nach wenigen Sekunden ein Paket in Empfang. Groß oder klein, dick oder dünn – keines ähnelte dem anderen. Dann gingen sie davon, in einen der vielen Parks oder zurück an ihre Arbeitsstätten.
»Was ist das?«, fragte Rhodan und deutete auf eine der mannsgroßen Säulen.
»Anbieter«, antwortete die Kindersoldatin. »Sag bloß, du kennst so etwas nicht?«
»Nein.«
»Ich will mir gar nicht vorstellen, wie ihr lebt! Wo bekommt ihr euer Essen her? Oder die Kleidung? Zeitschriften, Bücher, Spielsachen und alles andere?«
Sie zog ihn mit sich, schob sich an der Reihe der Wartenden vorbei und trat völlig ungeniert neben den Vordersten in der Reihe, eine dicke Frau mit einem faltigen Kropf, der sich bis zu ihrer Brust hinab zog. Sie wirkte peinlich berührt, wagte aber nichts zu sagen. Farashuus Erscheinen erzeugte Angst und Schrecken, wo auch immer sich die Präfidatin blicken ließ.
»Das fette Weib bestellt sich was zum Essen und zum Trinken«, sagte die Kindersoldatin, so laut und ungeniert, als wäre die Frau nicht mehr als ein Versuchstierchen. »Sieh zu!«
Das winzige Holo-Porträt einer attraktiven Mittvierzigerin erschien aus dem Nichts vor der Kundin. Sie sagte etwas mit leiser Stimme, beantwortete eine Frage und rieb mit einem Finger über eine Art Löschblatt.
»Das
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